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Verhaltenstherapie

Englisch: behavioral therapy, behaviour therapy

1. Definition

Die Verhaltenstherapie, kurz VT, ist eine Behandlungsform aus dem Bereich der Psychotherapie. Sie geht davon aus, dass eine Verhaltensstörung auf einer erlernten Fehleinstellung beruht, die durch gezieltes "Verlernen" (Dekonditionierung) wieder aufgehoben werden kann.

2. Hintergrund

Bei der Verhaltenstherapie steht nicht im Vordergrund, die Wurzeln einer Fehlentwicklung aufzudecken, sondern das aktuelle Verhalten und die Sichtweisen des Menschen zu untersuchen und bei Bedarf zu korrigieren. Die Verhaltenstherapie stützt sich dabei auf den Behaviorismus, die Theorie der Wissenschaft des menschlichen und tierischen Verhaltens.

Das Verhalten wird durch Lernen geformt, das heißt der Mensch lernt Regeln und macht Erfahrungen, die einen Einfluss auf sein Verhalten haben. Auf diese Weise können auch psychische Störungen aus Lernerfahrungen hervorgehen, die durch verhaltenstechnische Intervention wieder verlernt werden sollen. Ein wesentliches Kennzeichen verhaltenstherapeutischer Verfahren ist es, den Betroffenen zur Selbsthilfe anzuleiten und ihm Strategien zu vermitteln, die ihn in die Lage versetzen, seinen psychischen Problemen entgegenzutreten.

3. Verfahren

Die Verhaltenstherapie hat sich seit ihrer Gründung einer stetigen Erweiterung und Wandlung unterzogen. Aufgrund der vielfältigen Ansätze und Verfahren kann es zu Missverständnissen kommen, wenn man von der Verhaltenstherapie redet. Zur besseren Unterscheidung spricht man daher auch von verschiedenen Wellen der Verhaltenstherapie.

3.1. Verfahren der 1. Welle

Die Übertragung experimentalpsychologischer Erkenntnisse aus dem Behaviorismus in die Psychotherapie stellt das Fundament und damit die 1. Welle der Verhaltenstherapie dar. Wie auch im Behaviorismus wurde besonderer Wert auf Objektivität gelegt. Therapieerfolg bemisst sich demnach an objektiven Kriterien wie der Verhaltensänderung.

Beispiele für Verfahren der 1. Welle sind:

3.2. Verfahren der 2. Welle

Mit der sogenannten kognitiven Wende wurden schließlich auch Kognitionen der Patienten in die Therapie miteingebunden. Die 2. Welle betrachtet also im Gegensatz zur 1. Welle auch subjektive Gedanken und kann den Fokus der Therapie auf dysfunktionale Kognitionen legen.

Beispiele für Verfahren der 2. Welle sind:

3.3. Verfahren der 3. Welle

In der 3. Welle der Verhaltenstherapie wird die Person als Ganzes betrachtet und das Erleben in den Mittelpunkt gesetzt. Beispielsweise finden Emotionen, Akzeptanz, Achtsamkeit und Metakognitionen mehr Beachtung. Elemente fernöstlicher Philosophien und Techniken (z.B. Zen, Meditation und Yoga) werden in Theorie und Praxis der Therapie eingebunden. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob es sich bei der 3. Welle um eine eigenständige Welle handelt, oder nur um eine Fortführung der 2. Welle.

Beispiele für Verfahren der 3. Welle sind:

4. Geschichte

Ursprünglich kommt die Verhaltenstherapie aus der Tradition der psychologischen Lerntheorien und trat erstmals 1924 mit einer Konfrontationstherapie zur Behandlung von Phobien in Erscheinung. Zunächst bei Menschen mit schweren psychischen Störungen angewandt, haben sich um 1970 die verhaltenstherapeutischen Prinzipien auf pädagogische Felder wie Schule und Familie übertragen. Andere psychotherapeutische Methoden wurden integriert. Begründer der modernen, kognitiven Verhaltenstherapie waren u.a. Albert Ellis, Aaron T. Beck und Donald Meichenbaum.

5. Anwendungsgebiete

Verhaltenstherapie ist wirksam bei folgenden psychischen und psychosomatischen Erkrankungen (laut eines Gutachtens des wissenschaftlichen Beirates für Psychotherapie der deutschen Bundesregierung):

6. Vorgehen

Zu Anfang jeder Verhaltenstherapie steht eine Verhaltensanalyse. Hier werden zunächst die Probleme des Patienten mit Fokus auf das Verhalten stützende Bedingungen und die Konsequenzen des Verhaltens betrachtet. Frederick Kanfer entwickelte hierzu das SORKC-Modell. Es beschreibt die fünf Grundlagen von Lernvorgängen:

  • S (=Stimulus): Reize und Situationen, in denen das Verhalten auftritt
  • O (=Organismus): Kognitionen und biologisch-somatische Bedingungen als die individuellen, biologischen und lerngeschichtlichen Grundlagen der Person auf den Stimulus
  • R (=Reaktion): Verhalten als die beobachtbaren Reaktionen, die dem Stimulus und seiner Verarbeitung im Organismus folgen.
  • K (=Kontingenz): regelhafte und zeitliche Zusammenhänge zwischen Situation, Verhalten und Konsequenz
  • C (=Konsequenz): bezogen auf das Auftreten einer Belohnung oder Bestrafung als Folge des Verhaltens

Die Verhaltensanalyse bezieht Gefühle, Gedanken, körperliche Prozesse und das Umfeld des Patienten mit ein. Grundlage ist ein Therapievertrag, in der sowohl Therapeut als auch Klient ihre jeweiligen Aufgaben benennen. Therapieziele werden stets gemeinsam mit dem Patienten entwickelt.

7. Status

Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie der deutschen Bundesregierung hat die Verhaltenstherapie auf Grund ihrer in Studien belegten Wirksamkeit als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren eingestuft. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Verhaltenstherapie.

8. Berufsausübung

Die Spezialisierung zum Verhaltenstherapeuten dauert 3-5 Jahre. Zugangsvoraussetzung für die Weiterbildung ist ein Hochschulabschluss in Psychologie oder Medizin oder eine Zulassung zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.

9. Literatur

  • Helle, M. (2019). Psychotherapie. New York, Vereinigte Staaten: Springer Publishing.

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