Wallenberg-Syndrom
nach dem deutschen Arzt Adolf Wallenberg (1862-1949)
Synonyme: Dorsolaterales Medulla-oblongata-Syndrom, laterales medulläres Syndrom, (Viesseaux-)Wallenberg-Foix-Syndrom, PICA-Syndrom, Vertebralarteriensyndrom
Englisch: Wallenberg's syndrome
Definition
Das Wallenberg-Syndrom ist ein zu den Alternans-Syndromen gehörendes Hirnstammsyndrom.
Pathogenese
Das Wallenberg-Syndrom entsteht durch eine Ischämie im Stromgebiet der Arteria vertebralis, meist durch einen Verschluss der Arteria cerebelli posterior inferior (PICA) mit Infarzierung der dorsolateralen Medulla oblongata, sowie kaudaler Kleinhirnanteile. Daraus resultieren Schädigungen der aufsteigenden Bahnen des Rückenmarks und einer Reihe von Kerngebieten (unter anderem Kerne des Nervus vagus und Nervus vestibulocochlearis).
Risikofaktoren
Zu den häufigsten Risikofaktoren zählen:
Symptomatik
Klinisch treten ipsilateral auf:
- Horner-Syndrom (Schädigung sympathischer Afferenzen)
- Hemiataxie
- Gaumensegelparese (Dysphagie)
- Dysphonie (Heiserkeit)
- Dysarthrie
- Trigeminusstörungen (Hypästhesie im Gesicht)
- Hypakusis, Drehschwindel (N. VIII)
Kontralateral (Kreuzung auf jeweiliger Segmenthöhe im Rückenmark):
- dissoziierte Sensibilitätsstörung durch Beeinträchtigung des Tractus spinothalamicus lateralis.
Da die Pyramidenbahn weiter ventral verläuft, kommt es hier auch zu keiner Beeinträchtigung. Eine Hemiplegie gehört demnach nicht zum Wallenberg-Syndrom.
Diagnostik
Zur Diagnosestellung erfolgt die klinisch-neurologische Untersuchung mit Nachweis der gekreuzten Symptomatik. Die Bestätigung kann durch ein MRT (Nachweis des dorsolateralen Infarkts in der Medulla oblongata) und eine Gefäßdarstellung mittels MRA oder CTA erfolgen.
Therapie
Die Behandlung entspricht der eines ischämischen Schlaganfalls. In der Akutphase sollte frühstmöglich eine mechanische Thrombektomie erfolgen, wenn möglich auch in Kombination mit einer systemischen Thrombolyse.
Zur Sekundärprävention werden Thrombozytenaggregationshemmer wie Acetylsalicylsäure eingesetzt, ergänzt durch eine konsequente Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren. Begleitend ist eine symptomorientierte Therapie mit Logopädie bei Dysphagie und Physiotherapie zur Verbesserung von Ataxie und Gleichgewichtsstörungen erforderlich.
Prognose
Das Wallenberg-Syndrom hat im Vergleich zu großen supratentoriellen Hirninfarkten in der Regel ein günstigeres funktionelles Outcome. Die meisten Patienten können zu einer zufriedenstellenden Alltagsaktivität zurückkehren. Allerdings können einige Defizite persistieren, insbesondere:
- Schluckstörungen (teilweise prolongiert, Aspirationsrisiko!)
- Sensibilitätsstörungen
- Schwindel/Nystagmus
- autonome Symptome (z.B. Horner-Syndrom)
Die häufigste Folgeerscheinung ist eine Ganginstabilität.
Literatur
- Leitlinie Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, AWMF 2022
- Forshing Lui; Prasanna Tadi; Arayamparambil C. Anilkumar L: Wallenberg Syndrome Last Update: June 25, 2023.
- Easton-Carr R, Lui F, Das JM.Lateral Medullary Syndrome (Wallenberg Syndrome). In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; August 9, 2025.