Hypereosinophiles Syndrom
Abkürzung: HES
Englisch: hypereosinophilic syndrome
Definition
Das hypereosinophile Syndrom ist definiert als eine länger als 6 Monate bestehende Vermehrung der eosinophilen Granulozyten im peripheren Blut (> 1,5/nl) sowie im Knochenmark und damit einhergehender Organdysfunktion nach Ausschluss einer reaktiven Hypereosinophilie.
Epidemiologie
- Inzidenz 1 bis 2 pro 200.000
- Männer deutlich häufiger betroffen als Frauen (Verhältnis m : w = 9 : 1)
- Hauptmanifestationsalter 20. bis 50. Lebensjahr
Pathogenese
Molekularpathologie
Die Ätiologie des hypereosinophilen Syndroms ist ungeklärt. Molekularbiologisch konnte bei einem Teil der Patienten mittels Polymerase-Kettenreaktion eine insertionelle Deletion von Chromosom 4q12 mit Bildung des Fusionsgens FIP1L1-PDGFRA (Genprodukt ist eine Tyrosinkinase) festgestellt werden.
Pathophysiologie der Organschädigung
Eosinophile Granulozyten sezernieren verschiedene toxische Substanzen insbesondere eosinophil-derived Neurotoxin, kationische Proteine, Sauerstoffradikale und Arachidonsäure-Abkömmlinge. Durch diese Substanzen kommt es dann zur Entstehung von Thromben, Fibrose sowie Organinfarkten.
Klinik
Die klinische Präsentation bei hypereosinophilem Syndrom kann sehr stark variieren. Einerseits gibt es Patienten, die völlig asymptomatisch sind, andererseits Patienten, die lebensbedrohliche Organkomplikationen wie z.B. schwere restriktive Lungenveränderungen erleben. Am häufigsten kommt es zum Auftreten von Symptomen beim hypereosinophilen Syndrom aufgrund einer Mitbeteiligung der Haut, des Herzens oder des Nervensystems.
Komplikationen
- Löffler-Endokarditis (Endocarditis parietalis fibroplastica)
- Restriktive Lungenerkrankungen
- Granulomatöse Vaskulitis des ZNS
Diagnostik
- Anamnese: bekannte Allergien, Parasitosen etc.
- Körperliche Untersuchung: evtl. Nachweis eines Hypersplenismus
- Labor
- Vermehrung der eosinophilen Granulozyten (> 1,5 /nl Blut)
- Urinsediment: Kristallurie
- Knochenmarkspunktion: Nachweis einer Vermehrung der Eosinophilen (30-60%) ohne Vermehrung der Myeloblasten
- Molekularbiologie : mittels PCR Nachweis des Fusionsgens FIP1L1-PDGFRA
- Echokardiographie : Ausschluss einer kardialen Mitbeteiligung (bei V.a. Vorliegen einer kardialen Mitbeteiligung sollte zur Diagnosesicherung eine Myokardbiopsie durchgeführt werden)
- Bildgebung: Milchglastrübung im CT
Differentialdiagnose
- Lymphozytär-eosinophile Heilphase nach bakteriellen Infektionen
- Allergische Erkrankungen
- Parasitäre Erkrankungen
- Chronische Hauterkrankungen
- Neoplasien z.B. Morbus Hodgkin
- Eosinophile Pneumonie
- Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)
Therapie
Unter Anwendung von Imatinib (Tyrosinkinase-Inhibitor) gibt es Einzelbeschreibungen eines kompletten molekularen Ansprechens, es kann jedoch im Anfangsstadium zum Auftreten einer zum Teil schweren Herzinsuffizienz kommen, die aber unter Therapie mit Kortikosteroiden in der Regel rückläufig ist.
Prognose
Die Prognose ist stark abhängig vom Auftreten von Organkomplikationen, insbesondere vom Auftreten einer Herzbeteiligung oder der Entwicklung einer Leukämie.