Gasbrand
Synonyme: Gasödem, Gasphlegmone, Clostridiummyositis, clostridiale Myonekrose, Gasgangrän, malignes Ödem, Emphysema malignum sive septicum
Englisch: gas gangrene, clostridial myonecrosis, emphysematous gangrene
Definition
Der Gasbrand ist eine mit Gasbildung einhergehende nekrotisierende Infektion der Weichteile, die hauptsächlich auf eine Wundkontamination mit dem Bakterium Clostridium perfringens zurückzuführen ist. Ein Zehntel der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten verstarben an Gasbrand bzw. den Folgen des Gasbrandes.
- ICD10-Code: A48.0
Erreger
Der Gasbrand ist auf eine Infektion mit Clostridien, insbesondere Clostridium perfringens zurückzuführen. Dabei handelt es sich um ein grampositives, sporenbildendes, obligat anaerobes Stäbchen, mit ubiquitärem Vorkommen. Weitere, mögliche Erreger des Gasbrandes sind Clostridium histolyticum, Clostridium septicum, Clostridium novyi, Clostridium fallax, Clostridium haemolyticum und Clostridium oedematiens.
Pathogenese
Clostridien breiten sich bei größeren Weichteilschädigungen rasant im geschädigten Gewebe aus. Eine schlechte Durchblutung des Wundgebiets (anaerobe Bedingungen) begünstigt dabei die Ausbreitung. Besonders nach großflächiger Weichteilverletzung, bei offenen Frakturen, aber auch nach Schuss- und Stichverletzungen mit Gewebeuntergang und Mangeldurchblutung ist die Gefahr einer Infektion mit Clostridien groß.
Nach einer variablen Inkubationszeit von 1-4 Tagen entwickeln sich schwere Nekrosen der Muskulatur des infizierten Bereichs. Durch Übertritt bakterieller Toxine in den systemischen Kreislauf kann es zusätzlich zur Schädigung lebenswichtiger Organe kommen (z.B. Herz, Niere).
Klinik
Lokale Symptome
Das betroffene Wundareal ist nekrotisch zerfallen und knistert bei Kompression durch die Freisetzung der gebildeten Gase ("Krepitation"). Die Wunde ist stark schmerzhaft und stinkt verfault. Die betroffene Extremität ist ödematös aufgetrieben, die Haut im betroffenen Gebiet rot-braun verfärbt.
Allgemeinsymptome
Durch die rasche Ausbreitung des Erregers und seiner Toxine kommt es zum schnellen Fortschreiten der Infektion mit Ausbildung einer Sepsis, die sich unter anderem durch folgende Symptome äußert:
- Temperaturanstieg
- Tachykardie
- Unruhe
- Hämolytische Anämie.
Die Sepsis kann in einen septischen Schock mit akutem Nierenversagen münden.
Darmbrand
Eine Sonderform des Gasbrandes stellt der Darmbrand (Nekrotisierende Enteritis) dar. Er zeigt eine hohe Letalität und wird durch das Beta-(β)-Toxin von Clostridium perfringens verursacht.
Nach einer kurzen Inkubationszeit treten plötzlich starke Tenesmen, blutige Diarrhöen und Fieber auf. Binnen weniger Stunden bis Tage können sich dann schwere Komplikationen wie ein Herz-Kreislauf-Versagen, ein Ileus, eine Darmperforation, gastrointestinale Massenblutungen sowie neurologische Symptome (z.B. Tetraplegie) einstellen. Auch bei rascher und adäquater Therapie ist die Letalität hoch.
Diagnostik
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Eine kulturelle Anzucht des Erregers (z.B. auf Blutagar) kann wegen des raschen Fortschreitens der Erkrankung nicht abgewartet werden und dient lediglich einer rückwirkenden Bestätigung.
Bei Verdacht auf das Vorliegen eines Gasbrandes kann eine zeitnahe Bestätigung durch das Anfertigen eines Grampräparates aus dem Rand der Läsion erfolgen. Hierbei zeigt sich das typische Bild von grampositiven, plumpen Stäbchenbakterien. Sporen sind oft nicht nachweisbar, da sie sich unter den guten Wachstumsbedingungen im nekrotischen Gewebe nur selten bilden.
In den letzten Jahren haben sich zunehmend serologische (z.B. ELISA) und molekularbiologische (z.B. RT-PCR) Verfahren zum schnellen und sicheren Nachweis von Clostridium perfringens und seiner Toxine etabliert.
Therapie
Chirurgische Therapie
Lebensrettend ist die schnellstmögliche chirurgische Sanierung des Wundgebietes mit einem großzügigen Debridement nekrotischer Areale, Gewebespaltungen, ausgiebigen Spülungen und Drainagen zur Ausschwemmung des erregerhaltigen Sekrets. Bei drohender Ausbreitung des Erregers kann eine Amputation die einzig sichere lebensrettende Maßnahme darstellen.
Antibiose
Die antibiotische Therapie wird aufgrund der vitalen Gefährdung des Patienten begonnen, bevor das Ergebnis eines Antibiogramms vorliegt. Da meist eine Mischinfektion besteht, werden Kombinationen von hochdosierten Breitbandantibiotika und Antibiotika mit Wirksamkeit gegen Anaerobier eingesetzt, zum Beispiel Penicillin G und Metronidazol.
Hyperbare Oxygenierung
Nach Möglichkeit ist eine hyperbare Sauerstofftherapie durchzuführen, bei der in einer Überdruckkammer ein sauerstoffreiches Milieu geschaffen wird. Dadurch sterben die obligat anaeroben Erreger ab. Aufgrund der schlechten Transportfähigkeit der Patienten und der schlechten Verfügbarkeit von Überdruck-Kammern ist diese Therapieoption jedoch häufig nicht verfügbar.
Prognose
Selbst unter adäquater Therapie beträgt die Letalität des Gasbrandes bis zu 50 %.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 25.02.2021