Harnwegsinfekt
Synonyme: Harnwegsinfektion, bakterielle Harnwegsentzündung
Englisch: urinary tract infection, UTI
Definition
Ein Harnwegsinfekt, kurz HWI, ist eine durch Krankheitserreger verursachte Infektion der ableitenden Harnwege.
Epidemiologie
Wegen der deutlich kürzeren Harnröhre kommen Harnwegsinfekte bei Frauen häufiger vor als bei Männern. 60 % aller Frauen erkranken mindestens einmal im Leben an einem symptomatischen HWI. Darüber hinaus stellen Harnwegsinfekte die häufigsten Nosokomialinfektionen dar.
Einteilung
...nach Lokalisation
- obere Harnwegsinfektion: Pyelonephritis
- untere Harnwegsinfektion: Zystitis, Urethritis
...nach Ursprung der Infektion
Man unterscheidet u.a. aufgrund des unterschiedlichen Erregerspektrums zwischen:
- ambulant erworbenem Harnwegsinfekt
- nosokomialem Harnwegsinfekt, hier als Sonderform: katheterassoziierter Harnwegsinfekt
...nach Begleitumständen
- Asymptomatische Bakteriurie: Kolonisation als Zufallsbefund. Der Patient ist beschwerdefrei.
- Symptomatischer Harnwegsinfekt:
- unkompliziert: keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien des Harntrakts, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Vor- bzw. Begleiterkrankungen. Vorkommen beispielsweise im Rahmen der "Honeymoon-Zystitis".
- kompliziert: Es liegen bestimmte prädisponierende Risikofaktoren seitens des Patienten vor (s.u.), die einen Harnaufstau, gravierende Komplikationen oder eine chronische Entzündung verursachen. HWI bei Kindern werden als kompliziert angesehen. Harnwegsinfektionen bei Männern werden i.d.R. als kompliziert eingeschätzt, da die Prostata mitbetroffen sein kann. Einige Autoren schätzen den HWI in der Schwangerschaft ebenfalls als kompliziert ein.
- Rezidivierende Harnwegsinfektion: ≥ 2 Infektionen/Halbjahr oder ≥3 Infektionen/Jahr. In der Schwangerschaft bei mindestens einer Infektion während und einer oder mehreren vorausgegangenen Episoden vor und nach Beginn der Schwangerschaft.
Ätiologie
Erreger
In den meisten Fällen werden Harnwegsinfektionen durch Bakterien der Familie Enterobacteriaceae verursacht, insbesondere durch:
Enterokokken findet man am häufigsten bei Mischinfektionen, so dass ihre pathogenetische Relevanz unklar ist. Selten kommen andere Erreger vor, z.B. Enterobacter spp., Staphylococcus aureus, Citrobacter spp., Ureaplasma urealyticum, Pseudomonas aeruginosa, Mykoplasmen, Morganella morganii, Adenoviren oder Candida albicans.
Bei Patienten mit Diabetes mellitus unterscheidet sich das Erregerspektrum nicht grundsätzlich von Patienten ohne Diabetes. Jedoch haben Betroffene häufiger eine Candidurie (Candida albicans, Candida tropicalis und weitere Arten). In vielen Fällen stellt dieser Befund jedoch eine Kolonisation und keine Infektion dar.
