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Varizella-Zoster-Virus

(Weitergeleitet von Humanes-Herpes-Virus-3)

Synonyme: Humanes-Herpes-Virus-3, HHV-3, VZV
Englisch: varicella zoster virus, human herpesvirus 3, HHV-3

1. Definition

Das Varizella-Zoster-Virus, kurz VZV, ist ein DNA-Virus aus der Familie der Herpesviren (Herpesviridae), das beim Menschen Windpocken und Gürtelrose (Herpes zoster) hervorruft.

2. Taxonomie

siehe Hauptartikel: Virustaxonomie

3. Übertragung

Die Übertragung erfolgt aerogen oder bei Kontakt mit den hochkontagiösen Bläschen. Zu den möglichen Infektionsorten zählen vor allem die Schleimhaut des Nasenrachenraums und die Konjunktiven. Nach 2 bis 3 Tagen kommt es zur Vermehrung in den regionalen Lymphknoten und nach etwa 5 Tagen zur ersten Virämie. Anschließend repliziert sich das Virus in Leber und Milz. 10 bis 14 Tage p.i. kommt es dann zur zweiten Virämie, die sich durch das Windpockenexanthem äußert.

VZV persistiert lebenslang und hält sich in seiner latenten Phase in den Spinalganglien bzw. im Ganglion trigeminale auf. Bei einer Reaktivierung löst es dann die Gürtelrose im Sinne einer von den Ganglien ausgehenden Infektion in die versorgenden Dermatome aus.

Die Kontagiosität ist hoch: etwa 90 % der exponierten seronegativen Patienten erkranken, weshalb die Frühdurchseuchung sehr groß ist. Bis zum 10. Lebensjahr liegt die Durchseuchung bei über 90 %. Außerhalb des Körpers verliert das Virus jedoch rasch seine Infektionskraft.

4. Morphologie

Das Varizella-Zoster-Virus ist membranumhülltes Virus mit ikosaedrischem Nukleokapsid. Zwischen Membran und Kapsid befindet sich ein Gemisch aus viralen Proteinen, die als Tegument bezeichnet werden. Das Kapsid enthält die doppelsträngige DNA (dsDNA). Der Virus-Durchmesser liegt zwischen 180 und 200 nm, das Nukleokapsid hat einen Durchmesser von etwa 100 nm.

4.1. Lipidmembran

Die Membran ist eine Doppellipidschicht, in die verschiedene Glykoproteine eingelagert sind. Im Genom des Varizella-Zoster-Virus sind elf verschiedene Glykoproteine beschrieben: gB, gC, gE, gH, gI, gK, gL, gN, gM, ORF39 und ORFS/L. Diese bilden zum Teil Heterodimere, z.B. gH mit gL und gE mit gI. Am häufigsten kommen gE, gB und gH vor. Die Glykoproteine sind entscheidend für die Anlagerung des Virions an die Wirtszelle sowie die nachfolgende Membranfusion.

4.2. Tegument

Das Tegument besteht aus lose-assoziierten Proteinen zwischen der Doppellipidschicht und dem Nukleokapsid. Die genaue Zusammensetzung ist derzeit (2022) noch nicht vollständig geklärt. Tegumentproteine erfüllen diverse Funktionen, hierzu zählen:

4.3. Nukleokapsid

Das Nukleokapsid besteht aus 162 Kapsomeren, die ein Ikosaeder bilden. Die Kapsomere sind aus vier verschiedenen Proteinen aufgebaut, die in einem spezifischen Muster angeordnet sind. Dabei bildet das Major Capsid Protein (MCP) sowohl Hexamere als auch Pentamere. Auf die MCP-Hexamere ist oben das Small Capsid Protein (SCP) aufgelagert. Dazwischen befinden sich Heterotrimere aus den Proteinen Tri1 und Tri2.

