Hirnnervenparese
Synonyme: Hirnnervenläsion, Hirnnervenlähmung
Englisch: cranial nerve paralysis, cranial nerve palsy
Definition
Als Hirnnervenparese bezeichnet man den Ausfall der motorischen Anteile eines Hirnnerven, im weiteren Sinn auch den Ausfall anderer Faserqualitäten.
Nomenklatur
Die Benennung von Hirnnervenausfällen ist in der Literatur uneinheitlich und teilweise verwirrend. Der Begriff "Parese" bezeichnet den Ausfall der Willkürmotorik und trifft daher eigentlich nur für rein somatomotorische bzw. speziell-viszeromotorische Hirnnerven zu. Abweichend davon schließt die Bezeichnung "Hirnnervenparese" bei gemischten Hirnnerven auch Funktionsausfälle anderer Faserqualitäten ein.
Die Symptomkonstellationen, die mit dem Ausfall eines oder mehrerer Hirnnerven verbunden sind, werden auch als "Hirnnervensyndrome" bezeichnet.
Ätiologie
Eine Hirnnervenparese entsteht durch eine Schädigung des betreffenden Hirnnervs, die entweder zentral im Kerngebiet oder im peripheren Verlauf lokalisiert ist. Mögliche Ursachen für Nervenläsionen sind u.a.:
Infektionen / Entzündungen | |
Traumen | |
Noxen | |
Vaskulär | |
Tumoren | |
Metabolisch | |
Neurologisch | |
Kongenital | |
Idiopathisch |
Klinik
Okulomotoriusparese
Eine vollständige Okulomotoriusparese ruft das klinische Erscheinungsbild der Ophthalmoplegia totalis hervor. Hierbei kommt es zum Ausfall der äußeren Augenmuskulatur bis auf den Musculus rectus lateralis und Musculus obliquus superior. Klinisch zeigt sich folgend ein nach unten, außen gerichtetes Auge mit Mydriasis und Ptosis durch den zusätzlichen Ausfall des Musculus sphincter pupillae und Musculus levator palpebrae superioris.
Trochlearisparese
Eine Trochlearisparese führt zum Ausfall des Musculus obliquus superior und imponiert klinisch insbesondere in einer fehlenden Blicksenkung bei Adduktion. Zur Reduktion der Doppelbilder neigen Patienten häufig ihren Kopf zur gesunden Seite (Bielschowsky-Phänomen).
Trigeminusläsion
Bei einer Trigeminusläsion kommt es zur Lähmung der Kaumuskulatur sowie zu Sensibilitätsstörungen der Gesichtshaut und/oder zum Ausfall des Kornealreflexes.
Abduzensparese
Eine Läsion des Nervus abducens (Abduzensparese) führt zu einem Ausfall des Musculus rectus lateralis und zeigt sich klinisch durch ein nach innen abweichendes Auge mit kompensatorischer Kopfdrehung zur betroffenen Seite.
Fazialisparese
Die Fazialisparese wird je nach Lokalisation in zentral und peripher eingeteilt.
- zentrale Fazialisparese: Durch das Kreuzen der Fasern des Nervus facialis imponiert die zentrale Fazialisparese mit einem Ausfall der mimischen Muskulatur der kontralateralen Seite bei intaktem Lidschluss und Stirnrunzeln.
- periphere Fazialisparese: Bei der peripheren Fazialisparese kommt es zum kompletten Ausfall der mimischen Muskulatur auf der ipsilateralen Seite.
Glossopharyngeusparese
Eine vollständige Läsion des Nervus glossopharyngeus (Glossopharyngeusparese) imponiert klinisch mit einem Ausfall der Geschmacksempfindung im hinteren Zungendrittel, einer Hypästhesie im hinteren Drittel der Zunge und des Rachens und einer Deviation des Gaumensegels zur gesunden Seite (Kulissenphänomen). Ein isolierter Ausfall ist selten.
Vagusparese
Die Läsion des Nervus vagus (Vagusparese) zeigt sich in einem ipsilateral herabhängenden Gaumensegel mit Ablenkung der Rachenhinterwand zur gesunden Seite (Kulissenphänomen). Die Recurrensparese zieht ein häufiges Verschlucken durch fehlenden Verschluss der Epiglottis und Heiserkeit nach sich. Bei beidseitiger Lähmung kann es zu einer Dyspnoe kommen.
Accessoriusparese
Eine Läsion des Nervus accessorius (Accessoriusparese) äußert sich klinisch durch einen Ausfall des Musculus sternocleidomastoideus und des Musculus trapezius.
Hypoglossusparese
Eine Läsion des Nervus hypoglossus (Hypoglossusparese) führt zur Lähmung der Zungenmuskulatur und folgender Atrophie der betroffenen Zungenseite. Die Folge ist eine Deviation der Zunge zur kranken Seite.
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Literatur
- Mattle, H. (2015). Kurzlehrbuch Neurologie (4. vollständig überarbeitete Aufl.). Thieme.
- Thurnher et al: (2011) Hirnnervenlähmung. In: HNO-Heilkunde. Springer, Vienna. doi.org/10.1007/978-3-211-88985-5_12
- RKI-Ratgeber - Lyme-Borreliose, abgerufen am 10.01.2022
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: ©Robina Weermeijer / Unsplash