Risikofaktoren
Ein Harnwegsinfekt wird durch folgende Risikofaktoren begünstigt, die mit einem komplizierten Verlauf assoziiert sind:
- angeborene anatomische Veränderungen der Harnwege: Ureterabgangsstenose, Megaureter, Harnblasendivertikel, Urethralklappen
- erworbene anatomische Veränderungen: Nierensteine, Harnleitersteine; Harnleiterstrikturen, Harnblasentumore, Prostatavergrößerung, Harnröhrenstriktur, Schwangerschaft, operative Veränderungen, Strahlentherapie
- funktionelle Veränderungen: Niereninsuffizienz, Harntransportstörungen, Entleerungsstörungen der Harnblase (z.B. bei Querschnittslähmung) oder vesiko-uretero-renaler Reflux), Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie
- Immundefizienz: HIV-Infektion, Leberinsuffizienz, entgleister/schlecht eingestellter Diabetes mellitus, immunsuppressive Therapie, Chemotherapie
- intraoperative bzw. postoperative Situationen mit anatomischen Veränderungen oder Einbringen von Fremdkörpern: Perkutane Nephrostomie, Zystoskopie, Harnleiterschienen, Harnblasenkatheter
Weitere Risikofaktoren sind:
- bestimmte Verhütungsmethoden, z.B. Scheidendiaphragma, Spermizide
- Harnwegsinfektionen in der (Familien-)Anamnese
- Stoffwechselstörungen wie Gicht, Hyperkalzämie, Hypokaliämie
- Analgetikaabusus
- sexuelle Aktivität (Honeymoon-Zystitis)
- Durchnässung und Unterkühlung
- geringe Harnbildung aufgrund mangelnder Flüssigkeitszufuhr
In der Schwangerschaft begünstigt z.B. die vermehrte Nierendurchblutung mit relativer Reduktion von infektionshemmenden Substanzen im Urin eine Harnwegsinfektion. Darüber hinaus spielen der verminderte urethrale Tonus und die mechanische Obstruktion durch den wachsenden Uterus eine pathophysiologische Rolle. Weitere Risikofaktoren in der Schwangerschaft sind:
- Adipositas
- Sichelzellanämie
- Chlamydien-Infektion in der Anamnese
Harnwegsinfekte auch vermehrt in der Postmenopause auf, da eine Änderung des vaginalen pH-Werts und eine verminderte Besiedlung durch Laktobazillen zu einer vermehrten Besiedlung der Scheide mit Enterobacteriaceae und Anaerobiern führen.
Bei Männern sind die genauen Ursachen für eine Harnwegsinfektion nicht bekannt. Risikofaktoren sind:
- Geschlechtsverkehr mit Infizierten
- Analverkehr
- Vorhautveränderungen (z.B. Phimose)
Pathogenese
Für Harnwegsinfekte ist ein aszendierender Verlauf typisch. Die Erreger gelangen durch Schmierinfektion zur äußeren Harnröhrenöffnung (Meatus urethrae externus) und wandern die Harnröhre (Urethra) hinauf in die Harnblase, wo sie zu einer Zystitis führen. Die Keime können der körpereigenen Darmflora entstammen oder vom Partner beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Das Eindringen der Keime kann durch unzureichende Intimhygiene erleichtert werden.
Deutlich seltener kommt es zu deszendierenden Infektionen im Rahmen von Bakteriämien oder Infektionen per continuitatem z.B. im Rahmen einer Fistelbildung.
Klinik
Typische Symptome eines Harnwegsinfektes beim Erwachsenen sind suprapubische Schmerzen, Brennen beim Wasserlassen (Algurie), Dysurie, häufiges Wasserlassen (Pollakisurie) und ein imperativer Harndrang ohne Urinentleerung. Weiterhin kann es zu Inkontinenz, Makrohämaturie, sowie Geruch und Trübung des Urins kommen. Unkomplizierte Harnwegsinfektionen haben häufig einen selbstlimitierenden Verlauf (durchschnittlich 6 Tage). Nicht selten kann ein Harnwegsinfekt auch asymptomatisch bleiben, wobei in diesem Fall die Bezeichnung asymptomatische Bakteriurie gewählt werden sollte.
Bei oberen Harnwegsinfekten (Pyelonephritis) können Fieber, Flankenschmerz, Nierenklopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen hinzutreten. Beim Fortschreiten der aufsteigenden Infektion kann es schließlich zur Urosepsis kommen.
Ein HWI in der Schwangerschaft geht mit einem erhöhten Risiko einer Präeklampsie einher. Weiterhin ist eine Bakteriurie evtl. mit niedrigem Geburtsgewicht, Frühgeburt und erhöhter Kindersterblichkeit assoziiert.
Diagnostik
Neben einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung ist z.T. eine Urinanalyse notwendig, um einen Harnwegsinfekt zu diagnostizieren.
Anamnese
Bei Patienten mit Miktionsbeschwerden sollten folgende Aspekte erfragt werden:
- Schmerzen beim Wasserlassen (incl. Algurie), Pollakisurie, Nykturie
- Inkontinenz, imperativer Harndrang
- Makrohämaturie
- suprapubischer Schmerz
- Urintrübung
- HWI in der Anamnese
- Fieber, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl
- Geschlechtsverkehr
- anatomische und funktionelle Risikofaktoren (incl. Diabetes mellitus)
- Antibiotikaeinnahme vor 2-4 Wochen
Bei Frauen, die an vaginalem Juckreiz oder auffälligem Fluor vaginalis leiden, sollten Differenzialdiagnosen erwogen werden.
Hilfreich ist weiterhin der validierte Fragebogen Acute Cystitis Symptom Score (ACSS).
