Amitraz-Intoxikation (Hund)
Synonym: Amitraz-Vergiftung
Definition
Die Amitraz-Intoxikation ist eine Form der Vergiftung (Intoxikation) beim Hund, die durch lipophile und Amitraz-haltige Insektizide bzw. Akarizide verursacht wird.
Pharmakologie
Amitraz gehört chemisch gesehen zu den Formamin-Derivaten, liegt in kristalliner Form vor und ist in den meisten organischen Lösungsmitteln löslich.
Als äußerlich anwendbares Antiparasitikum wirkt Amitraz akarizid und insektizid. Diese Wirkung beruht auf einem antagonistischen Effekt auf die Oktopaminrezeptoren im Gehirn der Parasiten. Bei Kontakt kommt es zu Übererregbarkeit, abnormen Verhalten, Paralyse und Tod der Parasiten.
Die dermale Resorption ist gering, sodass sie beim Hund unter 10 % beträgt.
Einsatz
Amitraz wird neben der Verwendung in der Veterinärmedizin auch in der Landwirtschaft als Emulsionskonzentrat (v.a. im Obstbau) eingesetzt. Da die handelsüblichen Konzentrate ebenfalls organische Lösungsmittel (z.B. Xylol) enthalten, werden bei fehlerhafter Aufnahme zusätzliche Vergiftungssymptome hervorgerufen.
Pathogenese
Hunde vergiften sich häufig durch die perorale Aufnahme von Amitraz-haltigen Halsbändern (z.B. durch Zerkauen). Zusätzlich kann eine zu hoch konzentrierte Spüllösung sowie der vermehrte Kontakt mit Pflanzenschutzmitteln zu Intoxikationen führen.
Amitraz zeigt bei Säugetieren einen agonistischen Effekt auf die peripheren α2-Adrenozeptoren, α1-Adrenozeptoren sowie eine schwach antiserotonerge Wirkung. Infolge dessen kommt es vorübergehend zu Bradykardie und nach kurzer Hypertonie zu Hypotonie und Hypothermie.
Toxizität
Klinik
Aufgrund der antagonistischen α2-Adrenozeptor-Wirkung kommt es zu einer zentralen Sedierung mit Analgesie und Muskelrelaxation. Zusätzlich leiden die Tiere an Bradykardie, Hypotonie und Magen- sowie Darmatonie. Durch eine verminderte Insulinsekretion stellt sich rasch eine Hyperglykämie ein.
Amitraz-Überdosierungen (z.B. falsche Dosierung oder Kontakt mit Pflanzenschutzmitteln) führen daher häufig zu ZNS-Depression, Mydriasis, Ataxie, Hypothermie, Bradykardie, Schwäche und gastrointestinalen Störungen. Im Gegensatz dazu sind vorübergehende Sedierung sowie milde gastrointestinale Störungen nach korrekter Anwendung Amitraz-haltiger Antiparasitika als unerwünschte Arzneimittelwirkungen anzusehen.
Diagnose
Amitraz-Intoxikationen lassen sich häufig durch eine gründliche Anamnese sowie die klinischen Symptome diagnostizieren.
Als Goldstandard gilt der Giftnachweis mittels Gaschromatographie.
Therapie
Bei milden Symptomen infolge unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist in der Regel keine Therapie notwendig. Bei Überdosierungen sowie Kontakt zu Pflanzenschutzmitteln und damit einhergehender schwerwiegender Klinik ist eine Entgiftung und symptomatische Behandlung indizert. Als Antidot kann Atipamezol (0,1 bis 0,2 mg/kgKG i.m.) verabreicht werden.
Wurden Teile des Amitraz-Halsbandes verschluckt, sind diese mittels Gastroskopie zu entfernen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Quellen
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3
- CliniPharm CliniTox. Amitraz CliniPHarm Wirkstoffdaten (abgerufen am 28.09.2021)
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