Glossopharyngeusparese
Synonym: Glossopharyngeuslähmung
Englisch: glossopharyngeal palsy
Definition
Die Glossopharyngeusparese ist die Lähmung (Parese) des Nervus glossopharyngeus (IX. Hirnnerv). Der Nervus glossopharyngeus fällt nur selten isoliert aus.
Hintergrund
Der Nervus glossopharyngeus versorgt die Rachenmuskulatur speziell-viszeromotorisch und führt zudem allgemein-somatosensible, allgemein-viszeromotorische, allgemein-viszerosensible und speziell-viszerosensible Fasern.
Er hat verschiedene Kerngebiete:
- Nucleus spinalis nervi trigemini: Kerngebiet für allgemein-somatosensible Fasern
- Nucleus salivatorius inferior: Kerngebiet für allgemein-viszeromotorische Fasern
- Nucleus ambiguus: Kerngebiet für speziell-viszeromotosche Fasern
- Nucleus tractus solitarii: Kerngebiet für allgemein- und speziell-viszerosensible Fasern
Die Kerngebiete sind alle in der Medulla oblongata gelegen, der Nucleus tractus solitarii reicht zudem in den Pons.
Der Nervus glossoopharyngeus innerviert sensibel das hintere Zungendrittel, den weichen Gaumen, das Mittelohr sowie den Nasopharynx und die Tonsillen. Er ist für das Geschmacksempfinden im hinteren Drittel der Zunge zuständig. Motorisch versorgt er Teile der Schlundmuskulatur (z.B. Musculus stylopharyngeus). Der Nerv führt parasympathische Fasern zur Versorgung der Ohrspeicheldrüse. Zudem ziehen afferente Fasern zum Glomus caroticum.
Einteilung
Wie bei anderen Hirnnervenparesen kann die Glossopharyngeusparese nach der Lokalisation der Läsion in eine zentrale, nukleäre und periphere Parese eingeteilt werden. Eine zentrale Läsion der kortikobulbären Fasern hat meist keine klinisch relevante Folge. Bei nukleären Läsionen ist eine Störung einzelner Kerngebiete mit entsprechender Symptomatik möglich.
Ätiologie
EIne Schädigung des Nervus glossopharyngeus kann verschiedene Ursachen haben, darunter:
- Traumata oder Raumforderungen wie Tumore (inklusive Meningeosis carcinomatosa), Aneurysmata oder Syringobulbie
- ischämische Läsionen (Wallenberg-Syndrom), Blutungen oder lokale Entzündungsherde (z.B. bei Multipler Sklerose) im Bereich der Kerngebiete
- Infektionen, z.B. HIV, Tuberkulose, Syphilis, Borreliose oder Meningitis
- iatrogen nach Operationen im Halsbereich oder nach Intubation
- entzündliche Erkrankungen, z.B. Amyloidose, Sarkoidose, Miller-Fisher-Syndrom, Enzephalitis
Symptome
Eine isolierte Läsion des Nervus glossopharyngeus ist selten. Häufig sind z.B. der Nervus vagus und der Nervus accessorius ebenfalls betroffen, da sie gemeinsam durch das Foramen jugulare ziehen.
Ein Ausfall des Nervus glossopharyngeus äußert sich durch folgende Symptome:
- Kulissenphänomen mit Verlagerung des Gaumensegels zur gesunden Seite (bei isolierter Glossopharyngeusschädigung oft nicht zu beobachten, da eine Mitinnervation durch andere Nerven gewährleistet ist).
- (subjektive) Dysphagie, Nahrungsaustritt durch die Nase
- gestörter Würgereflex, Hypästhesie im Bereich des weichen Gaumens, Nasopharynx und Mittelohrs
- Ausfall des Geschmackssinns im hinteren Zungendrittel (insbesondere die Geschmacksqualität "bitter")
- Störung des Karotissinusreflex
Eine zentrale Läsion der kortikobulbären Fasern zu den Kerngebieten des Nervus glossopharyngeus hat meist keine klinische Relevanz, da der Nervus glossopharyngeus vorwiegend sensible Funktionen hat und das Gaumensegel durch weitere benachbarte Nerven innerviert wird.
Diagnostik
Im Vordergrund steht zunächst die klinisch neurologische Untersuchung. Der zeitliche Verlauf bzw. das Vorliegen von Traumata o.ä. geben erste Hinweise auf die Ätiologie.
Zur weiteren diagnostischen Einordnung kommen je nach Verdachtsdiagnose verschiedene bildgebende Verfahren (MRT, CT) oder weitere Untersuchungen wie eine Lumbalpunktion zum Einsatz.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Bei persistierenden Beschwerden ist eine logopädische Therapie indiziert.
Literatur
- Hopf et al., Referenz-Reihe Neurologie: Klinische Neurologie: Erkrankungen der Hirnnerven, Thiemeverlag, 1. Edition 2006
- Neurologienetz.de – Nervus glossopharyngeus Parese (ICD-10 G52.1), abgerufen am 16.05.2024
- Hacke et al., Neurologie, Springer Verlag, 14. Auflage, 2015
- Thomas et al., Neuroanatomy, Cranial nerve 9 (Glossopharyngeal), StatPearls, abgerufen am 16.05.2024
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