Urindiagnostik
Urinteststreifen
Für eine orientierende Untersuchung mittels Urinteststreifen kann Mittelstrahl- oder Spontanurin verwendet werden. Hinweisend für einen HWI sind:
- Leukozyten: Nachweis von Granulozyten-Esterasen sprechen für einen HWI
- Blut: hohe Sensitivität für einen HWI, jedoch wenig spezifisch.
- Nitrit: Einige Bakterien (z.B. Escherichia coli oder Klebsiellen) reduzieren Nitrat zu Nitrit. Hohe Spezifität, geringe Sensitivität.
Teststreifenergebnis | Diagnose |
---|---|
Nitrit positiv, Leukozyten-Esterase | HWI sehr wahrscheinlich |
Nitrit positiv, Leukozyten-Esterase negativ | HWI sehr wahrscheinlich |
Leukozyten-Esterase positiv, Blut positiv | HWI sehr wahrscheinlich |
Nitrit negativ, Leukozyten-Esterase positiv | HWI wahrscheinlich |
Nitrit negativ, Leukozyten-Esterase negativ | HWI weniger wahrscheinlich |
Bei Verwendung eines Urinteststreifens müssen Faktoren berücksichtigt werden, die zu einem falsch-positiven bzw. -negativen Befund führen können:
Leukozyten-Esterase | Nitrit | |
---|---|---|
Falsch positiv |
|
|
Falsch negativ |
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Urinmikroskopie
Mittels Urinmikroskopie kann bei entsprechender Erfahrung des Untersuchers ein HWI weitgehend ausgeschlossen werden. Dabei sind verschiedene Methoden möglich:
- Leukozytenzählung im unzentrifugierten Urin: Grenzwert > 10 Leukozyten/mm3
- mikroskopischer Erregernachweis: i.d.R. erst ab Erregerzahlen > 105/ml möglich.
- ggf. Gram-Färbung
Urinkultur
Der Goldstandard zur Diagnose eines HWI ist die laborchemische Urinuntersuchung incl. quantitativer Urinkultur. Sie ist indiziert bei
- Leukozyturie, Hämaturie oder positivem Nitrit-Test bei asymptomatischen Patienten mit spezifischen Risikofaktoren (z.B. Nierentransplantation)
- Patienten mit HWI außer bei Frauen mit unkomplizierter Zystitis
- Hinweisen eines rezidivierenden, komplizierten oder nosokomialen HWI
- Symptompersistenz unter/nach Antibiotikatherapie
- Fieber oder Sepsis unklarer Genese
- Immunsuppression
- neurogenen Harnblasenentleerungsstörungen
- unklaren Abdominalbeschwerden oder Flankenschmerz
sowie
- vor/nach interventionellen Eingriffen an den Harnwegen
- in der Schwangerschaft
- nach Beendigung der Antibiotikatherapie bei Schwangeren, Männern, Pyelonephritis und kompliziertem HWI
Zur Urindiagnostik ist der erste Morgenurin am besten geeignet. Im Idealfall liegen zwischen Gewinnung der Probe und der letzten Miktion mindestens 4 Stunden. Um Kontaminationen möglichst zu vermeiden, sollten folgende Maßnahmen eingehalten werden:
- Reinigung des Meatus urethrae externus der Frau bzw. der Glans penis des Mannes mit Wasser
- Spreizen der Labien (bei Frauen)
- Gewinnung von Mittelstrahlurin
Die Urinproben müssen unverzüglich laborchemisch beurteilt oder gekühlt bei 2 bis 8 °C gelagert und am darauffolgenden Tag untersucht werden. Üblicherweise gelten folgende Grenzwerte für die mikrobiologische Diagnose, vorausgesetzt, es handelt sich um Reinkulturen typischer Uropathogene:
- akute unkomplizierte Zystitis bei Frauen: 103 koloniebildende Einheiten (KBE) pro ml Mittelstrahlurin
- akute unkomplizierte Pyelonephritis: 104 KBE/ml
- asymptomatische Bakteriurie: 105 KBE/ml
- bei Frauen Nachweis in 2 konsekutiven Mittelstrahlurinkulturen
- bei Männern in einer Mittelstrahlurinkultur
Für Urinkulturen aus suprapubischen Harnblasenpunktaten gilt jede Erregerzahl mit Uropathogenen als klinisch signifikant.
