Eosinophile Kolitis
Englisch: eosinophilic colitis, EC
Übersicht
Die eosinophile Kolitis, kurz EC, ist eine seltene Erkrankung aus der Gruppe der eosinophilen gastrointestinalen Erkrankungen (EGID).
Epidemiologie
Aufgrund von uneinheitlichen Diagnosekriterien ist die Häufigkeit der eosinophilen Kolitis derzeit (2020) weitestgehend unklar. Die Prävalenz wird auf etwa 2/100.000 geschätzt. Vermutlich zeigt sie einen Häufigkeitsgipfel im Neugeborenenalter und während des jungen Erwachsenenalters. Außerdem scheinen insbesondere hellhäutige Frauen häufiger und Personen in ländlichen Gebieten seltener betroffen zu sein.
Ätiologie
Die genaue Ursache der eosinophilen Kolitis ist aktuell (2020) nicht geklärt. Vermutlich spielen sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle. In 16% der Fälle zeigt die EC eine familiäre Häufung.
Außerdem ist die EC assoziiert mit allergischen Erkrankungen (allergische Rhinitis, eosinophiles Asthma, chronische Rhinosinusitis, atopische Dermatitis, Nahrungsmittelallergien). 80% der Patienten weisen gleichzeitig eine atopische Erkrankung, 62% eine spezifische Nahrungsmittelintoleranz auf.
Pathophysiologie
Eosinophile Granulozyten kommen physiologischerweise in der Mukosa des Gastrointestinaltrakts (außer im Ösophagus) vor. In der Lamina propria des Dünndarms spielen sie z.B. eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Parasiten und Bakterien. Vermutlich helfen sie zusätzlich bei der Regulation des Darmmikrobioms.
Bei der EC werden Eosinophile vermehrt rekrutiert und aktiviert. Betroffen sind insbesondere das Caecum sowie das Colon ascendens. Die zugrundeliegende Pathophysiologie ist jedoch weitgehend unklar. Bei genetischer Prädisposition spielen Störungen des Mikrobioms, Allergene und weitere Umweltfaktoren vermutliche eine Rolle als Triggerfaktoren. Die EC bei Neugeborenen scheint eine IgE-assoziierte Erkrankung darzustellen, bei der auch Mastzellen beteiligt sind. Bei Erwachsenen wird die eosinophile Kolitis eher durch CD4-positive Th2-Zellen vermittelt.
Symptome
Die eosinophile Kolitis ist ein heterogenes Krankheitsbild. Das Spektrum reicht von akuten, selbstlimitierenden, blutigen Durchfällen bei sonst gesunden Kindern bis hin zu chronischer Kolitis mit Bauchschmerzen und chronischer Diarrhö bei jüngeren Erwachsenen.
Die Symptome sind auch abhängig vom Ort der eosinophilen Infiltration: Meistens ist primär die Mukosa betroffen, dann sind Malabsorption, Diarrhö und exsudative Gastroenteropathie die Folge. Bei transmuraler Infiltration kann es zu Invagination und Volvulus bis hin zur Perforation kommen. Ein eosinophiler Aszites spricht für eine Infiltration der Serosa.
Weitere mögliche Symptome sind:
Diagnostik
Die eosinophile Kolitis ist eine Ausschlussdiagnose, sodass sekundäre Ursachen einer eosinophilen Infiltration erwogen werden müssen, z.B.:
- Infektionen durch Parasiten oder Helminthen (z.B. Strongyloides stercoralis, Enterobius vermicularis, Trichuris trichiura)
- Medikamente: Naproxen, Clozapin, Carbamazepin, Rifampicin, Gold
- Tacrolimus bei Patienten nach Lebertransplantation
- Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
- Zöliakie
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
- Sklerodermie
- Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)
- Hypereosinophiles Syndrom
Hilfreich sind:
- Allergietestungen (Prick-Test, sIgE): Hinweise auf IgE-vermittelte Reaktionen
- Blutuntersuchung: periphere Eosinophilie bei 80% der Patienten
- Stuhlprobe zum Ausschluss von parasitären Infektionen
- Computertomographie: In 60-70% der Fälle bestehen pathologische, jedoch meist unspezifische Befunde, z.B. Wandunregelmäßigkeiten oder Aszites. Im Querschnitt kann das Lumen zwischen den verdickten Mukosafalten wie Spinnenbeine wirken. Man spricht dann vom "araneid limb-like sign".
- Endoskopie: weitgehend unauffälliger Schleimhautbefund, Biopsieentnahme am besten aus allen Kolonabschnitten
- Histopathologie: Ödem, eosinophile Infiltration (v.a. in atypischer Lokalisation), Kryptenabszesse, lymphonoduläre Hyperplasie
Derzeit existieren keine eindeutigen Diagnosekriterien. Erschwerend kommt hinzu, dass eosinophile Granulozyten auch physiologischerweise in der Darmwand vorkommen und ihre Zahl von vielen Faktoren abhängig ist.
Therapie
Die eosinophile Kolitis bei Säuglingen ist primär eine benigne Erkrankung, die durch Identifizierung und Vermeidung eines Nahrungsmittelallergens innerhalb von wenigen Tagen behandelt werden kann. Diese Maßnahme ist bei Erwachsenen i.d.R. nicht erfolgreich. In diesen Fällen werden Glukokortikoide eingesetzt, z.B. Prednison 20-40 mg/d für 2 Wochen.
In therapieresistenten Fällen können Mesalazin, Azathioprin, Infliximab, Adalimumab oder Montelukast erwogen werden. Denkbar ist auch eine Stuhltransplantation. Bei schweren Komplikationen (z.B. Perforation) sind operative Maßnahmen indiziert.
Prognose
Die EC zeigt einen variablen Verlauf: Bei vielen Patienten handelt es sich um eine einmalige Episode, während andere einen remittierenden oder chronischen Verlauf aufweisen. Ist nur die Serosa betroffen, ist die Prognose am günstigsten.
Literatur
- Díaz del Arco C et al. Eosinophilic colitis: Case series and literature review, Pathol Res Pract. 2018 Jan;214(1):100-104, abgerufen am 26.02.2020
- Uppal V et al. Eosinophilic Gastroenteritis and Colitis: a Comprehensive Review, Clin Rev Allergy Immunol. 2016 Apr;50(2):175-88, abgerufen am 26.02.2020
- Impellizzeri G et al. Eosinophilic colitis: A clinical review, Dig Liver Dis. 2019 Jun;51(6):769-773, abgerufen am 26.02.2020
- Walker MM et al. Eosinophilic colitis and colonic eosinophilia, Curr Opin Gastroenterol. 2019 Jan;35(1):42-50, abgerufen am 26.02.2020