Blutentnahme
Synonyme: Blutabnahme, BE
Englisch: blood sampling, BS
Definition
Unter Blutentnahme versteht man das Gewinnen von Blut aus einem Blutgefäß. Sie kann durch Gefäßpunktion oder durch Entnahme aus einem liegenden peripheren oder zentralen, venösen oder arteriellen Zugang erfolgen.
Indikationen
Für Blutentnahmen sind vielfältige Indikationen bekannt. Meistens erfolgen Blutentnahmen zur Diagnostik und Verlaufskontrolle, jedoch auch im Rahmen von Präventionsmaßnahmen oder zur Blutspende. Auch der Aderlass als therapeutische Blutentnahme ist heute noch gelegentlich indiziert.
Arten
Venöse Blutentnahme
Die Blutentnahme aus einer Vene (Venenpunktion) ist das Standardverfahren zur Blutentnahme, bei der mittels einer Hohlnadel und Punktion eines venösen Blutgefäßes Blut entnommen wird. Die Einstichstelle wird vor der Punktion mit einem Alkoholtupfer desinfiziert.
In der Regel werden die Vena mediana cubiti oder die Vena cephalica am Unterarm als Punktionsstellen gewählt. Theoretisch kann man jedoch aus allen oberflächlichen oder tieferen Venen Blut gewinnen.
Ein Sonderfall der venösen Blutentnahme ist die Etagenblutentnahme.
Kapilläre Blutentnahme
Die Blutentnahme aus einer Kapillare (Kapillarblutgewinnung) ist ein weit verbreitetes Verfahren zur Gewinnung kleinerer Blutmengen. Sie erfolgt unter anderem zu Bestimmung des Blutzuckers (BZ) oder der Sauerstoffsättigung des Blutes.
Kapillarblut gewinnt man am besten aus gut durchblutetem Gewebe, z.B. aus der Fingerbeere oder aus dem Ohrläppchen. Verwendet werden Stechhilfen, die einen schnellen und somit schmerzarmen Stich setzen und die Eindringtiefe ins Gewebe standardisieren.
Diese Prozedur ist einfach und dank moderner Blutzuckermessgeräte von den meisten Patienten zuhause selbst durchführbar. In der Pädiatrie sind kapilläre Blutentnahmen ein eleganter Weg, um die Anzahl der von den Kindern schmerzhafter empfundenen venösen Blutentnahmen zu minimieren.
Arterielle Blutentnahme
Die arterielle Blutentnahme dient zur Durchführung einer Blutgasanalyse (BGA). Durch arterielle Punktion, meist der Arteria radialis oder der Arteria iliaca, wird Blut gewonnen. Zur Entnahme können spezielle abgedichtete Einwegkapillaren verwendet werden, jedoch kann aus Kostengründen auch mit einer normalen, heparinisierten Spritze punktiert und arterielles Blut abgezogen werden.
Die arterielle Blutentnahme ist deutlich invasiver als eine Venenpunktion. Das Risiko einer Nachblutung ist im Hochdrucksystem höher, auch die Folgen einer arteriellen Thrombose sind schwerwiegender. Bei guter Entnahmetechnik ist eine kapilläre BGA ähnlich aussagekräftig wie eine arterielle BGA.
Abnahme aus peripheren Zugängen
Eine Blutentnahme aus liegenden Verweilkathetern sollte nur erfolgen, wenn eine periphere Venenpunktion nicht möglich ist. Aus Zugängen abgenommenes Blut erzeugt präanalytische Probleme, z.B. Verdünnung mit Infusionslösungen oder Kontamination mit Heparin, das zur Blockung des Katheters verwendet wurde. Es besteht ein Risiko, dass der Verweilkatheter durch Blutgerinnsel verstopft. Außerdem erhöht die Kontamination des Katheterlumens mit Blut die Gefahr einer katheter-assoziierten Infektion.
