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Adipositas

(Weitergeleitet von Fettsucht)

Synonyme: Fettleibigkeit, Fettsucht, Obesitas
Englisch: obesity, adipositas, adiposity

1. Definition

Adipositas ist definiert als übermäßige Vermehrung des Fettgewebes im Körper. In Abgrenzung zum Übergewicht spricht man von einer Adipositas ab einem Body Mass Index (BMI) von 30. Adipositas hat vielfältige Ursachen und geht mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko einher.

siehe auch: Adipositas im Kindes- und Jugendalter

2. Krankheitswert

Nachdem die WHO bereits im Jahr 2000 Adipositas als eigenständige Krankheit definiert hat,[1] ist sie auch in Deutschland seit Juli 2020 durch einen Beschluss des Deutschen Bundestages als Krankheit anerkannt.

3. Epidemiologie

Basierend auf Selbstangaben zu Körpergewicht und Körpergröße, lag laut einer Studie des RKI die Prävalenz der Adipositas in Deutschland in den Jahren 2019 und 2020 bei rund 19 %, wobei keine geschlechterspezifischen Unterschiede vorlagen.[2] Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter an und bleibt im Vergleich zu den vorangegangenen Erhebungen auf einem unverändert hohen Level.

4. Ätiologie

Adipositas ist eine multikausale Erkrankung. Wichtige Entstehungsfaktoren sind:

5. Einteilung

5.1. …nach BMI

Die WHO hat folgende Gewichtsklassifikationen bei Erwachsenen anhand des BMI definiert:[1]

Kategorie BMI
Untergewicht < 18,5
Normalgewicht 18,5 bis 24,9
Übergewicht ≥ 25
Präadipositas 25 bis 29,9
Adipositas Grad I 30 bis 34,9
Adipositas Grad II 35 bis 39,9
Adipositas Grad III ≥ 40

5.2. …nach Fettverteilungsmuster

Man unterscheidet zwei verschiedene Fettverteilungsmuster:

  • Androide Adipositas: männliches Fettverteilungmuster mit Betonung des Abdomens, auch abdominale, zentrale oder viszerale Adipositas bzw. "Apfeltyp" genannt.
  • Gynoide Adipositas: weibliches Fettverteilungmuster mit Betonung der Hüften, auch periphere oder gluteofemorale Adipositas bzw. "Birnentyp" genannt.

Bei der androiden Adipositas ist die Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen erhöht.

5.3. Sonderformen

6. Folge- und Begleiterkrankungen

Adipositas erhöht das Risiko für viele Folge- und Begleiterkrankungen. Die WHO hat hierbei drei Stufen definiert:[1]

Des Weiteren können folgende Erkrankungen im Zusammenhang mit Adipositas auftreten:

Zudem bestehen ein erhöhtes Operations- und Narkoserisiko sowie ein erhöhtes Unfallrisiko.

Trotz des Zusammenhangs mit vielen Komplikationen gibt es auch metabolisch gesunde Menschen mit Adipositas. Dies sind meist Frauen im Alter von 35 bis 40 Jahren. Es handelt sich hierbei allerdings nur um einen Übergangsphänotyp und mit steigendem Alter entwickeln die meisten Menschen mit Adipositas metabolische Erkrankungen.

7. Psychosoziale Aspekte

Adipositas ist oft mit einer negativen Stigmatisierung und Diskriminierung assoziiert und beeinträchtigt die Betroffenen somit in allen Lebensbereichen. Adipositas geht daher häufig mit Minderwertigkeitsgefühlen bis hin zu schwerwiegenden psychischen Störungen einher.

8. Diagnostik

Die Diagnose erfolgt durch Bestimmung des Körpergewichts und die Berechnung des BMI.

Neben der Fettmasse ist auch die Fettverteilung zur Beurteilung der Adipositas wichtig, da das Fettverteilungsmuster das metabolische und kardiovaskuläre Risiko bestimmt. Als einfaches Maß zur Beurteilung der Fettverteilung wird die viszerale Fettmasse durch Messung des Taillenumfangs bestimmt. Bei einem Taillenumfang von mehr als 88 cm (Frauen) bzw. 102 cm (Männer) liegt eine abdominale Adipositas vor und es besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von Folgeerkrankungen.[3] Alternativ erfolgt die Zuordnung zum einen oder anderen Typ durch die Bestimmung des Taille-Hüft-Quotienten (THQ).

