Katarakt
Synonyme: Linsentrübung, Grauer Star, Cataracta
Englisch: cataract
Definition
Bei der Katarakt handelt es sich um eine Trübung der Augenlinse. Die Katarakt gehört zur Gruppe der Stare. Die häufigste Form der Katarakt ist die Cataracta senilis, die im fortgeschrittenen Alter auftritt und auf einer Verlangsamung des Stoffwechsels innerhalb der Linse beruht.
ICD-10-Codes
- H25: Cataracta senilis
- H26: Sonstige Kataraktformen
- H28: Katarakt und sonstige Affektionen der Linse bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- Q12.0: Cataracta congenita
Epidemiologie
Die Katarakt gilt weltweit als die häufigste reversible Erblindungsursache, wobei ca. 95 Millionen Menschen betroffen sind.
Einteilung
...nach Ausprägung
- Cataracta incipiens (beginnende Form)
- Cataracta provecta (fortgeschrittene Form)
- Cataracta intumescens (Quellung der Linse durch Flüssigkeitsaufnahme)
- Cataracta matura (reife Form mit Erblindung)
- Cataracta hypermatura (Linsenschrumpfung)
...nach Lokalisation
- Cataracta nuclearis (Kernkatarakt)
- Cataracta corticalis (Rindenkatarakt)
- Cataracta subcapsularis (subkapsuläre Trübungen besonders hinten, häufig als sekundäre Katarakt z.B. bei Uveitis oder Glukokortikoidtherapie)
...nach Auftrittsalter
- Cataracta senilis (bei älteren Menschen)
- Cataracta praesenilis (bei jüngeren Menschen)
- Cataracta congenita (angeborene Katarakt)
...nach Ätiologie
- Cataracta diabetica (bei Diabetes mellitus)
- Cataracta tetanica (bei Hypokalzämie oder Hypoparathyreoidismus)
- Cataracta complicata (z.B. bei Uveitis, Glaukomanfall, ausgeprägter Myopie)
- Cataracta traumatica (nach Verletzungen)
- Cataracta radiationis (durch energiereiche Strahlung)
- Nachstar
- Kortisonkatarakt
Ursachen
Eine Katarakt kann angeboren sein oder im späteren Leben durch genetische Faktoren oder Umweltfaktoren ausgelöst werden ("erworbene Katarakt"). Bei der erworbenen Katarakt liegt häufig eine Kombination genetischer und äußerer Faktoren vor.
Die angeborene Katarakt kommt deutlich seltener als die erworbene Form vor. Eine typische Ursache ist die Rötelnembryopathie.
Genetisch bedingte Erkrankungen, bei denen eine Katarakt auftreten kann, sind u.a.:
- Galaktosämie
- Morbus Wilson
- Neurodermitis
- Vitiligo
- Ichthyosis bullosa Siemens
- Okulo-zerebro-renales Syndrom (OCRL)
- Norrie-Syndrom
Umweltfaktoren, die eine Katarakt auslösen oder begünstigen sind:
- Mangelernährung
- Strahlung
- Medikamente (vor allem Glukokortikoide)
- Drogen
- Augenverletzungen (Vossius-Ring)
- Starkstromverletzung
Auch bei einer ganzen Reihe von chronischen Stoffwechselerkrankungen, vor allem beim Diabetes mellitus kann eine Katarakt als Spätfolge auftreten.
Pathologie
Cataracta corticalis
Bei der häufigsten Kataraktform, der schnell fortschreitenden Rindenkatarakt (Cataracta corticalis), entstehen flüssigkeitsgefüllte Vakuolen, die eine Trübung der Linsenrinde auslösen. Der Wassergehalt der Linse ist also überdurchschnittlich. Diese Veränderungen können die anterioren und/oder posterioren Anteile der Linsenrinde betreffen. Die resultierende Trübung führt zu typischen keil- oder speichenförmigen Trübungen. Sie treten meist zuerst im inferonasalen Quadranten auf. Damit assoziiert ist eine Hyperopie.
