H1-Rezeptorantagonist
Englisch: H1 receptor blocker
Definition
H1-Rezeptorantagonisten sind Arzneistoffe, die durch Bindung an Histamin-Rezeptoren vom Typ 1 die Wirkung des Histamins blockieren.
Pharmakologie
Die verschiedenen H1-Rezeptorantagonisten sind bezüglich ihrer chemischen Struktur heterogen aufgebaut.
Die therapeutisch angestrebte Wirkung ist die Hemmung der Histaminwirkung an den Schleimhäuten (Vasodilatation und Erhöhung der Gefäßpermeabilität), beispielsweise im Rahmen der allergischen Rhinokonjunktivitis.
Weiterhin wird die durch Histamin vermittelte Kontraktion der glatten Muskulatur (z.B. Bronchokonstriktion) gehemmt. Aufgrund der Wirkung einiger älterer H1-Rezeptor-Antagonisten auf H1-Rezeptoren des ZNS können diese auch wirksam als Antiemetikum und Hypnotikum eingesetzt werden.
Einteilung
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher H1-Rezeptorantagonisten, die sich bezüglich Wirkprofil und Pharmakokinetik erheblich unterscheiden. Bewährt hat sich die Gruppierung der H1-Rezeptorantagonisten in:
- H1-Rezeptorantagonisten der 1. Generation: Diese passieren die Blut-Hirn-Schranke in beträchtlichem Ausmaß und entfalten somit zentrale Wirkungen als Hypnotikum und Antiemetikum.
- H1-Rezeptor-Antagonisten der 2. Generation: Diese passieren die Blut-Hirn-Schranke nicht oder nur in geringfügigem Ausmaß, sodass zentrale Effekte ausbleiben. Sie weisen zudem eine höhere Selektivität bezüglich der Wirkung am H1-Rezeptor auf.
Substanzen
Folgend sind einige Vertreter der verschiedenen Generationen aufgeführt.
- 1. Generation
- 2. Generation
Die Leitsubstanzen der H1-Rezeptorantagonisten der 2. Generation sind Cetirizin und Loratadin. Neu entwickelte Substanzen weisen Unterschiede bezüglich der Resorptionseigenschaften, Plasmahalbwertszeiten und Wirkstärke auf. Beispielsweise sind Desloratadin und Levocetirizin die aktiven Metaboliten des Loratadins bzw. Cetirizins. Solche weiterentwickelte Substanzen werden auch gelegentlich einer 3. Generation zugeschrieben. Unter pharmakologischen Gesichtspunkten besteht jedoch lediglich die Einteilung in zwei Generationen.
Azelastin und Levocabastin reichern sich sehr gut in den Schleimhäuten an, wodurch sie sich besser zur Applikation in Form von Nasenspray oder Augentropfen eignen.
Gruppenspezifische Nebenwirkungen
Ältere H1-Rezeptorantagonisten weisen als wichtigste Nebenwirkung die zentrale Sedierung auf, die im Rahmen einer antiallergischen Therapie störend ist.
Generell können H1-Rezeptorantagonisten auch teilweise anticholinerg wirken und dadurch gastrointestinale Funktionsstörungen wie Diarrhö, Appetitlosigkeit, Obstipation, Mundtrockenheit und Reizhusten bewirken.
Wechselwirkungen
H1-Rezeptorantagonisten, welche durch CYP3A4 metabolisiert werden (Loratadin, Terfenadin), neigen eher zu Wechselwirkungen. Insbesondere die dem Terfenadin eigene Verlängerung der QT-Zeit (EKG) kann zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen, wenn gleichzeitig Hemmstoffe von CYP3A4 eingenommen werden (z.B. Makrolide, Grapefruitsaft).
Wechselwirkungen einzelner Substanzen sind in den entsprechenden Artikeln zu besprechen.
Anwendung
H1-Rezeptorantagonisten werden hauptsächlich zur Behandlung allergischer Erkrankungen eingesetzt. Dies kann über eine Gabe p.o. oder topische Applikation in Form von Nasensprays und Augentropfen erfolgen.
Topische Applikationsformen (z.B. als Gel) werden auch zur symptomatischen Behandlung des histaminvermittelten Pruritus (z.B. nach Mückenstich) eingesetzt. H1-Rezeptor-Antagonisten der 1. Generation sind als rezeptfreie Hypnotika und Antiemetika im Handel.
Ein weiteres klinisches Anwendungsgebiet der H1-Rezeptorantagonisten ist die prophylaktische Gabe vor Anwendung von potentiell Histamin freisetzenden Mitteln, beispielsweise im Rahmen einer Kontrastmittelgabe vor radiologischen Untersuchungen. Ebenso werden H1-Rezeptorantagonisten als Ergänzung zu Adrenalin und Glukokortikoiden bei der Behandlung der Anaphylaxie verabreicht.