Kokain
Synonyme: Cocain, Ecgonylbenzoat
Englisch: cocaine
Definition
Das Kokain, chemisch ein Tropanalkaloid, ist ein starkes Stimulans mit einem sehr hohen, vor allem psychischen Abhängigkeitspotential. Es ist eine weltweit verbreitete Droge, welche in großem Umfang missbraucht wird.
Chemie
Die chemische Bezeichnung (IUPAC-Name) von Kokain ist Methyl(1R,2R,3S,5S)-(benzoyloxy)-8-methyl-8-azabicyclo[3.2.1]octan-2-carboxylat. Die Summenformel des Stoffes lautet C17H21NO4. Die Molekulare Masse (Molekulargewicht) beträgt: 303,36 gr·mol-1
Die Kokainbase ist wasserunlöslich und folglich nicht zum Schnupfen geeignet. Sie wird entweder als Zwischenprodukt in der Herstellung beziehungsweise im Handel, oder zum Rauchen verwendet. Die am meisten verwendete Form ist daher Kokainhydrochlorid, das Salzsäure-Salz des Kokains. Kokainhydrochlorid ist gut wasserlöslich und kann daher über die Nasenschleimhaut gut resorbiert werden. Bei Crack handelt es sich um Kokain-Hydrogencarbonat, das durch Aufkochen von Kokainhydrochlorid mit Natriumhydrogencarbonat entsteht.
Herkunft
Kokain wird aus der Cocapflanze gewonnen, die in Südamerika heimisch ist. Das Kokain wird aus den Blättern der Pflanze extrahiert. Anschließend erfolgt meistens eine Umsetzung des basischen Kokains zu Kokainhydrochlorid.
Geschichte
Ureinwohner Südamerikas wurden bereits von den ersten europäischen Entdeckern dabei beobachtet, wie sie Blätter der Cocapflanze kauten, was zu einem Konsum des Alkaloids führt. Im 19. Jahrhundert versuchten europäische Chemiker, das Kokain aus der Pflanze zu isolieren. Es ist umstritten, ob es Friedrich Gädcke um 1855 oder Albert Niemann um 1859 zuerst gelang.
Nachdem die schmerzstillende Wirkung bekannt war, wurde es im Jahre 1884 als Lokalanästhetikum in deutschen Krankenhäusern eingeführt. Auch in Lebensmitteln wurde Kokain als Zusatzstoff verwendet. So kam 1863 in den USA ein Wein (Vin Mariani) auf den Markt, welcher mit Coca-Blättern behandelt war. Der Alkohol des Getränks extrahierte das Kokain. Als prominentestes Beispiel dient hier jedoch das Coca-Cola-Getränk, welches bis 1906 Kokain als Zusatzstoff enthielt und somit auch seinen Namen erhielt.
Erst zur Jahrhundertwende wurden in verschiedenen Ländern das Suchtpotential und die Gefahren der Substanz erkannt und sie wurde allmählich illegalisiert.
Wirkungen
Durch Hemmung der Wiederaufnahme von Neurotransmittern (Kokain hemmt den Re-Uptake von Noradrenalin, Dopamin und Serotonin) kommt es zur Erhöhung der Konzentration dieser Transmittersubstanzen im synaptischen Spalt, welches wiederum zu einer erhöhten Erregung von Rezeptoren führt.
Zusätzlich zu dieser Wirkung blockiert Kokain spannungsabhängige Natriumkanäle, was seine lokalanästhetischen Effekte erklärt. Durch die Hemmung der Kanäle lassen sich keine Aktionspotentiale auslösen und Schmerzreize werden nicht weitergeleitet.
Im Zentralnervensystem führt der Konsum vor allem zu Euphorie, Aktivitätssteigerung und Selbstüberschätzung. Es kommt unter anderem zu einer Enthemmung des Redeflusses, Weitung der Pupillen (Mydriasis) und Steigerung der Toleranz gegenüber Alkohol.
Rechtsstatus
Die Substanz ist in der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt und somit verkehrs- und verschreibungsfähig.
Konsum in Deutschland
Der illegale Konsum in Deutschland wird auf etwa 20 Tonnen jährlich geschätzt. Es gibt verschiedene Konsumgruppen:
- Jugendliche
- Partygänger
- Menschen mit Stressberufen
- Abhängige anderer Drogen
Der Konsum von Kokain kann durch unterschiedliche Methoden geschehen. Die häufigste Konsumform ist die intranasale, d.h. es wird durch die Nase geschnupft, wodurch es zu einer relativ langen Wirkungsdauer kommt, da die Substanz nach und nach über die Nasenschleimhaut aufgenommen wird.
