Berufsbedingte Lungenerkrankung
Definition
Berufsbedingte Lungenerkrankungen sind Erkrankungen der Lunge, die sich als Folge einer Exposition gegenüber einem beruflichen Agens entwickeln. Eine ätiologische Abklärung ist entscheidend für die Behandlung und Prognose des Patienten.
Epidemiologie
Vermutlich treten 15-20 % der Fälle von Asthma bronchiale und COPD bei Patienten über 15 Jahren berufsbedingt auf.
Ätiologie
Berufsbedingte Lungenerkrankungen können durch u.a. durch anorganische Stäube (Pneumokoniosen) und organische Stäube verursacht werden. Weiterhin spielen toxische Chemikalien (v.a. Gase und Dämpfe) eine Rolle.
Anorganische Stäube
Stoff | Beruf | Pulmonale Reaktion |
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Asbest |
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Silizium |
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Kohlestaub |
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Beryllium |
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Weitere Metalle (Aluminium, Chrom, Kobalt, Nickel, Titan, Wolfram, Carbide) |
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Organische Stäube
Stoff | Beruf | Pulmonale Reaktion |
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Baumwollstaub |
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Getreidestaub |
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andere landwirtschaftliche Stäube (Pilzsporen, Pflanzenprodukte, Insektenüberreste, Vogel- und Nagerkot, Endotoxine, Mikroorganismen, Pollen) |
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Weitere Noxen
Viele toxische Chemikalien können zu Asthma, chronischer Bronchitis bzw. COPD, exogen-allergischer Alveolitis, Pneumokoniosen und Krebs führen:
Stoff | Exposition | Akut (starke/akzidentielle Exposition) | Chronisch (geringgradige Exposition) |
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Anhydride |
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saure Dämpfe (Schwefel-, Salpetersäure) |
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Akrolein, andere Aldehyde |
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Ammoniak |
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Cadmiumdämpfe |
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Formaldehyd |
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Halogenide (Cl, Br, F) |
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Schwefelwasserstoff |
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Isozyanate (TDI, HDI, MDI) |
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Stickstoffdioxid |
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Ozon |
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Phosgen |
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Schwefeldioxid |
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Weitere Umweltkarzinogene sind die Ursache von ca. 10 % aller Bronchialkarzinome. Weiterhin können sie zu chronischer Bronchitis bzw. COPD und Lungenfibrose führen. Sie sind jedoch insbesondere im Rahmen der häuslichen Exposition relevant. Beispiele sind:
- Uran- und Radonabkömmlinge
- Passivrauchen
- polyzyklische Kohlenwasserstoffe
- Rauch aus Biomasse
- Dieselabgas
- Schweißrauche
- Holz oder Holzbearbeitungsprodukte
Diagnostik
Anamnese
Entscheidend für die Diagnose einer berufsbedingten Lungenerkrankung ist eine eingehende Anamnese:
- genaue Arbeitsabläufe
- spezifische Kontaminationen
- sichtbare Stäube, chemische Gerüche
- Verfügbarkeit und Gebrauch von persönlichen Atemschutzeinrichtungen
- Größe und Belüftung des Arbeitsplatzes
- Symptome bei anderen Mitarbeitern
- zeitlicher Bezug zwischen Exposition am Arbeitsplatz und Symptomen
- alternative Quellen möglicher toxischer Belastungen
Lungenfunktionsprüfung
Anorganische oder organische Stäube können eine interstitielle Lungenerkrankung induzieren, die sich als restriktive Ventilationsstörung mit verminderter Diffusionskapazität zeigt. Weiterhin können verschiedene organische Stäube oder Chemikalien ein berufsbedingtes Asthma bronchiale oder COPD bedingen. In diesem Fall können Veränderungen der FEV1 vor und nach der Arbeit hinweisend sein.
Bildgebung
Bei Exposition gegenüber Mineral- und Metallstäuben, die eine Hypersensitivitätspneumonitis auslösen, sowie gegenüber organischen Stäuben eignet sich die Durchführung eines Röntgen-Thorax zur Diagnose und Verlaufskontrolle. Entscheidend bei der Beurteilung ist die internationale röntgenologische Staublungen-Klassifikation der International Labour Organization (ILO). Kleine, noduläre Transparenzminderungen finden sich v.a. bei Silikose und Anthrakose, streifige Verschattungen beispielsweise bei der Asbestose.
Bei Patienten mit anamnestischer Asbestexposition wird ein CT-Thorax (Pleuraplaques) bzw. HR-CT (pulmonale Asbestose) empfohlen.
Weitere Diagnostik
In bestimmten Situationen kommen weitere diagnostische Methoden zum Einsatz, z.B.:
- Haut-Prick-Testungen oder Titerbestimmungen spezifischer IgE-Antikörper: Nachweis einer Sensibilisierung gegen bestimmte Stoffe, die potenziell ein berufsbedingtes Asthma verursachen können (z.B. Mehlstaub in Bäckereien)
- spezifische präzipitierte IgG-Antikörper, die eine Hypersensitivitätspneumonitis auslösen können (z.B. Taubenantigene bei Vogelhaltern)
- Beryllium-Lymphozytenproliferationstest: bei Arbeitern in der Kerntechnologie
- Tuberkulose-Hauttests: bei Beschäftigten im Gesundheitswesen
- Bronchoskopie mit transbronchialer Biopsie (TBB): chronische Berylliose
- VATS zur Gewinnung von größeren Gewebeproben: Hypersensitivitätspneumonitis oder Riesenzell-Pneumonie in Folge einer Kobalt-Exposition
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