Oxfendazol
Synonym: Methyl-(5-phenylsulfinyl)-2-benzimidazolcarbamat
Handelsname: Systamex®
Englisch: oxfendazole, oxfenbendazole, oxphendazole
Definition
Oxfendazol ist ein Arzneistoff aus der Klasse der Benzimidazole, der in der Veterinärmedizin als Endoparasitikum verwendet wird.
Chemie
Oxfendazol hat die Summenformel C15H13N3O3S und ein Molekulargewicht von 315,35 g/mol. Die Löslichkeit ist stark vom Umgebungs-pH-Wert abhängig und beträgt bei saurem Milieu (pH 2,2) mehr als 44,12 µ/ml.
Klassifizierung
Oxfendazol ist das aktive Sulfoxid des Fenbendazol und gehört zu den Benzimidazolen. Als Antiparasitikum (Breitband-Anthelmintikum) wird es vor allem bei Magen-Darm-Nematoden, Cestoden und Giardien beim Hund eingesetzt.
Eigenschaften
Vertreter der Benzimidazole sind langsam wirkende Anthelmintika, deren Bioverfügbarkeit sowie anthelmintische Wirkung weniger von der maximalen Wirkstoffkonzentration, als vielmehr von der Persistenz der Wirkstoffspiegel im Gastrointestinaltrakt und im Blut des Wirtes abhängt. Als Voraussetzung für die volle Wirksamkeit der Medikamente gilt eine genügend lange Kontaktzeit mit den Parasiten.
Da bei Wiederkäuern und Pferden die aufgenommene Nahrung im Pansen (Wiederkäuer) bzw. Caecum (Pferd) vergleichsweise lange verweilt, ist die Wirksamkeit der Benzimidazole generell höher, als bei Monogastriern (insbesondere Fleischfresser). Bei Fleischfressern weisen Benzimidazole nach einmaliger Applikation eine geringe oder nur unzureichende Wirksamkeit auf. Aufgrund der kurzen Darmpassagezeit liegt eine deutlich niedrigere Bioverfügbarkeit vor. Erst durch mehrere aufeinanderfolgende Gaben relativ hoher Dosierungen kann auch bei Monogastriern die Wirksamkeit der Benzimidazole gesteigert werden.
Wirkmechanismus
Benzimidazole wirken, indem sie an das Tubulin von Parasitenzellen binden. Tubulin stellt den Hauptbestandteil der Mikrotubuli dar, die wiederum an wichtigen Funktionen und Strukturen der Helminthenzellen beteiligt sind. So sind Mikrotubuli u.a. für den Aufbau des Zytoskeletts und des mitotischen Spindelapparate sowie für den Nährstofftransport innerhalb der Zelle verantwortlich. Da zwischen den polymeren Mikrotubuli und dem dimeren Tubulin ein dynamisches Gleichgewicht besteht, wird diese Balance durch eine Reihe endogener Regulatorporteine und Cofaktoren kontrolliert. Durch Mikrotubulininhibitoren, zu denen die Benzimidazole gehören, kann dieses Gleichgewicht maßgeblich gestört werden.
Indem verschiedene Stoffe an das freie Tubulin binden, wird die Polymerisation von Tubulin zu Mikrotubuli gehemmt, wobei gleichzeitig die Depolymerisation am anderen Ende der Mikrotubuli unverändert weiterläuft. Auf diese Weise verlieren die Mikrotubuli an Länge, was eine Beeinträchtigung lebenswichtiger Vorgänge innerhalb der Parasitenzelle zur Folge hat. Neben der gestörten Ausbildung des Zytoskeletts kommt es zu einer Verminderung der Aufnahme sowie des intrazellulären Transportes von Nährstoffen und Stoffwechselsubstraten. Die deutlich verminderte Glucoseaufnahme führt zu einem gesteigerten Verbrauch von Glykogen. Da die Adenosintriphosphat-Synthese durch den Glucosemangel stark reduziert wird, stirbt der Parasit nach Ausschöpfung der Reserven nach etwa 2 bis 3 Tagen ab.
Benzimidazole besitzen neben einer breitgefächerten anthelmintischen auch eine ovizide Wirkung. Diese beruht auf einer Hemmung der Spindelbindung sowie Mikrotubuli-abhängiger Prozesse mit daraus resultierender Störung des Metabolismus während der Embryogenese der Parasiten.