Kokain kann auch als Rauch inhaliert oder intravenös verabreicht werden, was zu wesentlich höheren Konzentrationen führt, welche jedoch schneller abgebaut werden. Der Grund für die schnellere Wirkung des Kokainrauchs ist die beschleunigte Aufnahme von Substanzen über die Alveolen in der Lunge.
Labormedizin
Zum Nachweis von Kokain gibt es verschiedene labormedizinische Verfahren, die im Rahmen eines Drogenscreenings Anwendung finden. Erfasst wird neben Kokain auch sein Hauptmetabolit Benzoylecgonin. Im Gegensatz zu Kokain besitzt Benzoylecgonin eine längere biologische Halbwertszeit, was den Kokainkonsum länger nachweisbar macht.
Ein Nachweis von Kokain und Benzoylecgonin kann in Urin, Speichel, Serum und in den Haaren erfolgen. Die gängigsten Verfahren sind:
Urinuntersuchung
Für die Untersuchung werden 20 ml Spontanurin benötigt. Die Urinabgabe muss unter Sichtkontrolle erfolgen. Der Nachweis im Urin erfolgt mittels Photometrie oder Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie. Der Normwert liegt unter 0,3 µg/ml.
Die Nachweisbarkeit von Kokain und Benzoylecgonin im Urin variiert zwischen 2 und 4 Tagen und ist unabhängig von der Regelmäßigkeit des Konsums.
Blutuntersuchung
Für die Untersuchung werden 2 ml Serum benötigt. Der Nachweis im Serum erfolgt mittels Enzymimmunoassay, Photometrie oder Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie.
Die Nachweisbarkeit von Kokain und Benzoylecgonin im Serum ist bis zu 24 Stunden nach Konsum möglich.
Referenzbereiche
Die Referenzbereiche variieren methoden- und laborspezifisch und sollten daher dem jeweiligen Befundausdruck entnommen werden. Der Cut-off-Wert beschreibt den Grenzwert, ab dem von einem Kokainkonsum auszugehen ist. Liegt die gemessene Menge über dem Cut-off-Wert, ist der Test als positiv zu werten.
Schnelltest
Inzwischen gibt es ein breites Spektrum an Schnelltests zum Nachweis von Kokain und Benzoylecgonin in Blut, Urin und Speichel. Sie sind einfach anwendbar und liefern ein schnelles Ergebnis. Fällt der Test positiv aus, muss im Anschluss ein labormedizinischer Bestätigungstest erfolgen.
Toxikologie
Die größte Gefahr des Kokainkonsums ist das starke Abhängigkeitspotential. Lässt die Wirkung der Droge nach, kommt es oft zu einer Depression, die das Verlangen nach erneutem Konsum steigen lässt. Darüber hinaus ist bei intranasaler und intravenöser Verabreichung das Infektionsrisiko lokal erhöht.
Weitere potentielle akute Gefahren des Konsums sind außerdem:
Bei chronischem Konsum können ferner auftreten:
- massive Persönlichkeitsänderung
- Psychosen (u.a. mit Dermatozoenwahn)
- Schlafstörungen
- Aggressivität
- Antriebslosigkeit
- Impotenz
- Zerstörung der Nasenschleimhaut und der Nasenscheidewand
- Toxische Kardiomyopathie
Die mittlere letale Dosis wird mit 1.000 bis 2.000 mg bei peroraler, 200 bis 300 mg bei subkutaner und circa 20 mg bei intravenöser Applikation angegeben.
Therapie der Kokainvergiftung
Bei starker Erregtheit und Krämpfen können Benzodiazepine (z.B. Diazepam zu 20 mg langsam i.v.) verabreicht werden. Unter Umständen muss mit Antiarrhythmika gegen Herzrhythmusstörungen vorgegangen werden. Bei drohender Atemlähmung ist die Möglichkeit zur künstlichen Beatmung sicher zu stellen. Ein gegebenenfalls auftretender Schock muss intensivmedizinisch behandelt werden.
Bei chronischem Missbrauch ist ein stationärer Drogenentzug in einer psychiatrischen Einrichtung notwendig.
Medizinische Bedeutung
Kokain ist ein wirksames Lokalanästhetikum und diente als Leitsubstanz für die Entwicklung weiterer Lokalanästhetika wie Lidocain, die keine kokaintypischen Wirkungen auf das ZNS aufweisen. Durch die breite Verfügbarkeit anderer Lokalanästhetika, vor allem aber wegen der Suchtgefahr, wird Kokain jedoch nur noch selten zu medizinischen Zwecken verwendet.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 25.02.2021
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