Weitere Diagnostik
Je nach Klinik können weitere Untersuchungen notwendig sein, u.a.:
- Blutuntersuchungen (z.B. BSG, CRP, Procalcitonin, Blutbild) und bei Verdacht auf Urosepsis eine Blutkultur
- Sonographie der Nieren und Harnwege (z.B. bei Verdacht auf funktionelle oder anatomische Anomalien)
- Zystoskopie
...bei prämenopausalen Frauen
Bei typischer Klinik eines unkomplizierten HWI ist i.d.R. neben der Anamnese keine weitere Diagnostik notwendig. Wird eine mikrobiologische Untersuchung trotzdem durchgeführt, spricht der Nachweis von Escherichia coli im MIttelstrahlurin für einen bakteriellen HWI, während der Nachweis von Enterokokken und B-Streptokokken nicht prädiktiv ist.
Bei einer akuten unkomplizierten Pyelonephritis sind eine Urindiagnostik (incl. Kultur) und ggf. weitere Laboruntersuchungen (Blutbild, CRP, Procalcitonin) notwendig. Weiterhin sollte eine Sonographie zum Ausschluss von komplizierenden Faktoren erfolgen.
Bei rezidivierenden HWI sollten ebenfalls eine Urinkultur und eine Sonographie durchgeführt werden. In atypischen Fällen (z.B. bei persistierender Hämaturie) sind eine Urethrozystoskopie und eine weitere Bildgebung indiziert.
...bei schwangeren Frauen
Die Diagnostik der akuten unkomplizierten Zystitis bei Schwangeren ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen schließt eine körperliche Untersuchung und eine Urinuntersuchung (incl. Kultur) mit ein. Die Erregereradikation nach Therapie muss ebenfalls durch eine Urinkultur verifiziert werden.
Das Vorgehen bei einer akuten Pyelonephritis gleicht dem bei nicht schwangeren Frauen.
Ein systemisches Screening auf eine asymptomatische Bakteriurie sollte in der Schwangerschaft nicht durchgeführt werden. Außerdem ist der Einsatz von Streifentests zur Diagnose nicht ausreichend.
...bei Männern
Algurie, Fieber und ein Alter über 60 Jahren sind Prädiktoren für einen HWI. Sind alle drei Faktoren vorhanden, liegt in über 90 % d.F. ein HWI vor.
Eine Urethritis durch Gonokokken oder Chlamydien muss bei entsprechendem Verdacht ausgeschlossen werden. Die Diagnose eines unkomplizierten HWI beim Mann ist nur nach Ausschluss komplizierender Faktoren möglich. Daher ist immer eine ausführliche Anamnese, eine körperliche (incl. rektale) Untersuchung sowie eine Urindiagnostik (incl. Kultur) notwendig. Der Ausschluss eines HWI mittels Teststreifen wird nicht empfohlen. Umgekehrt erhöhen jedoch Leukozyten und/oder Nitrit bei passender Klinik die Wahrscheinlichkeit eines HWI. Weiterhin muss gezielt nach prostatitischen Beschwerden gefragt werden (z.B. Beckenschmerzen, Harnträufeln). Hierbei können Fragebögen hilfreich sein (IPSS, CPSI).
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch sind bei schwerem Verlauf insbesondere gynäkologische Infektionen (z.B. Kolpitis, Salpingitis, Adnexitis) und bei Männern eine Prostatitis oder Nebenhodenentzündung abzuklären. Weiterhin sind sexuell übertragbare Krankheiten (STD) zu erwägen, z.B. bei pathologischem Fluor vaginalis.
Therapie
Zu den Basismaßnahmen bei einem Harnwegsinfekt zählen eine reichliche Flüssigkeitszufuhr, eine häufige Entleerung der Blase, eine Vermeidung der Kälteexposition sowie das Weglassen nephrotoxischer Analgetika. Weiterhin ist eine Antibiotikatherapie indiziert bei:
- asymptomatischer Bakteriurie bei Schwangeren oder vor Schleimhaut-traumatisierenden Interventionen im Harntrakt
- symptomatischem Harnwegsinfekt
- bei Pyelonephritis
Bei rezidivierenden, komplizierten oder nosokomialen HWI sowie bei Schwangeren muss ein Antibiogramm angelegt werden.
