Eosinophiles Asthma
Englisch: eosinophilic asthma
Definition
Das eosinophile Asthma ist eine Subform des Asthma bronchiale, die häufig gut auf Glukokortikoide anspricht und bei der eosinophile Granulozyten eine entscheidende pathophysiologische Rolle spielen.
Hintergrund
Bisher (2019) existiert keine einheitliche Definition des eosinophilen Asthmas. Dieser Subtyp wurde eingeführt, da bei einigen Patienten mit schwerem oder unkontrolliertem Asthma die Eosinophilenzahl im Blut und Atemwegen persistent erhöht war. Außerdem kann eine Behandlung, welche die Zahl der Eosinophilen reduziert, auch die Lungenfunktion und Symptome verbessern. Somit ist die Abgrenzung zwischen eosinophilem und nicht-eosinophilem Asthma bedeutsam für das Ansprechen auf Glukokortikoide und für die Indikationsstellung einer Biologikatherapie.
Unklar ist weiterhin, inwiefern ein eosinophiles Asthma mit einem Type-2-High-Asthma gleichzusetzen ist.
Epidemiologie
Eosinophiles Asthma tritt meist bei Erwachsenen im Alter von 35 bis 50 Jahren auf. Es scheint keine Geschlechtspräferenz zu geben. Die genaue Prävalenz ist unbekannt, insbesondere da epidemiologische Daten je nach Definition des eosinophilen Asthmas variieren. Es wird geschätzt, dass 50 bis 60 % der Asthmaerkrankungen dieser Unterform zugeordnet werden können. Somit scheint es den häufigsten Phänotyp darzustellen, insbesondere unter Patienten mit schwerem Asthma.
Pathophysiologie
Früher wurde die erhöhte Zahl an eosinophilen Granulozyten als charakteristischer Bestandteil einer Allergie-induzierten und TH2-vermittelten Immunreaktion gesehen. Inzwischen (2019) ist bekannt, dass multiple Mechanismen zur Aktivierung von Eosinophilen führen können. Wenn die Epithelbarriere mit Allergenen, Mikroorganismen oder Umweltschadstoffen in Kontakt kommt, wird das unspezifische Immunsystem durch Freisetzung von epithelialen Alarminen (Interleukin-25, Interleukin-33, TSLP) aktiviert. Dabei exprimieren natürliche lymphoide Zellen (ILC2) die typischen TH2-Zytokine (z.B. Interleukin-4, Interleukin-5, Interleukin-13) und rekrutieren somit ebenfalls Eosinophile. Daher spricht man heute zusammenfassend von einer Typ-2-Inflammation.
Symptome
Grundsätzlich gleichen die Symptome des eosinophilen Asthmas denen anderer Asthmaformen. Typische Beschwerden sind unter anderem:
- chronischer Husten
- anfallsartig auftretende Dyspnoe und Tachypnoe mit thorakalem Engegefühl
- begleitend exspiratorische Atemgeräusche (Giemen, Brummen, Pfeifen)
Desweiteren gibt es verschiedene Komorbiditäten, die mit einer Typ-2-Inflammation assoziiert sind, z.B.:
- allergische Rhinitis (80 % der Asthma-Patienten)
- Analgetika-Asthma-Syndrom (AERD): bis zu 2,5 % der Asthma-Patienten bzw. bis zu 15 % der Patienten mit schwerem unkontrolliertem Asthma
- chronische Rhinosinusitis mit/ohne Nasenpolypen (CRSsNP bzw. CRSwNP): bis zu 32 % der Patienten, noch häufiger bei Patienten mit schwerem unkontrolliertem Late-onset-Asthma
- Nahrungsmittelallergien
- atopische Dermatitis
- eosinophile Ösophagitis
Diagnostik
Ein Asthma bronchiale kann grundsätzlich diagnostiziert werden bei typischer Anamnese und Klinik in Kombination mit dem Nachweis einer reversiblen Bronchialobstruktion (z.B. im Bronchospasmolysetest).
Die Frühdiagnose eines eosinophilen Asthmas ist aus genannten Gründen wichtig, jedoch existiert kein einheitlicher diagnostischer Standard. Die Bronchoskopie mit Biopsie bzw. eine bronchoalveoläre Lavage sind als invasive Verfahren nur schwer routinemäßig einsetzbar. Daher wird die Untersuchung des induzierten Sputums empfohlen. Hierbei zeigt sich bei mehrmaliger Messung typischerweise ein relativer Anteil der Eosinophilen von über 3 %.
