Akut exazerbierte COPD
Synonym: Exazerbierte COPD
Englisch: exacerbation of chronic obstructive pulmonary disease, ECOPD
Definition
Unter einer akut exazerbierten COPD, kurz AECOPD, versteht man eine plötzlich auftretende, deutliche Verschlimmerung der Symptome (Exazerbation) im Rahmen einer bereits bestehenden COPD, die über mindestens zwei Tage anhält.[1] Es handelt sich häufig um einen medizinischen Notfall.
- ICD10-Code: J44.1 - Chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation, nicht näher bezeichnet
Hintergrund
Die Definition der AECOPD ist aktuell (2025) international uneinheitlich. Die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) definiert die AECOPD als ein Ereignis, das durch eine Zunahme von Dyspnoe und/oder Husten und Auswurf gekennzeichnet ist und sich in < 14 Tagen verschlechtert. Begleitend können Tachypnoe und/oder Tachykardie auftreten. Das Ereignis geht häufig mit einer verstärkten lokalen oder systemischen Entzündungsreaktion einher, die durch eine Infektion, Luftverschmutzung oder andere reizende Einflüsse auf die Atemwege ausgelöst wird.[2]
Einteilung
Die AECOPD wird nach dem Schweregrad der Exazerbation eingeteilt. Die nationale Leitlinie unterscheidet 4 Schweregrade:[1]
| Schweregrad der Exazerbation | Definition |
|---|---|
| Leichte Exazerbationen | Werden vom Patienten mit zusätzlichen Gaben von kurz wirksamen Bronchodilatatoren selbst behandelt |
| Mittelschwere Exazerbationen | Erfordern zusätzlich ein systemisches Glukokortikoid und/oder ein Antibiotikum |
| Schwere Exazerbationen | Erfordern eine intensivierte (meist stationäre) Therapie |
| Sehr schwere Exazerbationen | Erfordern eine intensivierte Therapie auf einer Intensivstation oder einer Intermediate Care Unit |
Epidemiologie
Bisher (2025) fehlen belastbare epidemiologische Daten. Im Jahr 2022 kam es in Deutschland bei ca. 5 % der Patienten mit COPD zu einer Exazerbation.[3]
Ätiologie
Häufigster Auslöser der AECOPD sind Infektionen des Respirationstrakts. In bis zu 50 % der Exazerbationen liegt eine bakterielle Infektion oder Superinfektion vor, in über 30 % der Fälle lassen sich Atemwegsviren nachweisen.[4] Typische Erreger sind u.a. RS-Viren, Streptococcus pneumoniae oder Hämophilus influenzae.
Weitere mögliche Auslöser sind saisonale Witterungsbedingungen, Luftverschmutzung oder nicht mikrobielle Entzündungsprozesse (z.B. Eosinophilie).[5]
Symptome
Das Leitsymptom einer exazerbierten COPD ist eine zunehmende Dyspnoe, die sich auskultatorisch durch einen exspiratorischen Stridor mit Brummen und Giemen bemerkbar macht. Weitere Symptome sind:
- Tachykardie
- gesteigerte Unruhe
- Agitiertheit
- Zyanose
- Verwirrtheit
Eine akut exazerbierte COPD kann schnell zu einer Hypoxämie und/oder Hyperkapnie mit respiratorischer Azidose führen und Bewusstseinsstörungen verursachen.
Diagnostik
- Anamnese
- klinische Untersuchung
- Vitalzeichen
- Pulsoxymetrie
- Blutgasanalyse (BGA)
- Labordiagnostik (z.B. CRP, Procalcitonin)
- ggf. mikrobiologische Diagnostik (z.B. Blutkulturen, Sputumdiagnostik)
- ggf. radiologische Diagnostik (z.B. Röntgen-Thorax)
Differentialdiagnosen
Andere Auslöser einer respiratorischen Verschlechterung müssen differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Wichtige Differentialdiagnosen sind u.a.:[1]
Therapie
Der Patient sollte sitzend gelagert und ggf. zur Anwendung der Lippenbremse angeleitet werden, um die Atmung zu erleichtern. Die wichtigsten Therapiemaßnahmen der AECOPD sind:[5]
- Sauerstoffgabe: bedarfsorientiert mit einem SpO2-Zielwert von 88 bis 92 %.[6] Cave: Die Unterdrückung des Atemantriebs kann zu einer schweren Hyperkapnie führen.
- Intravenösen Zugang legen, ggf. Flüssigkeitsgabe (Cave bei begleitender Herzinsuffizienz)
- Medikamentöse Therapie
- Inhalationstherapie mit β2-Sympathomimetika und/oder Parasympathikolytika, z.B. Salbutamol und Ipratropiumbromid
- Glukokortikoide i.v. oder p.o. (z.B. 40 mg Prednisolonäquivalent für 5 Tage)
- bedarfsweise Sedierung und Linderung der Atemnot, z.B. mit Morphinen
- bei fehlendem Ansprechen auf die Inhalationstherapie ggf. eskalierend Reproterol i.v. oder Terbutalin s.c.
Die Verwendung von Theophyllin im Rahmen der AECOPD wird nicht mehr empfohlen.[5]
Lässt sich die respiratorische Insuffizienz mit den Maßnahmen nicht kontrollieren, ist eine NIV indiziert. Bei Versagen der NIV wird eine Intubation mit invasiver Beatmung notwendig.
Bestehen Hinweise auf einen bakteriellen Atemwegsinfekt (z.B. purulentes Sputum oder CRP > 50 mg/l) ist zusätzlich eine kalkulierte Antibiotikatherapie sinnvoll:[5]
- ambulant: z.B. Amoxicillin, Amoxicillin/Clavulansäure, Doxycyclin oder Makrolide
- stationär: z.B. Amoxicillin, Amoxicillin/Clavulansäure oder Doxycyclin
- Levofloxacin oder Moxifloxacin sollten nur bei fehlender gleichwertiger Alternative eingesetzt werden
- Intensivstation: z.B. Amoxicillin/Clavulansäure oder Cephalosporin der 3. Generation i.v.
- Levofloxacin oder Moxifloxacin sollten nur bei fehlender gleichwertiger Alternative eingesetzt werden
- bei Verdacht auf multiresistente Erreger individuelle Entscheidung über die Antibiotikatherapie
Prophylaxe
Tabakentwöhnung, körperliches Training, Atemphysiotherapie, Impfungen und Patientenschulungen können das Risiko von Exazerbationen vermindern.[5]
Quiz
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie COPD – Teilpublikation der Langfassung, 2. Auflage. Version 1. 2021, zuletzt abgerufen am 07.08.2025
- ↑ Globale Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease: Global strategy for the diagnosis, management and prevention of chronic obstructive pulmonary disease (2025 Report). Zuletzt abgerufen am 07.08.2025
- ↑ Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Disease-Management-Programm COPD - Qualitätszielerreichung 2022.
- ↑ Silvermann et al.: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung. In: Jameson et al. (Hrsg.): Harrisons Innere Medizin, Band 3, 20. Auflage. Thieme, Berlin, 2020
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungs Leitlinie COPD, Ergänzung zur 2. Auflage: Kapitel 8. 2024. Zuletzt abgerufen am 07.08.2025
- ↑ Gottlieb et al.: S3-Leitlinie Sauerstoff in der Akuttherapie beim Erwachsenen, AWMF 2021
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: KI-generiert