Osteonekrose
Synonyme: Knochennekrose, Knocheninfarkt
Englisch: osteonecrosis
Definition
ICD-10-Klassifikation
- M87.-: Knochennekrose
- M87.0-: Idiopathische aseptische Knochennekrose
- M87.1-: Knochennekrose durch Arzneimittel[1]
- M87.2-: Knochennekrose durch vorangegangenes Trauma
- M87.3-: Sonstige sekundäre Knochennekrose
- M87.8-: Sonstige Knochennekrose
- M87.9-: Knochennekrose, nicht näher bezeichnet
- M90.3-*: Knochennekrose bei Caissonkrankheit
- M90.4-*: Knochennekrose durch Hämoglobinopathie
- M90.5-*: Knochennekrose bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten
Nomenklatur
Die Begriffe "ischämische" und "avaskuläre Nekrose" werden v.a. bei subchondralen (epiphysären) Osteonekrosen verwendet. Der Begriff "Knocheninfarkt" bezieht sich hingegen auf medulläre (metaphysäre) Osteonekrosen. Inzwischen wird der umfassende Begriff Osteonekrose bevorzugt verwendet.
Als "Osteochondrose" bzw. "Osteochondritis" werden Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen bezeichnet, bei denen eine Osteonekrose zu einer Störung des Knochenwachstums führt.
Ursachen
Grund für eine Osteonekrose ist der Verschluss eines zuführenden Blutgefäßes. Ein Teil des Knochens wird dann nicht mehr mit Blut versorgt und stirbt ab. Die Ursachen für den Gefäßverschluss können vielfältig sein. Man unterscheidet:
- Aseptische Knochennekrose:
- Glukokortikoide
- systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis
- Alkoholabusus
- Bestrahlung
- Sichelzellsyndrom
- Pankreatitis
- Morbus Gaucher
- Amyloid-Arthropathie
- Fraktur, Dislokation (posttraumatische Knochennekrose)
- Septische Knochennekrose: Infektionen (Osteomyelitis)
Klinik
Eine Knochennekrose geht meist mit belastungsabhängigen Schmerzen und Bewegungseinschränkung einher. Bei gelenknahen Nekrosen kann es zu einem Gelenkerguss kommen.
Krankheitsbilder
Je nach Lokalisation unterscheidet man teilweise eigenständige Krankheitsbilder, z.B.:
- Morbus Ahlbäck (Femurkondylen)
- Morbus Perthes (Femurkopf)
- Morbus Osgood-Schlatter (Tuberositas tibiae)
siehe Hauptartikel: Aseptische Knochennekrose
Diagnostik
Eine Osteonekrose wird radiologisch diagnostiziert.
Konventionelles Röntgen
Als radiologisches Zeichen der Osteonekrose wird häufig eine erhöhte Dichte bzw. Sklerose des nekrotischen Knochens angesehen. Die Nekrose selbst ist im Röntgenbild jedoch nicht identifizierbar. Die Dichtezunahme ist aufgrund einer umgebenden Osteopenie vorgetäuscht (z.B. bei Osteomyelitis) oder durch Reparaturvorgänge bedingt:
- Revaskularisation, Einsprossung von Granulationsgewebe und Resorption der nekrotischen Trabekel: Osteolyse (vermehrte Strahlentransparenz)
- Frakturierung noch nicht abgebauten Knochenteile. Eine konsekutive Kompression bedingt eine verminderte Strahlentransparenz.
- Ersatz des abgebauten Knochens durch fibröses Bindegewebe. Hier können Verkalkungen auftreten.
- Knochenneubildung (nekrotische Trabekel als Gerüst)
Insgesamt entsteht somit ein fleckförmiges Bild von Osteolyse und Osteosklerose.
In fortgeschrittenen Fällen mit Gelenkbeteiligung lässt sich oft das sogenannte Crescent-Sign (Halbmond-Zeichen) darstellen, das auf eine subchondrale Fraktur hinweist. Im Verlauf kann es zu einer sekundären Arthrose kommen.
Magnetresonanztomographie
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist die sensitivste Methode zum Nachweis einer Osteonekrose. Typische Zeichen sind:
- T1-Wichtung:
- hypointense, periphere, gewundene Linie mit fetthaltigem Zentrum: Grenzbereich zwischen Nekrose und der Reparationszone (reactive interface line)
- ggf. hypointenses Knochenmarködem
- ggf. hypointenser Gelenkerguss
- T2-Wichtung:
- Double line sign: Eine hyperintense innere Linie (Granulationsgewebe) parallel zur hypointensen Peripherie (Sklerose). Sie markiert die Grenze zwischen vitalem und nekrotischem Knochen. Die innere Linie kann auch diskontinuierlich sein.
- Rim sign: Eine hyperintense Linie (Flüssigkeit), begrenzt durch zwei hypointense Linien (sklerotische Grenzen eines osteochondralen Fragments). Sie weist auf eine Instabilität hin.
- ggf. hyperintenses Knochenmarködem
- ggf. hyperintenser Gelenkerguss
- T1-Wichtung nach Kontrastmittelgabe:
- vermindertes Enhancement im Frühstadien
- fehlendes Enhancement im Nekroseareal und im Knochenmark
- Enhancement in der T1-hypointensen Reparaturzone
Im Verlauf können degenerative Veränderungen im Sinne einer sekundären Arthrose auftreten.
Skelettszintigraphie
In der Skelettszintigraphie zeigt sich anfangs ein "kalter" Bereich verminderter Aufnahme, der im späteren Verlauf von einem Ring mit hoher Aufnahme (Hyperämie, Synovitis) umgeben ist (Doughnut-Sign).
Therapie
Die Therapie ist abhängig vom Ausmaß und Lage der Nekrose. Eine konservative Therapie kommt bei leichteren Fällen in Frage und besteht aus Schonung des betroffenen Knochens. Schwerere Fälle müssen operativ behandelt werden. Hier reicht das Behandlungsspektrum von Pridie-Bohrungen über Knochentransplantationen bis zum Einsetzen einer TEP.
Prognose
Die Prognose ist ebenfalls abhängig von Lage und Größe des betroffenen Knochenbereichs. Je größer das nekrotisierende Gebiet und je näher am Gelenk es sich befindet, desto schlechter sind die Heilungschancen. Prinzipiell ist bei einer Osteonekrose von einer Spontanheilung bis zu einer völligen Gelenkzerstörung alles möglich.
Quellen
- ↑ Kimathi D et al. Medication-related osteonecrosis of the jaw: Case series and literature review. Clin Case Rep. 2024
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