Pharmakokinetik
Oxfendazol wird nach oraler Applikation langsam aber umfangreich resorbiert. Nachdem Oxfendazol oral eingegeben wurde, stellt sich im Pansen ein Gleichgewicht zwischen dem in der Flüssig- und Partikulärphase verteilten Oxfendazol ein. Im weiteren Verlauf hat die Passagegeschwindigkeit der Ingesta durch den anschließenden Gastrointestinaltrakt großen Einfluss auf die Absorption und Bioverfügbarkeit von Oxfendazol und seiner Metaboliten. Eine verlangsamte Passage erhöht deutlich die Absorptionsrate und die Kontaktzeit mit den Parasiten und damit auch die Wirksamkeit von Oxfendazol. Durch das große Volumen und der langen Verweildauer der Ingesta im Pansen sind Benzimidazole vor allem bei Wiederkäuern äußerst wirksam.
Oxfendazol wird nach einer Pour-on-Applikation auch über die Haut resorbiert.
Oral verabreichtes Oxfendazol wird in der Leber und im Pansen teilweise zum ebenfalls wirksamen Thiometaboliten Fenbendazol reduziert. Da dieser Vorgang reversibel ist, kann Fenbendazol in der Leber wieder zu Oxfendazol oxidiert werden. In einem weiteren, jedoch deutlich langsamer ablaufenden Schritt wird Oxfendazol in der Leber irreversibel zu inaktiven Sulfonmetaboliten oxidiert. Sowohl die Muttersubstanz als auch die Metaboliten werden zu etwa 60 % über die Galle in den Darm zurück sezerniert, sodass besonders beim Wiederkäuer lange anthelmintisch wirksame Konzentrationen aufrecht erhalten bleiben.
Da Oxfendazol ein großes Verteilungsvolumen besitzt, ist es neben dem Magen-Darm-Trakt auch in der Lunge und in den Atemwegen zu finden. Die Ausscheidung des Oxfendazol mitsamt seinen Metaboliten erfolgt zum Großteil (etwa 80 %) mit dem Kot und zu weniger als 1 % mit der Milch.
Indikationen
Tierart | Organsystem | Gruppe | Parasiten |
---|---|---|---|
Rind | Gastrointestinaltrakt | Nematoden | Haemonchus spp., Ostertagia spp., Trichostrongylus spp., Cooperia spp., Nematodirus spp., Bunostomum spp., Oesophagostomum spp. |
Cestoden | Moniezia spp. | ||
Respirationstrakt | Nematoden | Dictyocaulus spp. | |
Kleine Wiederkäuer | Gastrointestinaltrakt | Nematoden | Trichostrongyliden, Haemonchus spp., Ostertagia spp., Trichostrongylus spp., Cooperia spp., Nematodirus spp., Oesophagostomum spp., Strongyloides papillosis, Chabertia ovina, Trichuris spp., Nematodirus battus |
Cestoden | Moniezia spp. | ||
Respirationstrakt | Nematoden | Dictyocaulus spp., Muellerius capillaris | |
Pferd | Gastrointestinaltrakt | Nematoden | Parascaris equorum, große und kleine Strongyliden, Oxyuris equi, Trichostrongylus axei, Strongylus edentatus (L4) |
Kardiovaskuläres System | Nematoden | Strongylus vulgaris (L4) | |
Augen | Nematoden | Thelazia lacrymalis |
Dosierung
Tierart | Anwendung | Dosis |
---|---|---|
Rind | topisch | 13,5 mg/kgKG als Pour-on |
oral | 5-6,75 mg/kgKG | |
Schaf | oral | 5 mg/kgKG |
Ziege | oral | 10 mg/kgKG |
Pferd | oral | 10 mg/kgKG |
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Bei Wiederkäuern führt eine Verringerung der Futtermenge um 50 % (36 Stunden vor bis 8 Stunden nach der Applikation) durch eine Verlangsamung der Passagegeschwindigkeit der Ingesta zu einer Erhöhung der relativen Bioverfügbarkeit der Benzimidazole. Auf diese Weise kann eine zusätzliche Steigerung der Effizienz gegen intestinale Parasiten erzeugt werden.
Kontraindikationen
Geschwächte sowie kranke Pferde sollten nur mit erhöhter Vorsicht mit Oxfendazol behandelt werden. Aufgrund fehlender Kenntnisse sollte Oxfendazol nicht bei trächtigen Stuten sowie Hündinnen angewendet werden.
Nebenwirkungen
Bei einer Applikation der 4,5-fachen therapeutischen Dosis von Oxfendazol konnte beim Schaf eine teratogene Wirkung nachgewiesen werden. Außerdem kann es bei besonders hohen Dosierungen durch Antigenfreisetzung absterbender Parasiten zu einer Überempfindlichkeitsreaktion des Wirtes kommen.
Wechselwirkungen
Oxfendazol sollte aufgrund von Wechselwirkungen nicht zusammen mit Dichlorvos (Organophosphat), Bromsalan (Fasziolizid) und Parbendazol (Benzimidazol) angewendet werden.
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