Intoxikation (Hund)
Synonym: Vergiftung
Englisch: intoxication
Definition
Unter einer Intoxikation versteht man beim Hund die schädigende Einwirkung von unterschiedlichen Substanzen, die aufgrund ihrer chemischen, physikalischen oder biologischen Eigenschaften den Organismus des Tieres negativ beeinflussen.
Vorkommen
Vergiftungen treten häufig auf und stellen stets Notfälle dar. Gezielte Vergiftungen kommen dabei vergleichsweise selten vor, sodass über 90 % der Intoxikationen in nicht böser Absicht (z.B. aufgrund tierischer Neugier oder menschlicher Fahrlässigkeit) entstehen.
Pathogenese
Intoxikationen können auf unterschiedlichen Wegen entstehen, u.a.:
- peroral (Fressgifte)
- transdermal (Kontaktgifte)
- inhalativ (Inhalationsgifte)
Vergiftungen
Zu den häufigsten Vergiftungen beim Hund zählen:
Intoxikation | Gruppe | Toxin |
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Amitraz-Intoxikation | Antiparasitikum | |
Cumarin-Intoxikation | Antikoagulans |
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Benzodiazepin-Intoxikation | Sedativum |
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Carbamat-Intoxikation | Pflanzenschutzmittel | |
Chloralose-Intoxikation | Rodentizid | |
Cholecalciferol-Intoxikation | Rodentizid | |
CO-Intoxikation | Rauchgas | |
Crimidin-Intoxikation | Rodentizid | |
Detergens-Intoxikation | Detergenzien |
|
Ethylenglykol-Intoxikation | Frostschutzmittel | |
Rauschgift-Intoxikation | Drogen | |
Metaldehyd-Intoxikation | Molluskizid | |
Natriumfluoracetat-Intoxikation | Rodentizid | |
Paracetamol-Intoxikation | Antiphlogistikum | |
Paraquat-Intoxikation | Herbizid | |
Pflanzengift-Intoxikation | Pflanzengifte | |
Organophosphat-Intoxikation | Insektizid | |
Schlangengift-Intoxikation | Schlangenbisse | |
Theobromin-Intoxikation | Schokolade | |
Thallium-Intoxikation | Rodentizid |
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Diagnose
Da es sich bei Intoxikationen um Notfälle handelt und nur in den seltensten Fällen genau bekannt ist, welches Gift aufgenommen wurde, gestaltet sich die Diagnostik entsprechend schwierig.
Anamnestisch sollten bereits am Telefon folgende Fragen gestellt werden:
- Signalelement des Hundes und Haltungsart? (z.B. war der Hund unbeaufsichtigt und wo)
- Welches Gift wurde aufgenommen? (Gift, Beipackzettel, erbrochenes Material mitbringen)
- Wieviel wurde vom vermeintlichen Gift aufgenommen?
- Wie erfolgte die Aufnahme? (peroral, inhalativ, transdermal, Bissverletzung)
- Wann wurde das Gift aufgenommen? (zeitlicher Plan)
- Wie oft/häufig wurde das Gift aufgenommen?
- Welche Symptome sind bereits aufgetreten bzw. zeigt der Hund?
Abhängig von der Anamnese und den klinischen Symptomen sind weitere Untersuchungsverfahren einzuleiten, z.B.:
- Röntgen- und/oder Ultraschalluntersuchungen
- Labordiagnostik (Hämatokrit, Gesamtprotein, Elektrolyte, Glukose, Laktat, Nierenwerte, Blutgasanalyse, Gerinnungsdiagnostik, Blutausstrich u.ä.)
- Schnelltests (z.B. für Ethylenglykol oder Amphetamine), Gaschromatographie
- Sektion bzw. Organproben (bei bereits verstorbenen Tieren)
Therapie
Die initiale Therapie richtet sich stets nach dem ABCDE-Schema:
- Airway: Atemwege sichern
- Breathing: Atmung beurteilen
- Circulation: Kreislaufsituation einschätzen
- Disability: Bewusstseinszustand beurteilen
- Environment/Exposure: Ganzkörperuntersuchung
Anschließend sind möglichst folgende Schritte einzuleiten:
- Entgiftung bzw. Dekontamination (z.B. Antidot, Lipidinfusionen, waschen/auswaschen)
- Magen und/oder Darm entleeren (Magenspülung)
- Adsorbieren (Aktivkohle)
- Verdünnen und Herausspülen (intravenöse Flüssigkeitstherapie)
Literatur
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3
- Lehmann H. Toxikologie-Serie Teil 1: Allgemeines zur Toxikologie sowie unspezifische Therapie. Vet-Webinar.com (abgerufen am 28.09.2021)
- Lehmann H. Toxikologie-Serie Teil 2: Die häufigsten Giftstoffe in der Umwelt. Vet-Webinar.com (abgerufen am 28.09.2021)