4.4. DNA

Es handelt sich um eine doppelsträngige, zirkuläre DNA mit einer Länge von etwa 125 kb. Sie enthält mindestens 70 offene Leserahmen (ORFs) die für virale Proteine kodieren.

5. Klinik

Bei einer Erstinfektion kommt es zum typischen Bild der Windpocken. Die ersten Symptome sind Fieber und ein Exanthem am Rumpf. Das Exanthem breitet sich sternförmig aus, wobei es zur Aussparung der Handinnenflächen und der Fußsohlen kommt. Im weiteren Verlauf bilden sich am gesamtem Körper Exantheme, sowie Roseolen, Papeln, Bläschen und Krusten, was man als Heubner'sche Sternenkarte bezeichnet.

Bei einer Reaktivierung kommt es zur Gürtelrose (Zoster), bei der nur der Versorgungsbereich des befallenen Ganglions betroffen ist. Es kommt dabei zu Schmerzen, Hyperästhesien, Fieber und einem dermatombegrenzten Exanthem.

Kommt es im ersten oder zweiten Trimenon der Schwangerschaft zur Erstinfektion, kann sich ein kongenitales Varizellensyndrom entwickeln. Dieses äußert sich durch:

Zudem können sich bei einer Erkrankung der Mutter innerhalb von 5 Tagen vor der Geburt oder bis zu 48 Stunden danach perinatale Windpocken entwickeln. Das Neugeborene erhält transplazentar keine protektiven Antikörper. Aufgrund des unreifen Immunsystems kann es zu sehr schweren Verläufen kommen. Die Letalität beträgt bis zu 30 %.

6. Diagnostik

Die Diagnostik erfolgt vor allem mittels PCR im Bläschensekret und ELISA.

7. Therapie

Die Therapie erfolgt mit dem Nukleosidanalogon Aciclovir. Reservetherapeutika sind Valaciclovir, Famciclovir oder Brivudin. Zur Unterdrückung des Juckreizes werden häufig Antihistaminika wie Cetirizin eingesetzt.

8. Prophylaxe

VZV ist das einzige Herpesvirus, gegen das ein Impfstoff verfügbar ist.

8.1. Aktive Immunisierung

8.1.1. Varizellenimpfung

Die aktive Immunisierung erfolgt bei Kindern und Risikopatienten mit einem attenuierten VZV-Lebendimpfstoff im 11.-14. Lebensmonat. Er wird häufig mit der Masern-Mumps-Röteln-Schutzimpfung kombiniert. Der VZV-Lebendimpfstoff schützt jedoch nicht vor Zoster, da auch das Impfvirus persistieren und Zoster verursachen kann.

8.1.2. Herpes-Zoster-Impfung

Seit 2018 empfiehlt die STIKO die Impfung gegen Zoster mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-subunit-Totimpfstoff für alle Personen ab 60 Jahren als Standardimpfung. Für Personen ab 50 Jahren, die an chronischen Erkrankungen mit einem erhöhten Risiko für einen Zoster leiden, ist sie als Indikationsimpfung empfohlen. Gleiches gilt für immunsupprimierte bzw. immundefiziente Personen.

Die Impfung steigert die Immunreaktion gegen das persistierende VZV und soll so vor einer Reaktivierung und möglichen Komplikationen wie der Post-Zoster-Neuralgie schützen. Ein Schutz gegen die Primärinfektion mit VZV ist nicht gegeben. Aufgrund der hohen Durchseuchungsrate im Alter von 50 Jahren ist eine Kontrolle des Serostatus vor der Impfung vernachlässigbar.[1]

8.2. Passive Immunisierung

Die passive Immunisierung erfolgt für exponierte Schwangere und Neugeborene innerhalb von 48 Stunden mit Varizella-Zoster-Immunglobulin.

9. Quiz

10. Quellen

11. Bildquelle

  • Bildquelle für Flexikon-Quiz: ©Karolina Grabowska / Pexels

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