Allergische Kontaktdermatitis
Synonyme: Kontaktallergie, allergisches Kontaktekzem
Englisch: allergic contact dermatitis, ACD
Definition
Die allergische Kontaktdermatitis, auch allergisches Kontaktekzem genannt, ist eine entzündliche Hautveränderung (Ekzem), die durch eine allergische Reaktion vom Typ IV (Typ-IV-Allergie, "verzögerter Typ") ausgelöst wird.
Epidemiologie
Mit einer Lebenszeitprävalenz von etwa 15 % zählen Kontaktallergien zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Die Häufigkeit ist durchaus auf dem Niveau einer Volkskrankheit, wie zum Beispiel des Diabetes mellitus. Der "Vorteil" einer Kontaktallergie gegenüber anderen chronischen Erkrankungen ist jedoch, dass bei konsequenter Allergenkarenz Symptomfreiheit besteht.
Auslöser
Stoffe bzw. Substanzen, die eine allergische Kontaktallergie auslösen, bezeichnet man als Kontaktallergene. Viele im Alltagsleben gebräuchliche und anzutreffende Stoffe können eine allergische Kontaktdermatitis auslösen. Dabei kann es sich ebenso um Naturstoffe handeln, wie um chemisch bzw. synthetisch hergestellte Substanzen.
Wichtige Antigene sind Nickelsulfat (häufigstes Allergen, in Schmuck, BH-Verschlüssen, Brillengestellen, Hosenknöpfen, etc.), Chromsalze (Bestandteil von vielen Baustoffen und Leder), Kobaltchlorid (Bestandteil von Zement und Farben), Arzneistoffe (Antibiotika), diverse Naturstoffe (z.B. Latex), Formaldehyd und viele mehr.
Ätiopathogenese
Bei vielen Kontaktallergenen handelt es sich um niedermolekulare Haptene (z.B. Nickel), die erst nach Reaktion mit körpereigenen Proteinen zu Allergenen werden. Der dabei entstehende Komplex verfügt über die notwendigen molekularen Eigenschaften, um vom Immunsystem als Antigen erkannt werden. Im Rahmen der komplexen immunologischen Abläufe werden u.a. die T-Zellen (T-Lymphozyten) sensibilisiert.
Beim Erstkontakt kommt es zunächst zu einer klinisch stummen Sensibilisierungsphase, bei der lediglich leichtere Hautirritationen auftreten. Bei erneutem direkten oder indirekten Kontakt mit dem Antigen bildet sich dann in der Auslösephase mit einer Verzögerung von 24 bis 72 Stunden eine manifeste allergische Kontaktdermatitis aus.
Klinik
Die allergische Kontaktdermatitis ist initial auf die Kontaktstelle begrenzt. Einige Stunden nach Allergenkontakt präsentiert sie sich als stark juckende, meist unscharf begrenzte, Effloreszenz. Bei andauerndem Allergenkontakt können sich Streuherde ausbilden.
Verlauf
Der klinische Verlauf ist abhängig von Sensibilisierungsgrad, Penetranz und Einwirkdauer des Allergens. Man unterscheidet die drei Verlaufsformen akut, subakut und chronisch.
Akute Form
Bei hohem Sensibilisierungsgrad und hoher Penetranz zeigt sich im Idealfall ein akuter phasenhafter Verlauf mit folgenden Stadien:
- Stadium erythematosum (Rötung)
- Stadium oedematosum (Schwellung)
- Stadium papulo-vesiculosum (Knötchen und Vesikeln)
- Stadium madidans (Nässen)
- Stadium crustosum (Krusten)
Subakute Form
Bei mittlerem Sensibilisierungsgrad und mäßiger Penetranz kommt es zu einem subakuten Verlauf mit vielgestaltigen Effloreszenzen, u.a. Erythemen, Ödemen, Papeln (Knötchen) Vesikeln (Bläschen) und Schuppung.