Cataracta matura
Eine vollständige Eintrübung der Linsenrinde liegt bei der Cataracta matura vor. Durch den erhöhten Wasserinhalt kann die Linse anschwellen, sodass sich ein phakolytisches Glaukom entwickeln kann. Setzt sich dieses Geschehen bis zu einer Cataracta hypermatura fort, verflüssigt sich die weiche Rinde und wird absorbiert. Der Linsenkern sinkt nach kaudal und die Linsenkapsel schrumpft. Austretende Linsenproteine ziehen Makrophagen an, was letztendlich zu einer Blockade des Trabekelwerks führt.
Cataracta nuclearis
Die gelbliche Kernkatarakt (Cataracta nuclearis) beruht auf der altersbedingten Abnahme der Wasserkonzentration der Linse. Dabei kommt zu einer Ansammlung von unlöslichem Albuminoid. Die Transparenz und Elastizität der Linse ist vermindert. Die Kernkatarakt entsteht aus dem Inneren der Linse heraus und ist bei 95% der über 65-jährigen vorzufinden. Oft ist diese Erscheinungsform mit einer Myopie vergesellschaftet.
Kortisonkatarakt
Nach anhaltender Therapie mit Glukokortikoiden kann eine Kortisonkatarakt entstehen. Grundlage hierfür sind die vielfältigen Wirkungen der Glukokortikoide. Sie führen u.a. zu einer Hemmung der Glykolyse sowie zur Steigerung der Gluconeogenese. Der Blutzuckerspiegel nimmt somit deutlich zu. Im langsamen Stoffwechsel der Linse setzen Linsenfaserzellen Glucose über die Aldosereduktase NADPH-abhängig zu Sorbitol um.
Sorbitol ist osmotisch aktiv und führt zu einem veränderten Quellzustand der Linse. Aufgrund des NADPH-Bedarfs fehlt NADPH für den oxidativen Schutz, sodass normale UV-Strahlung schlechter kompensiert werden kann. Beide Prozesse führen zu einer Proteinaggregation und somit zum Transparenzverlust der Linse. Die aggregierten Proteine formen sich aus langlebigen Strukturproteinen der Linse, den Crystallinen. Die Glukokortikoide hemmen auch die Differenzierung der Linsenfaserzellen und ihre Faserproduktion, sodass sie entlang der Kapsel zum hinteren Pol der Linse wandern. Die Kortisonkatarakt liegt deshalb in der Regel subkapsulär im hinteren Linsenabschnitt vor.
Symptomatik
Die Symptomatik besteht vor allem aus der schleichenden Abnahme des Visus, die bis zur Erblindung fortschreiten kann. Je nachdem, ob der Kern oder die Rinde der Linse betroffen ist, können auch ein reduziertes Kontrastsehen, eine gesteigerte Blendempfindlichkeit, reduzierte Farbwahrnehmung sowie eine Brechkraftänderung auftreten. Schmerzen treten nicht auf.
Therapie
Es gibt keine medikamentöse Therapie, die einzig mögliche Kausaltherapie besteht in einer Katarakt-OP, bei der die trübe Linse gegen eine neue Kunstlinse ausgetauscht wird. In Deutschland werden jährlich über 400.000 dieser Eingriffe durchgeführt.
Das Operationsverfahren besteht aus drei Schritten:
- Kapsulorhexis: Eröffnung der Linsenkapsel
- Phakektomie oder Phakoemulsifikation: Entfernung des Linsenkerns oder Verflüssigung mit Ultraschall und Absaugung
- Einbringen einer Intraokularlinse (IOL)
Bei der Cataracta hypermatura stellt die Kataraktextraktion ebenfalls den Visus wieder her. Zudem wird die Entwicklung eines phakolytischen Glaukoms unterbunden.