Anämie
von altgriechisch: αἷμα ("haima") - Blut
Synonym: Blutarmut
Englisch: anemia
Definition
Als Anämie bezeichnet man einen
- verminderten Hämoglobin-Gehalt des Blutes oder
- zu niedrigen Anteil der Erythrozyten am Blutvolumen (Hämatokrit).
Als Vergleichswert dient der Standard einer Population. Die Folge ist eine zu geringe Transportkapazität für Sauerstoff.
- ICD-10-Code: D50 - D64
Laut WHO-Definition besteht eine Anämie bei einer Hämoglobinkonzentration von < 12 g/dl (Frauen) bzw. < 13 g/dl (Männer).
Einteilung
Anämien lassen sich - allerdings nur unbefriedigend - nach verschiedenen Kriterien systematisieren. In der medizinischen Literatur konkurrieren verschiedene Systematiken. Die Einteilung wird dadurch erschwert, dass "Anämie" häufig keine eigenständige Erkrankung ist, sondern ein Symptom, das auf eine andere Grunderkrankung hinweist.
Zur Systematik der ICD siehe Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe.
...nach Aspekt bzw. Morphologie
- Hämoglobingehalt (MCH) und Größe (MCV) der Erythrozyten; da beide Werte fast immer miteinander korrelieren, werden sie zusammengefasst:
- Form der Erythrozyten (z.B. Sichelzellanämie, Kugelzellenanämie)
- Auftauchen von Erythrozytenvorstufen im peripheren Blut (Normoblasten)
...nach Ätiopathogenese
- Bildungsstörung:
- Hämoglobinsynthese: Eisenmangelanämie
- DNA-Synthese: Vitamin-B12-Mangelanämie, Folsäuremangelanämie
- Erythropoetin-Synthese: Renale Anämie
- Störung der erythropoetischen Stammzelle: Fanconi-Anämie, Myelodysplastisches Syndrom, akute transiente Erythroblastopenie
- Multifaktoriell: Anämie bei chronischer Erkrankung (z.B. Tumoranämie, Infektanämie)
- Gesteigerter Erythrozytenabbau (hämolytische Anämie):
- Erythrozytendefekte: Korpuskuläre hämolytische Anämie (z.B. hereditäre Elliptozytose)
- Durch Antikörper, Medikamente, Infekte u.v.m.: Extrakorpuskuläre hämolytische Anämie (z.B. autoimmunhämolytische Anämie)
- Erythrozytenverlust:
- akute oder chronische Blutung: Blutungsanämie
- Verteilungsstörung:
- Splenomegalie (Hypersplenismus)
- Verteilungsanämie: Schwangerschaftshydrämie, Sportleranämie (runner's anemia)
...nach Zell-Turnover
...nach Verlauf
- akute Anämie
- chronische Anämie
...nach Auftreten
- angeborene Anämie
- erworbene Anämie
...nach Plasmaverhältnis
- absolute Anämie
- relative Anämie (Pseudoanämie)
...nach Begleitumständen
- Schwangerschaftsanämie
- Tumoranämie
- Sportleranämie
Klinik
Das klinische Bild einer Anämie ist abhängig von der genauen Ursache und vom Grad des Hämoglobin-Defizits. Einige Symptome können jedoch bei allen Formen von Anämien auftreten, da sie Folge der verminderten Transportkapazität für Sauerstoff sind. Man nennt sie die allgemeinen Anämiesymptome:
- Abgeschlagenheit
- Verminderte Leistungsfähigkeit
- Müdigkeit
- Kopfschmerzen
- Belastungsdyspnoe
- Tachykardie
- Schwindel
Auch die Zeitachse spielt eine Rolle. Eine allmähliche eintretende Anämie wird besser toleriert als ein plötzlicher Blutverlust.
Diagnostik
Die Grundlage der Anämiediagnostik ist das Differentialblutbild mit den Erythrozytenindizes. Darüber hinaus werden die wichtigsten Parameter des Eisenstoffwechsels (Ferritin, evtl. auch Transferrin und Eisen), die Retikulozytenzahl mit Retikulozytenproduktionsindex und Retikulozytenhämoglobin, Vitamin B12 und Folsäure bestimmt.
Weitere Informationen siehe Hauptartikel: Anämiediagnostik
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Pathogenese der Anämie. Wird die Anämie durch eine andere Grunderkrankung (z.B. einen Tumor) verursacht, muss diese behandelt werden. Bei einem Substratmangel werden die fehlenden Substanzen (Eisen, Folsäure, Vitamin B12) substituiert. Bei einer renalen Anämie erfolgt die zusätzliche Gabe von Erythropoietin.
Bei schweren Anämien kann aufgrund der Gefahr, eine anämische Hypoxie zu entwickeln, eine Erythrozytentransfusion notwendig sein.
Quiz
Bildquelle
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