...bei unkompliziertem HWI
Bei einem unkomplizierten ambulant erworbenen HWI kommen folgende Wirkstoffe in Frage:
- Fosfomycin-Trometamol: 1 x 3.000 mg/d als Einmalgabe
- Nitrofurantoin retard: 2 x 100 mg/d über 5 Tage
- Nitrofurantoin: 4 x 50 mg/d über 7 Tage
- Nitroxolin: 3 x 250 mg/d über 5 Tage
- Pivmecillinam: 2-3 x 400 mg/d für 3 Tage
Folgende Medikamente sollten nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden:
- Cefpodoxim-Proxetil
- Cotrimoxazol
- Fluorchinolone: Ciprofloxacin, Levofloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin (bei Escherichia coli liegen in 15-25 % Resistenzen vor).
In der Schwangerschaft werden primär Penicillinderivate, Cephalosporine oder Fosfomycin-Trometamol eingesetzt. Bei jüngeren Männer mit akuter unkomplizierter Harnwegsinfektion werden Pivmecillinam und Nitrofurantoin bevorzugt, sofern keine Beteiligung der Prostata vorliegt.
...bei Pyelonephritis
Bei einer milden bis moderaten Pyelonephritis sind folgende Antibiotika indiziert:
- Ciprofloxacin: 500-750 mg 2 x täglich über 7 bis 10 Tage
- Levofloxacin: 750 mg/d über 5 Tage
- Cefpodoxim-Proxetil: 200 mg 2 x täglich über 10 Tage
- Ceftibuten: 400 mg/d für 10 Tage
Bei schweren Verlaufsformen wird initial eine parenterale Therapie eingeleitet. Nach Besserung wird sie dann auf eine orale Behandlung umgestellt, sodass die Gesamttherapiedauer 1-2 Wochen beträgt. Mittel der ersten Wahl sind:
- Ciprofloxacin: 3 x 400 mg/d i.v.
- Levofloxacin: 750 mg/d i.v.
- Ceftriaxon: 2 g/d i.v.
- Cefotaxim: 3 x 2 g/d i.v.
In der Schwangerschaft werden i.d.R. Cephalosporine der Gruppe 2 und 3 eingesetzt. Jüngere Männer mit akuter unkomplizierter Pyelonephritis erhalten in erster Linie Fluorchinolone.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Prophylaxe
Das Risiko eines Harnwegsinfekts kann durch einfache Maßnahmen vermindert werden. Dazu zählen:
- Das Abwischen von Harnröhrenausgang und After immer von vorne nach hinten
- Wasserlassen unmittelbar nach dem Koitus
- Verwendung von Kondomen, insbesondere bei Analverkehr
- Urinmenge: ca. 1,5 l/d, d.h. Trinkmenge anpassen, besonders im Sommer
- Verzehr von Fruchtsäften (v.a. aus Beeren) sowie mit probiotischen Bakterien fermentierten Milchprodukten
- Vermeiden einer Unterkühlung
Weiterhin gibt es im Falle von häufig rezidivierenden HWI folgende Maßnahmen:
- Immunoprophylaxe:
- Vaxom® (Zellwandfraktionen von uropathogenen Escherichia coli-Stämmen-OM 89): oral über 3 Monate vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention
- Phytotherapie: Esberitox® (Indigowurzel, Lebensbaum, Sonnenhut) - geringe Evidenz.
- Immunstimulation:
- StroVac® s.c.
- Akupunktur - geringe Evidenz
- Hemmung der bakteriellen Adhäsion:
- Cranberry- und Moosbeerenprodukte (Vaccinium macrocarpon, Vaccinium oxycoccus): widersprüchliche Datenlage
- Mannose: 2g/d p.o.
- Desinfizienten: Bärentraubenblätter und weißes Sandelholz (jeweils maximal 1 Monat), Kapuzinerkressekraut, Meerrettichwurzel, Brunnenkressekraut
- Kontinuierliche antibiotische Langzeitprävention über 3 bis 6 Monate: nach Versagen der allgemein vorbeugenden Maßnahmen bei hohem Leidensdruck.
Quiz
Trivia
Der Roman "Die wilde Geschichte vom Wassertrinker" von John Irving aus dem Jahr 1972 handelt von einem Mann, der an einer Harnröhrenverkrümmung leidet und deshalb vor jedem Geschlechtsverkehr viel trinkt, um danach die Harnröhre durch Wasserlassen zu spülen, da er sonst häufig Blasenentzündungen bekommt.
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Fernando Gonzales / Pexels
Literatur
- S3-Leitlinie Unkomplizierte Harnwegsinfektion, abgerufen am 19.11.2021
- RKI Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen, Bundesgesundheitsbl 2015, 58:641–650, abgerufen am 22.07.2019