Der Einsatz weiterer Marker mit unterschiedlicher diagnostischer Wertigkeit (auch in Kombination) sind aktueller (2019) Gegenstand der Forschung.[1][2][3]
Eosinophilie im Blut
In der aktuellen Leitlinie (Stand 2018) wird ein Nachweis von über 400 Eosinophilen/μL Blut zur Verifizierung eines eosinophilen Asthmas gefordert.[4] Insbesondere bei einmaliger Messung zeigt sich jedoch eine hohe falsch-negative und -positive Rate. Die Eosinophilenzahl spiegelt vermutlich insbesondere das ILC2-vermittelte schwere Asthma wider. Es dient der Vorhersage des Ansprechens auf Glukokortikoide und einer Anti-IL-5-Therapie, ist jedoch nicht zum Therapiemonitoring geeignet.
Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids
Die Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO) ist bei Patienten mit eosinophilem Asthma erhöht. Sie korreliert jedoch nur gering mit der Eosinophilenzahl im Sputum und im Blut. Vermutlich spiegelt die FeNO das Th2-vermittelte Asthma wider. Möglicherweise eignet sich die FeNO-Messung als Screeninguntersuchung zum Ausschluss einer Typ-2-Inflammation bei Patienten mit entsprechenden klinischen Hinweisen. FeNO ist erniedrigt bei Glukokortikoidtherapie, Nikotin- und Alkoholkonsum und erhöht bei Allergien (unabhängig vom Asthma).
Periostin
Die Periostinkonzentration im Serum kann relativ gut den Erfolg einer Anti-IL-13-Therapie vorhersagen.
Serum-Immunglobulin E
Das Gesamt-IgE ist beim eosinophilen Asthma meist erhöht. Jedoch wird es zur Diagnostik meist nicht empfohlen, dient aber der Therapieplanung einer Anti-IgE-Therapie.
Weitere möglichen Biomarker
- Flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, VOC) in der Ausatemluft und weitere Untersuchungen des Metaboloms (Breathomics)
- ILC2-Zahl im peripheren Blut
- Epitheliale Alarmine
- Single Nucleotide Polymorphism z.B. für Filaggrin
- Mikrobiomuntersuchung der unteren Atemwege
Therapie
Das eosinophile Asthma wird gemäß der gängigen Asthma-Stufentherapie behandelt: Initial erfolgt eine bedarfsorientierte Therapie mit kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika (SABA), ggf. in Kombination mit niedrigdosierten inhalativen Kortikosteroiden (ICS). Anhand der Symptomatik muss anschließend eine regelmäßige Therapieanpassung erfolgen.
Die meisten Patienten mit eosinophilem Asthma profitieren von moderaten bis hohen ICS-Dosen. 5 bis 10 % der Patienten haben jedoch ein schweres eosinophiles Asthma (SEA), sodass meist orale Glukokortikoide notwendig werden. In Stufe 5 der Asthmatherapie kommen weiterhin Biologika in Frage, vorausgesetzt es konnten zweimalig in den letzten 2 Jahren (außerhalb von Exazerbationen) über 300 Eosinophile/µl Blut nachgewiesen werden:
- Anti-IL-5-Antikörper: Reslizumab, Mepolizumab
- Anti-IL-5-Rezeptor-Antikörper: Benralizumab
- Anti-IL-4-Rezeptor-Antikörper (Hemmung von Interleukin-4 und -13): Dupilumab
Bei allergischem Asthma kann außerdem der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab erwogen werden.
Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Auswirkungen der Biologika auf die jeweiligen Biomarker:
- Reslizumab und Mepolizumab senken die Konzentration der Eosinophilen im Blut
- Dupilumab senkt die Konzentration von Gesamt-IgE und FeNO
- Omalizumab vermindert die Eosinophilen im Blut und das Gesamt-IgE
Literatur
- Coumou H, Bel EH Improving the diagnosis of eosinophilic asthma, Expert Review of Respiratory Medicine, Vol.10, Issue 10, pp.1093-1103, 2016; abgerufen am 03.09.2019
- Aleman F et al. Eosinophilic Endotype of Asthma, Immunology and Allergy Clinics of North America, Vol.36, Issue 3, August 2016, pp.559-568, abgerufen am 03.09.2019
- Buhl R et al. S2K-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma, AWMF, 09/2017, abgerufen am 03.09.2019
Quellen
- ↑ Pavord ID et al. Mepolizumab for severe eosinophilic asthma (DREAM): a multicentre, double-blind, placebo-controlled trial, Lancet. 2012 Aug 18;380(9842):651-9, abgerufen am 03.09.2019
- ↑ Castro M et al. Benralizumab, an anti-interleukin 5 receptor α monoclonal antibody, versus placebo for uncontrolled eosinophilic asthma: a phase 2b randomised dose-ranging study, Lancet Respir Med. 2014 Nov;2(11):879-890, abgerufen am 03.09.2019
- ↑ Johannson MW et al. Serum periostin is associated with type 2 immunity in severe asthma, J Allergy Clin Immunol. 2016 Jun; 137(6): 1904-1907.e2, abgerufen am 03.09.2019
- ↑ Schulz M et al. Nationale Versorgungsleitlinie Asthma, AWMF 2018, abgerufen am 03.09.2019