Synonyme: Beschneidung, Circumcisio
Englisch: circumcision
Die Zirkumzision ist die heute chirurgisch durchgeführte Umschneidung des Präputiums (Vorhaut) mit teilweiser oder kompletter Resektion.
Ein Großteil der Zirkumzisionen wird heute aus religiös-rituellen Gründen und aus kosmetisch-"hygienischen" Gründen durchgeführt. Besonders in den USA ist die frühzeitige Beschneidung noch gängige Praxis, obwohl medizinische oder hygienische Vorteile in klinischen Studien nie nachhaltig belegt werden konnten.
Strenge medizinische Indikationen für die Zirkumzision lassen sich bei Erwachsenen nur selten stellen.[1] Im Kindesalter ist dies hingegen häufig der Fall. Vor allem Verengungen der Vorhaut (Phimosen und Erkrankungen der genitalen Schleimhäute (beispielsweise der Lichen sclerosus et atrophicus ) können eine therapeutische Beschneidung notwendig werden lassen.
Die Zirkumzision ist einer der am häufigsten durchgeführten chirurgischen Eingriffe beim männlichen Geschlecht. Jedes Jahr werden circa 13,3 Millionen Männer weltweit beschnitten.[2] Die Zirkumzision wird im Wesentlichen aus drei verschiedenen Indikationen durchgeführt:
Auch in Deutschland wird die Zirkumzision häufig auch ohne religiösen oder kulturellen Hintergrund ohne strenge Indikationsprüfung durchgeführt. Dies liegt zum einen daran, dass die Zirkumzision als kleiner chirurgischer Eingriff angesehen wird, der nach weit verbreiteter Meinung keine (insbesondere negativen) Folgen für den Patienten habe. Zum anderen begünstigen angebliche medizinische Vorteile der Routine-Zirkumzision im Sinne einer Prophylaxe eine großzügige Indikationsstellung.
Nach kritischer Betrachtung muss man jedoch heute zu dem Schluss gelangen, dass der Zirkumzision kein medizinischer Nutzen zugesprochen werden kann bei der Verbesserung der Genitalhygiene, Verringerung der Inzidenz von Harnwegsinfektionen, sexuell übertragbaren Krankheiten oder der Krebsprävention. Nur bei der pathologisch erworbenen Phimose, nach Scheitern aller verfügbaren konservativen Behandlungsverfahren, ist die Zirkumzision medizinisch indiziert. Dagegen steht eine nicht zu vernachlässigende Rate perioperativer und postoperative Komplikationen zwischen 2% und 10%.[3] Auch ist die Zirkumzision mit Langzeitfolgen in anatomischer, sexueller und psychischer Hinsicht verbunden. Auch wenn letztere Punkte schwer zu untersuchen sind, kann die Zirkumzision sicher nicht diesbezüglich als harmloser und folgenloser Eingriff abgetan werden. Es liegen viele Berichte über die negativen Folgen der Zirkumzision sowohl für den Patienten selbst als auch für dessen Sexualpartner vor, ferner häufen sich die wissenschaftlichen Belege für die negative Auswirkung der Zirkumzision auf die Sexualität des Mannes sowie dessen Partner.
Aus welcher Indikation oder Motivation heraus die Zirkumzision durchgeführt wird, sie hat immer den partiellen oder kompletten Verlust des Präputiums zur Folge.
Histologisch besteht die Vorhaut aus 5 Schichten: Äußeres Vorhautblatt mit Epidermis (verhorntes Plattenepithel) und darunter liegender Dermis und inneres Vorhautblatt mit nicht verhorntem Plattenepithel und darunter liegender Lamina propria.
Dazwischen findet sich eine embryologisch im Rahmen der sog. Präputialfaltung eingewachsene temperaturempfindliche Muskelschicht, die sogenannte Tunica dartos, die aus glatter Muskulatur und Bindegewebsfasern besteht und dafür sorgt, dass sich die Penisschafthaut und Skrotalhaut bei Temperaturerniedrigung zusammenziehen.[4] In dieser Schicht erfolgen auch die meisten histologischen Veränderungen im Rahmen der Entwicklung der physiologischen Phimose zur zurückziehbaren Vorhaut, wobei sich das Verhältnis glatter Muskelfasern zu elastischem Bindegewebe zugunsten des elastischen Bindegewebes verändert.[4]
Im Rahmen der embryonalen Entwicklung (8. - 16. Schwangerschaftswoche) besteht zunächst keine Trennung zwischen Glans penis und Vorhaut, das Epithel des inneren Vorhautblattes und das Epithel der Glans bilden eine Einheit. Dieser Zustand dauert nach der Geburt bis teilweise weit in die Pubertät hinein an und ist als sogenannte Vorhautverklebung bekannt.