9. Therapie

9.1. Indikation

Indiziert ist eine Therapie bei Erfüllung folgender Kriterien:

  • BMI ≥ 30 oder
  • BMI zwischen 25 und 29,9 bei gleichzeitigem Vorliegen
    • übergewichtsbedingter Gesundheitsstörungen (z.B. Hypertonie, Typ-2-Diabetes),
    • einer abdominalen Adipositas,
    • Erkrankungen, die durch Übergewicht verschlimmert werden oder
    • einem hohen psychosozialen Leidensdruck.

Kontraindikationen für eine Therapie sind das Vorliegen von konsumierenden Erkrankungen oder einer Schwangerschaft.

9.2. Ziele

Ziel der Therapie ist die Gewichtsreduktion, dabei sollten realistische Ziele gesetzt werden. Innerhalb von 6 bis 12 Monaten sollte folgende Gewichtsabnahme angestrebt werden:

  • bei einem BMI von 25 bis 35: > 5 % des Ausgangsgewichts
  • bei einem BMI > 35: > 10 % des Ausgangsgewichts

Da eine hohe Rezidivneigung besteht, sollten auch geeignete Maßnahmen zur langfristigen Gewichtsstabilisierung im Mittelpunkt stehen.

9.3. Basisprogramm

Das Basisprogramm umfasst die drei folgenden Bestandteile:

Möglich ist auch die Teilnahme an Gewichtsreduktionsprogrammen.

9.4. Pharmakotherapie

Arzneimittel zur Behandlung der Adipositas sollten nur in Kombination mit einem Basisprogramm verordnet werden. Über einen längeren Zeitraum sind sie nur bei nachweislichem Gewichtsverlust indiziert. Folgende Wirkstoffe sind zurzeit (2024) zugelassen:

Arzneistoffe Wirkung Gewichtsreduktion Nebenwirkungen
Intestinale Lipasehemmer (Orlistat) Hemmung der Fettverdauung im Magen und oberen Dünndarm bis maximal 30 % ca. 2,9 % bei einer Einnahmedauer von über einem Jahr Diarrhö, Steatorrhö, Meteorismus
Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer in Kombination mit einem Opioid (Bupropion/Naltrexon) bei Adipositas unklar ca. 3 % bei einer Einnahme über 28 Wochen Übelkeit, Obstipation, Schlaflosigkeit
GLP-1-Rezeptoragonisten (z.B. Liraglutid, Semaglutid)

ab einem BMI > 30 oder einem BMI > 27 bei gleichzeitigem Vorliegen Adipositas-assoziierter Folgeerkrankungen

Stimulation der Insulin-Freisetzung; Reduktion des Hungergefühls ca. 5,4 % bei einer täglichen Dosis von 3 mg Liraglutid; ca. 12,6 % bei einer wöchentlichen Dosis von 2,4 mg Semaglutid Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö
Duale GIP- und GLP-1-Rezeptoragonisten (Tirzepatid) Verzögerung der Magenentleerung; Stimulation der Insulin-Freisetzung; Senkung des Glucagonspiegels Gewichtsreduktion: ca. 17 % Übelkeit, Erbrechen, Obstipation/Diarrhö

Triple-Hormon-Rezeptoragonisten (Retatrutid), die als Agonisten an GIP-, GLP-1- und Glucagon-Rezeptoren wirken, werden gegenwärtig (2024) klinisch getestet. Eine Gewichtsreduktion von bis zu 24,2 % konnte in einer Phase-2-Studie erreicht werden.[4]

9.5. Bariatrische Chirurgie

Die bariatrische Chirurgie umfasst restriktive, malabsorptive oder kombinierte Operationsverfahren. Sie ist indiziert bei Adipositas Grad III, Adipositas Grad II mit erheblichen Komorbiditäten oder in Sonderfällen auch bei Adipositas Grad I mit Typ-2-Diabetes. Kontraindikationen sind u.a. instabile psychopathologische Zustände, konsumierende und neoplastische Erkrankungen oder eine unbehandelte Bulimia nervosa.

10. Quiz

11. Bildquelle

  • Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Ann H/ Pexels

12. Quellen

13. Literatur

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