Estradiol
Synonyme: Östradiol, Estradiolum hemihydricum u.a.
Handelsnamen: Angeliq® u.a.
Englisch: estradiol
Definition
Estradiol, kurz E2, ist ein natürliches Sexualhormon aus der Gruppe der Östrogene. Es kommt in synthetischer Form in erster Linie im Rahmen der Hormonersatztherapie bei Patientinnen mit Östrogenmangel zum Einsatz.
Chemie
Östradiol hat die Summenformel C18H24O2 und eine molare Masse von 272,39 g/mol.
Synthese
Physiologie
Regelkreis
Estradiol wird bei der Frau unter dem Einfluss des follikelstimulierenden Hormons (FSH) in den Graaf-Follikeln des Ovars, sowie im Gelbkörper gebildet. Es wird in geringen Mengen auch in der Nebennierenrinde und bei Männern im Hoden produziert.
Während der Schwangerschaft ist vor allem die Plazenta für die Östrogenbildung verantwortlich. Hohe Östrogenspiegel unterdrücken im Sinne einer Gegenkoppelung (negative Rückkoppelung) die Bildung von GnRH im Hypothalamus und damit die Ausschüttung von FSH im Hypophysenvorderlappen.
In Fettzellen kann Testosteron in Estradiol umgewandelt werden.
Wirkungen
Estradiol
- regt das Wachstum des Uterus und des Endometriums an
- fördert die Ausbildung sekundärer weiblicher Geschlechtsmerkmale
- beeinflusst die Zusammensetzung des Zervixschleims
Darüber hinaus hat Estradiol kardioprotektive Eigenschaften und verhindert auch das Auftreten einer Osteoporose.
Pharmakokinetik
Estradiol weist eine Bioverfügbarkeit von 98% auf. Im Blut liegt der Arzneistoff zu 95% an Plasmaproteine gebunden vor. Die Metabolisierung erfolgt hepatisch. Die Plasmahalbwertszeit beträgt durchschnittlich 15 Stunden. Estradiol wird renal eliminiert.
Indikationen
Die Hauptindikation stellt der Östrogenmangel dar. Darüber hinaus wird Estradiol zur Behandlung der Vaginitis und trockenen Scheide angewendet. Zu weiteren Indikationen zählen postmenopausale Beschwerden, Beschwerden beim Geschlechtsverkehr, Juckreiz im Scheiden- und Afterbereich, Hautatrophien sowie Hauterkrankungen wie Ekzeme, Dermatitis, Rosazea und Akne. Durch den Estradiol-Einsatz verringert sich außerdem das Knochenbruchrisiko bei Osteoporose.
Applikationsformen
Das Arzneimittel wird als Tablette, Lösung, Gel, Creme, transdermales Pflaster oder Vaginalinsert angewendet.
Nebenwirkungen
- Brustspannen
- Sekretausfluss, Blutungen
- Störungen des Gastrointestinaltrakts: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Völlegefühl, Gewichtszunahme
- Kopfschmerz, Rückenschmerzen, Bauchschmerzen
- Schwäche, Benommenheit, Nervosität, Stimmungsschwankungen
- allergische Hautreaktionen: Juckreiz, Hautausschlag
- Sexualstörungen: Libidosteigerung, Libidoverlust
In Kombination mit starkem Rauchen ist das Thromboserisiko erhöht.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
- Karzinome
- ungeklärte genitale Blutungen
- Endometriose
- schwere Hypertonie
- Herzerkrankungen, KHK
- Erkrankungen der okulären Blutgefäße
- Lungenembolie
- Beinvenenthrombose, Thrombophilie, Blutgerinnungsstörung
- Anämie
- schwere Nierenfunktionsstörungen
- schwere Leberfunktionsstörungen, Hepatitis
- Schwangerschaft
Labormedizin
Material
Zur Bestimmung der Konzentration an Estradiol im Blut wird 1 ml Serum benötigt.
Referenzbereiche
Für Frauen sind die Referenzbereiche für die Serumkonzentration von Estradiol unter anderem abhängig von der Zyklusphase.
Zyklus- bzw. Lebensphase | Referenzbereich |
---|---|
frühe follikuläre Phase | 20 bis 190 pg/ml |
präovulatorischer Peak | 150 bis 530 pg/ml |
luteale Phase | 55 bis 210 pg/ml |
Postmenopause | < 30 pg/ml |
Schwangerschaft, 1. Trimester | 300 bis 7.000 pg/ml |
Schwangerschaft, 2. Trimester | 1.000 bis 17.900 pg/ml |
Schwangerschaft, 3. Trimester | 4.300 bis 17.600 pg/ml |
Unter Estradiolsubstitution postmenopausaler Frauen sollte ein Serumspiegel von > 40 pg/ml erreicht werden.
Für Männer gilt:
- Serumkonzentration an Estradiol: 12 bis 34 pg/ml
Für präpubertäre Kinder gilt:
- Mädchen: < 20 pg/ml
- Jungen: 3 bis 7 pg/ml
Erhöhte Werte
Eine erhöhte Serumkonzentration an Estradiol kann auftreten bei:
- medikamentös induzierten Polyovulationen
- periovulatorischer Phase
- Überdosierung von Östrogenen
- Follikelpersistenz
- Östrogenproduzierenden Tumoren (Granulosazelltumor, Thekazelltumor)
- Schwangerschaft
- Leber- und Nierenfunktionsstörungen (verlangsamter Estradiolmetabolismus)
- massiver Adipositas
Falsche hohe Werte können durch kreuzreagierende Substanzen, wie zum Beispiel Östron auftreten.
Erniedrigte Werte
Eine erniedrigte Serumkonzentration kann bei einer Ovarialinsuffizienz auftreten. Funktionelle oder morphologische Veränderungen des Ovars können eine primäre Ovarialinsuffizienz auslösen, wie es zum Beispiel in der Postmenopause der Fall ist. Eine sekundäre Ovarialinsuffizienz wird durch eine fehlende Stimulation des Ovars induziert, beispielsweise bei einer Hypophyseninsuffizienz oder durch die Einnahme von Kontrazeptiva. Beiden Insuffizienzformen sind Anovulation und eine Corpus-luteum-Insuffizienz gemeinsam.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 01.04.2021