Überhaupt muss die embryonale Entwicklung der Glans penis, der distalen Harnröhre und des Präputiums als Einheit gesehen werden, da eine Störung dessen meist eine Störung der Entwicklung aller drei Bestandteile zur Folge hat. Typisches klinisches Beispiel hierfür ist die distale Hypospadie mit einem nicht-zirkulärem Präputium (Vorhautschürze) und offener Fossa navicularis und fehlender distaler Harnröhre.
Nach der Geburt hat die Vorhaut für die Glans und den Meatus urethrae eine Schutzfunktion vor mechanischen Einflüssen und Schmutz und Schadstoffen jeder Art. So kommt es nach Zirkumzision immer zu einer nachweisbaren Keratinisierung der Glans.
Werden Jungen im Windelalter beschnitten, kann es auf Grund der permanenten Irritation des freiliegenden Meatus zu wiederholten Entzündungen des Meatus urethrae (Harnröhrenöffnung) und infolge davon zur sog. Meatusstenose (Verengung der Harnröhrenöffnung) kommen.[5]
Ferner ist in diesem Alter die Zirkumzision mit besonders starken postoperativen Schmerzen für den Jungen und mit einem größeren Risiko für Komplikationen verbunden, da die Operationswunde und die freiliegende Eichel den Ausscheidungen in der Windel ausgesetzt sind.
Eine weitere Funktion des Präputiums ist die Aufrechterhaltung einer stabilen Bakterienflora zur Infektprophylaxe.[4][6]
Das innere Vorhautblatt und die Eichel des Penis bestehen aus Schleimhautgewebe. Schleimhautoberflächen finden sich auch im Mundraum, den Augen, und in allen anderen Körperöffnungen einschließlich den weiblichen Genitalien und erfüllen mehrere immunologische und hygienische Funktionen.
Die innere Vorhaut enthält apokrine Drüsen, die Cathepsin B, Lysozym, Chymotrypsin, neutrophile Elastase, Zytokine, sekretieren.
Lysozym, das man auch in Tränen, der menschlichen Milch und anderen Körperflüssigkeiten vorfindet, zerstört bakterielle Zellwände und tötet so schädliche Bakterien ab.[6]
Ferner enthält die Vorhaut Plasmazellen, die sich gemäß der Erregerkonzentration vermehren, und Antikörper sezernieren.[6]
Im Gegensatz zur Glans penis, welche durch freie Nervenendigungen und einiger Ruffini-Endigungen fast nur zur Wahrnehmung von Schmerzreizen fähig ist,[7] enthält die Vorhaut zusätzlich Mechanorezeptoren (Meißner-Tastkörperchen, Vater-Pacini-Tastkörperchen, Merkel-Zellen), die für eine hoch auflösende Oberflächensensibilität sorgen.[4]
Besonders nah an der Oberfläche liegen diese spezialisierten Nervenenden am sogennanten gefurchten Band. Dieses gefurchte Band entspringt am Frenulum und umkreist die Vorhautöffnung.[8]
Die Gewebestellen, deren Nervenenden am empfindlichsten auf leichte Berührungsreize reagieren, befinden sich -völlig ausnahmslos- auf der Vorhaut.[9]
Die Vorhaut erfüllt mehrere mechanische Funktionen, die für eine normale sexuelle Funktion wichtig sind.
Durch die Vorhaut dringt der Penis ohne Reibung in die Vagina ein, während die Vorhaut sich zurückstreift. Durch die fehlende Vorhaut ist die für die Penetration benötigte Kraft um das 10-fache erhöht.[10]
Shen et al. geben an, dass 43.1 Prozent der als Erwachsene beschnittenen Männern die Penetration infolge der Zirkumzision als schwierig empfinden.[11]
Nach der Penetration, ermöglicht die Vorhaut das reibungsfreie Gleiten des Penis vor und zurück innerhalb seiner eigenen Vorhaut. Diese Gleitwirkung sorgt für eine starke Reduktion an Reibung [12] und vaginaler Trockenheit[13][14], was den Geschlechtsverkehr für beide Partner vergnüglicher macht.
Phimose ist eine vage und ziemlich ungenaue Bezeichnung, die jedweden Zustand beschreibt -egal ob dieser krankhaft ist oder nicht-, in dem die Vorhaut nicht über die Glans zurückgezogen werden kann. Die fehlende Zurückziehbarkeit allein besitzt noch keinen Krankheitswert und ist, sofern sie frei von Krankheitssymptomen bleibt, mindestens bis zum Abschluss der Pubertät physiologisch, d.h. nicht behandlungsbedürftig.[15][16]
Es gibt kein bestimmtes Höchstalter, bis zu dem ein Junge seine Vorhaut spätestens zurückziehen können muss. Diverse in der Literatur genannte Fristen zur Vorhautentwicklung haben keine wissenschaftliche Grundlage.