Abnahme aus zentralen Zugängen
Eine Blutabnahme kann auch aus einem einliegenden zentralvenösen Zugang – wie beispielsweise einem zentralen Venenkatheter oder einem Portsystem – erfolgen. Wichtig ist hierbei, dass keine Luft in das Kathetersystem gelangt. Außerdem ist ein besonders hygienisches Arbeiten erforderlich. Während der Blutabnahme darf keine Infusion laufen. Vor der eigentlichen Blutabnahme muss eine gewisse Menge Blut aspiriert und verworfen werden, um eine Verdünnung des zur Analytik abgenommenen Blutes mit Infusionslösung auszuschließen. Nach der Blutabnahme ist eine Spülung des benutzten Katheterlumens notwendig (z.B. mit steriler isotoner Kochsalzlösung), damit dort kein Blut verbleibt.
Patientenidentifikation
Vor der Blutentnahme müssen die Blutentnahmeröhrchen eindeutig beschriftet werden. Hierzu werden überwiegend vorgefertigte Etiketten benutzt, welche die Patientendaten und eine Probennummer enthalten. Damit wird dem "Wrong Blood in Tube"-Fehler vorgebeugt.
Probenaufbereitung
Das entnommene Blut wird bis zur Untersuchung in Blutentnahmeröhrchen mit speziellen Zusätzen aufbewahrt. Je nach angeforderter Untersuchung muss das Blut in die richtigen Röhrchen abgenommen werden. Zu den verwendeten Zusätzen gehören:
- Gerinnungsbeschleuniger oder kein Zusatz - Serum (z.B. CRP, Elektrolyte)
- EDTA, (z.B. Blutbild, FISH)
- Citrat, (z.B. PTT, Quick-Wert)
- Heparin (z.B. Chromosomenanalyse)
- Spezialröhrchen (z.B. für Homocystein, Thrombozytenzahl bei EDTA-Pseudothrombozytopenie, Spurenelemente)
- Nährmedien - Blutkulturflaschen
Bei einigen Laborparametern sind weitere präanalytische Maßnahmen erforderlich, zum Beispiel sofortiges Zentrifugieren und Tieffrieren oder eine Warmblutprobe.
Klinik
Regelmäßige Blutentnahmen in kurzen Zeitabständen können eine Anämie verursachen. Dies ist insbesondere ein Problem in der Neonatologie, aber auch in der Erwachsenenmedizin. Die Gesamtmenge an entnommenen Blutproben kann auf einer Intensivstation 500 ml pro Woche erreichen. In einer Veröffentlichung aus dem Jahre 2014 schätzt der Autor den Blutverlust zu diagnostischen Zwecken in der "westlichen Welt" auf 25 Millionen Liter im Jahr. Hierfür wird der Begriff "hospital acquired anemia" verwendet.
Rechtliche Aspekte
Blutentnahme durch Nicht-Ärzte
Blutentnahmen müssen nicht zwingend von einem Arzt durchgeführt werden, sondern dürfen an qualifiziertes nichtärztliches Personal delegiert werden. Das fällt unter das Direktions- bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers. Die Grundlagen für die Delegation sind zwar nicht exakt rechtlich geregelt, jedoch ist in der Rechtssprechung anerkannt, dass ein persönliches Eingreifen des Arztes nur dann zu fordern ist, "wo die betreffende Tätigkeit gerade beim Arzt eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten voraussetzt."
In der Regel wird die Blutentnahme in Kliniken und Praxen deshalb von Famulanten und PJ-Studenten oder von entsprechend ausgebildetem Pflegepersonal bzw. Arztassistenten durchgeführt. Es wird aber die Anwesenheit bzw. kurzfristige persönliche Erreichbarkeit eines weisungsbefugten Arztes gefordert.
Zwangsweise Blutentnahme
In Deutschland ist eine zwangsweise Blutentnahme nach § 81a der Strafprozessordnung möglich. Sie darf nur auf Anordnung eines Richters durch einen approbierten Arzt durchgeführt werden. In Ausnahmefällen (z.B. bei Verdacht auf Straftaten unter Alkohol- oder Drogeeneinfluss) dürfen auch die Staatsanwaltschaft oder Ermittlungsbehörden (z.B. Polizisten) die Blutentnahme anordnen. Die Blutentnahme kann dann auch gegen den Willen des Beschuldigten erfolgen - notfalls unter Einsatz körperlicher Gewalt.
In Österreich und der Schweiz sind die Regeln enger gefasst.
um diese Funktion zu nutzen.