Nekrotisierende Enteritis
Synonyme: Enteritis necroticans, Darmbrand, "Pigbel"
Englisch: necrotising enteritis
Definition
Die nekrotisierende Enteritis ist eine nekrotisierende Infektion des Jejunums und des Ileums, die durch Clostridium perfringens Typ C verursacht wird.
Epidemiologie
Die nekrotisierende Enteritis tritt heute (2023) vor allem endemisch in Papua-Neuguinea, in Teilen Afrikas, Mittel- und Südamerikas sowie Asiens auf. In Papua-Neuguinea war die Erkrankung (dort als "Pigbel" bezeichnet) in den 1960er-Jahren die häufigste Todesursache bei Kindern.
Nach Ende des 2. Weltkrieges kam es in Norddeutschland zu einem Ausbruch der Erkrankung, die aufgrund ihres histologischen Erscheinungsbildes "Darmbrand" genannt wurde.
In den Industrienationen tritt die Erkrankung lediglich sporadisch bei Erwachsenen mit Risikofaktoren auf (z.B. bei Mangelernährung oder Diabetes mellitus).
Erreger
Ursächlich für die Erkrankung ist eine Infektion mit Clostridium perfringens Typ C. Es handelt sich hierbei um ein fakultativ pathogenes, obligat anaerobes, sporenbildendes, grampositives Stäbchen, das ubiquitär vorkommt. Häufig ist es auch in der Darmflora von Menschen und Tieren anzutreffen.
Der entscheidende Pathogenitätsfaktor für die Auslösung der nekrotisierenden Enteritis ist das Clostridium-perfringens-Beta-Toxin (cpb).
Pathogenese
Das von den Bakterien produzierte Beta-Toxin ist ein Exotoxin, das segmentale Nekrosen der Darmwand des Jejunums und des Ileums verursacht. Die Nekrosen sind teils auf die Schleimhaut begrenzt, können aber auch die ganze Darmwand betreffen und zu Blutungen und Perforationen führen.
Clostridium perfringens Typ C wird durch kontaminierte Lebensmittel aufgenommen, ist teils aber auch Bestandteil der Darmflora. Nach dem Verzehr von kontaminiertem Fleisch oder proteinreichen Mahlzeiten proliferieren die Bakterien und produzieren Beta-Toxin.
Da das Beta-Toxin Protease-sensibel ist, wird es bei adäquater Verfügbarkeit von Proteasen im Darm inaktiviert. Bei chronischem Proteinmangel können jedoch nicht ausreichend Proteasen synthetisiert werden. Kommt es in diesem Zustand durch den Verzehr proteinreicher Speisen zu einem Protein-Überangebot, reicht die vorhandene Protease-Aktivität nicht aus, um das Beta-Toxin unschädlich zu machen.
Besonders gefährdet sind zudem Bevölkerungsgruppen, deren Hauptnahrungsmittel Trypsin-Inhibitoren enthalten (z.B. Süßkartoffeln), welche die Verfügbarkeit von Proteasen zusätzlich verringern. Der Befall mit Parasiten, die Trypsin-Inhibitoren sezernieren (Ascaris lumbricoides), ist ein weiterer Risikofaktor.
Klinik
Der klinische Verlauf ist sehr variabel und reicht von sehr milden Symptomen bis hin zu letalen Verläufen. Die Inkubationszeit beträgt meist einen Tag.
Typische Symptome sind Abdominalschmerzen, (blutige) Diarrhö und (blutiges) Erbrechen. Bei transmuraler Nekrose kann es zu Perforationen mit konsekutiver Peritonitis sowie septischem Schock kommen. Eine weitere mögliche Komplikation ist eine Obstruktion des Darmlumens.
Diagnostik
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Zudem kann der Nachweis von Beta-Toxin im Stuhl erbracht werden.
Therapie
In der Regel erfolgt eine antibiotische Therapie mit Penicillin G oder Metronidazol. Bei schweren Verläufen (z.B. Perforation, Peritonitis, Obstruktion des Darmlumens) ist eine chirurgische Sanierung nötig.
In endemischen Gebieten wurden Toxoidimpfstoffe zur Prävention erfolgreich eingesetzt.
Literatur
- MSD-Manual, Abrufdatum 26.02.2023
- M. Feldman, L.S. Friedman, L.J. Brandt (Eds.), Gastrointestinal and Liver Disease. 9. Auflage, 2010
- Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin. 20. Auflage, 2020
- C.A. Sanford, P.S. Pottinger, E.C. Jong (Eds.),The Travel and Tropical Medicine Manual. 5. Auflage, 2017
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