Chronische Form
Ein fortdauernder Allergenkontakt bei geringer Sensibilisierung und Penetranz unterhält eine chronische Kontaktdermatitis mit trockenem Ekzem, ausgeprägter Lichenifikation, Rhagaden, Hyperkeratose und geringem Erythem.
Prädilektionsstellen
Körperregion | Allergen | Mögliche Auslöser |
---|---|---|
Gesicht | Konservierungsmittel, Duftstoffe, Pflanzenstoffe | Kosmetika, Sonnenschutzmittel |
Kopfhaut | Phenylendiamin, Ammoniumpersulfat u.v.a. | Haarfärbemittel, Tönungen |
Periorbitalregion | Konservierungsmittel, Duftstoffe, Arzneistoffe, Metallionen, Weichmacher | Kosmetika, Augentropfen, Brillen |
Perioralregion | Kunststoffe, Latex | Schnuller, Flaschensauger usw. |
Ohren | Nickel, Kobalt, Konservierungsmittel | Ohrschmuck, Ohrentropfen |
Gesicht, Dekolleté, Hände | aerogene Kontaktallergene | Lacke, Aerosole, Stäube |
Handgelenke | Nickel, Kobalt, Kaliumdichromat, Weichmacher | Schmuck, Uhren, Armbänder |
Achseln | Duftstoffe, Konservierungsmittel | Deodorantien |
Brust | Textilfarbstoffe, Kleber, Nickel | Büstenhalter |
Arme | Konservierungsmittel, Inhaltsstoffe, Duftstoffe | Körperpflegeprodukte, Sonnenschutzmittel |
Beine | Textilfarbstoffe | Hosen |
Oberschenkel | Kunststoffe, Kunstharze, Desinfektionsmittel | Toilettensitze, Haushaltsreiniger |
Unterschenkel | Pflanzenstoffe, Weichmacher, Kaliumdichromat, Gummi-Inhaltsstoffe | Gräser, Schienbeinschoner, Strümpfe, Lederstiefel |
Nabel | Nickel, Kobalt | Piercings |
Subumbilikalregion | Nickel, Kobalt | Hosenknöpfe, Gürtelschnallen |
Windelbereich | Konservierungsmittel, Duftstoffe, Klebstoffe | Windeln, Körperpflegeprodukte |
Perianalregion | Arzneistoffe, Lubrikantien, Duftstoffe | Suppositorien, Gleitmittel, Toilettenpapier |
Füße | Gummi-Inhaltsstoffe, Kaliumdichromat | Schuhe, Strümpfe, Sandalen |
Diagnostik
- Anamnese, Berufsanamnese und genaue Erhebung der Lokalisation der Dermatitis zur Identifikation des auslösenden Kontaktallergens
- Nachweis einer Kontaktallergie durch einen Epikutantest
Differentialdiagnosen
Therapie
Die Therapie der Wahl ist die – wenn möglich – vollständige Vermeidung des auslösenden Kontaktallergens. Es existieren heutzutage für zahlreiche Substanzen entsprechende Ersatzstoffe für Allergiker. Bei Vermeidung der auslösenden Allergene bildet sich die Erkrankung selbstlimitierend im Laufe der Zeit zurück.
Alkalische Seifen und Waschmittel reduzieren den Lipidfilm der Haut und können das Symptombild verschlechtern. Die Haut sollte daher mit ölhaltigen Zusätzen und unter Verwendung rückfettender Cremes gereinigt werden.
Die medikamentöse Therapie erfolgt mit glukokortikoidhaltigen Salben oder Cremes, ggf. mit Zusatz von Keratolytika wie Salizylsäure oder Harnstoff. Der Einsatz muss umsichtig erfolgen, nicht im Sinne einer Symptomkaschierung. Bei dauerhafter topischer Glukokortikoidanwendung kommt es zur Hautatrophie. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Steroidexterna selbst eine allergische Kontaktdermatitis unterhalten können.
Ggf. helfen Antihistaminika und Phototherapie. Im Gegensatz zu einer Allergie vom Soforttyp gibt es keine Möglichkeit der Desensibilisierung.