Lokalanästhetikum
Englisch: local anesthetic
Definition
Lokalanästhetika sind Medikamente, die reversibel und örtlich begrenzt die Erregbarkeit von sensiblen Nervenfasern reduzieren und so eine lokale Betäubung herbeiführen.
Anwendung
Lokalanästhetika können in verschiedenen Formen angewendet werden:
Wirkungsmechanismus
Lokalanästhetika wirken durch die Blockade von spannungsabhängigen Natriumkanälen. Sie verhindern den für die Depolarisation wichtigen schnellen Natriumeinstrom. Dadurch wird die Fortleitung von Reizen im Nerven verhindert. Die Wirkung am Ionenkanal kommt auf Grund der protonierten Form der Lokalanästhetika, als geladenes Molekül, zustande. Die Bindungsstelle der Lokalanästhetika liegt jedoch auf der intrazellulären Seite des Natriumkanals.
Um durch die Zellmembran des Axons diffundieren zu können, muss das Lokalanästhetikum in unprotonierter (ungeladener, basischer, undissoziierter) lipophiler Form vorliegen. Das Molekül dissoziiert auf intrazellulärer Seite und geht in die protonierte (geladene, dissoziierte) Form über. Den physikochemischen Eigenschaften kommt also eine besondere Bedeutung zu. Dort angelangt, tritt es mit seinem lipophilen und hydrophilen Rest mit den Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin des Natriumkanals in Wechselwirkung und verhindert so die Öffnung des Kanals. Die Natriumkanäle werden bevorzugt in ihrer inaktivierten Form blockiert.
Die Wirkung beschränkt sich jedoch nicht auf die neuronalen Natriumkanäle. In höheren Dosen werden auch andere Ionenkanäle blockiert z.B. Kaliumkanäle. Lokalanästhetika wirken ebenso auf Kanäle im Myokard. Eindrucksvolles Beispiel hierfür ist die Anwendung des Lokalanästhetikums Lidocain als ventrikuläres Antiarrhythmikum vom Typ Ib.
Substanzklassen
Prinzipiell werden nach der chemischen Struktur Lokalanästhetika vom Estertyp und vom Säureamidtyp unterschieden. Ihr Aufbau folgt dabei meist dem Löfgren-Prinzip. Lokalanästhetika vom Estertyp werden durch die im Blut und anderen Geweben vorhandenen Esterasen schnell enzymatisch gespalten und verlieren schnell ihre Wirksamkeit. Im Gegensatz dazu werden Lokalanästhetika von Säureamidtyp in der Leber durch Oxidase metabolisiert.
Folgend sind einzelne Substanzen nach ihrer Klassenzugehörigkeit aufgelistet.
Estertyp
Säureamidtyp
Hinweis: Listen sind nicht komplett
Risiken
Lokalanästhetika können bei unachtsamer und unsachgemäßer Anwendung ernsthafte Komplikationen hervorrufen, die in jedem Fall einer Therapie bedürfen.
- Allergien können bis zum anaphylaktischen Schock führen. Eine gründliche Anamnese ist daher vor Anwendung von Lokalanästhetika von großer Bedeutung. Eine nachgewiesen hohe allergene Potenz besitzen Lokalanästhetika, die an ihrem Benzolring eine Aminogruppe in para-Stellung tragen.
- Am Herzen können durch Wirkung von Lokalanästhetika schwere Arrhythmien entstehen. Daher ist auf korrekte Injektion und geeignete Maßnahmen zur Verhinderung einer Anflutung des Lokalanästhetikums in den systemischen Kreislauf (vasodilatatorische Wirkung) zu achten.
- Wenn Lokalanästhetika im ZNS wirksam werden, können drastische Komplikationen eintreten. Charakteristisch ist zunächst ein Rededrang des Patienten, gefolgt von Unruhe, Übelkeit und Krampfanfällen. Zur Prophylaxe ist die Beachtung der Grenzdosis für die verwendeten Lokalanästhetika zu empfehlen. Zudem ist wiederum auf die korrekte Injektion und Verhinderung der systemischen Anflutung zu achten.