Hereditäre Elliptozytose
Definition
Die hereditäre Elliptozytose ist eine genetisch bedingte hämolytische Anämie, die auf einem Strukturdefekt der Erythrozyten beruht.
- ICD-10-Code: D58.1
Ätiologie
Die hereditäre Elliptozytose kann durch verschiedene Genmutationen von Komponenten der erythrozytären Zellmembran und/oder des Zytoskeletts entstehen. Entsprechend zählt sie zu den korpuskulären hämolytischen Anämien. Grundsätzlich gibt es sowohl autosomal-rezessiv als auch autosomal-dominant vererbte Formen.
Gen | Protein | Erbgang | Besonderheit |
---|---|---|---|
SPTA1, Genlokus 1q22-q23 | Alpha-Spektrin | autosomal-dominant | ungefähr 65 % der Fälle |
SPTB, Genlokus 14q23-q24.1 | Beta-Spektrin | autosomal-dominant | ungefähr 30 % der Fälle |
EPB41, Genlokus 1p33-p34.2 | Band 4.1 | autosomal-dominant | ungefähr 5 % der Fälle |
SLC4A1, Genlokus 17q21 | Bande-3-Protein (Anionen-Austauscher 1) | autosomal-dominant | Südostasiatische Ovalozytose |
Eine besonders schwere Verlaufsform, die hereditäre Pyropoikilozytose, entsteht meist durch compound-heterozygote oder homozygote Missense-Mutationen im Alpha- oder Beta-Spektrin-Gen.
Epidemiologie
Hereditäre Elliptozytosen treten in Europa mit einer Prävalenz von etwa 1/1.000 bis 1/4.000 auf. In Endemiegebieten der Malaria kann die Prävalenz 1/50 betragen.
Klinik
Der klinische Schweregrad der Anämie unterliegt einem breiten Spektrum. Meist finden sich milde Verläufe, die asymptomatisch bleiben oder sich im Erwachsenenalter manifestieren. Die hereditäre Pyropoikilozytose manifestiert sich bereits in der Kindheit als transfusionspflichtige hämolytische Anämie. Während einer Schwangerschaft oder im Rahmen von Infektionen (insbesondere mit Parvovirus B19) kann es zur transienten Verschlechterung bis hin zur asplastischen Krise kommen. Folgende Symptome sind grundsätzlich möglich:
- Allgemeine Anämiesymptome: Abgeschlagenheit, Leistungsminderung, Müdigkeit, Kopfschmerz, Belastungsdyspnoe, Tachykardie, Schwindel
- Chronische Hämolyse: Ikterus, Splenomegalie, Gallensteine
- Hämolytische Krise: Fieber, Schüttelfrost, Bauch-, Rücken-, Kopfschmerzen, Hämoglobinurie
Diagnostik
Wegweisend ist der Nachweis von vielen ellipsenförmigen Erythrozyten (Elliptozyten) im peripheren Blutausstrich. Auch Ovalozyten oder Fragmentozyten können vorkommen. Dabei besteht kein Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Erythrozytenform und der klinischen Ausprägung. Die diagnostische Bestätigung erfolgt per Gelelektrophorese der Membranproteine oder molekulargenetischem Nachweis einer Mutation.
Bei der hereditären Pyropoikilozytose zeigt sich eine namensgebende ausgeprägte Poikilozytose im Ausstrich. Weiterhin sind die Zellen hitzeinstabil und fragmentieren nach Inkubation im Wasserbad zwischen 46 und 49 °C rasch. Dadurch ist bei dieser Variante das MCV deutlich vermindert.
Therapie
Eine Behandlung ist in den meisten Fällen nicht notwendig. Bei schwerer hämolytischer Anämie kann eine Splenektomie vorteilhaft sein, auch wenn die Milz keine so wichtige Rolle zu spielen scheint wie bei der hereditären Sphärozytose.