Von dieser physiologischen Phimose zu unterscheiden ist die pathologische Phimose, die sich durch akute Beschwerden zeigt, und der im wesentlichen 2 Erkrankungen zugrunde liegen:
Im Rahmen der Lösung des inneren Präputialblattes von der Glans (Ablösungsprozess) kann es zu Entzündungen kommen, die insbesondere bei Wiederholung durch Vernarbung zur Fixierung der Vorhautenge führen können.
Beachtet werden muss, dass rezivierende Balanoposthitiden oft äußere Ursachen haben, wie die Verwendung von scharfen Seifen beim Waschen, gewaltsame Retraktionen der Vorhaut durch Ärzte oder Eltern, oder Chemikalien, wie sie etwa im chlorierten Wasser von Schwimmbädern enthalten sind.
Exzessives Waschen und ganz generell die Anwendung von Seife, insbesondere auf die empfindlichen Schleimhäute der Eicheloberfläche und der inneren Vorhaut, sollte vermieden werden, weil diese Balanoposthitiden (Eichelentzündungen) oder Pilz-Infektionen begünstigen können.[17] Sollte tatsächlich Seife verwendet werden, muss diese gründlich und restlos abgespült werden, bevor die Vorhaut zurück auf ihre Vorderposition geschoben wird.
Eine Zirkumzision ist keine wirksame Behandlungsoption bei rezidivierenden Balanoposthitiden (wiederkehrenden Eichelentzündungen). Es gibt keine einzige wissenschaftliche Untersuchung, die belegt, dass eine Beschneidung eine therapeutische Wirksamkeit bei der Behandlung rezidivierender Balanitiden habe.[1]
Diese Erkrankung tritt selten vor dem 5 Lebensjahr auf.[18] Histologisch entspricht das Bild dem des Lichen sclerosus et atrophicus mit Atrophie und Elastizitätsverlust der betroffenen Hautareale. Die Erkrankung ist häufig nicht auf das Präputium begrenzt, sondern tritt gleichzeitig an Glans und Meatus auf. Die Balanitis xerotioca obliterans galt lange Zeit als absolute Indikation zur Zirkumzision. Jedoch ist heute auch bei dieser Erkrankung eine Behandlung mit stark wirksamen Glucocorticoiden (bsp. Clobetasolproprionat) die Therapie der Wahl.[19]
Jenseits medizinischer Indikationen werden von Beschneidungsbefürwortern eine Reihe gesundheitlich präventiver Vorteile vorgebracht.
Seitens Beschneidungsbefürwortern wird die Meinung vertreten, dass die Zirkumzision die Genitalhygiene verbessern könne. So argumentieren Beschneidungsbefürworter, die Beschneidung "schaffe trockene Verhältnisse", was zu einer verringerten Keimbesiedlung führe und somit hinsichtlich des Infektionsrisiko als "günstigere Grundsituation" einzuschätzen sei.[20] Auch würde durch die Zirkumzision die Ansammlung von Smegma erschwert und Smegmaansammlungen vorgebeugt, die als Herd für Entzündungen ausgemacht werden.[21]
Wissenschaftlich belegt sind diese Mutmaßungen jedoch nicht. Vielmehr deuten neue Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Zirkumzision die Genitalhygiene eher verschlechtert als verbessert.[22]
Die durch die Zirkumzision entblößte Eichel ist eher als schmutziger denn als sauberer anzusehen, da diese permanent Schmutz, Hautabrieb, und Schadstoffen sowie Keimen jeglicher Art ausgesetzt ist.[22]
Studien zufolge leiden beschnittene Jungen häufiger an Balanitis, Meatitis, Verwachsungen mit der Eichel und Meatusstenose.[22]
Besonders problematisch hinsichtlich der Hygiene sind Zirkumzision insbesondere während der Windeljahre, in denen die sich mit Urin verbinden Fäkalien nicht nur den entblößten Meatus urethrae ätzen können sondern auch die Amputationswunde der Operation selbst.[23]
Häufig wird die Reduzierung der Inzidenz von Harnwegsinfektionen (HWI) als Begründung zur Routine-Zirkumzision angeführt. [24]
Der amerikanische Militärarzt Thomas Wiswell kam Mitte der 1980er in seiner Studie, in der er retrospektiv die Krankenhausunterlagen von in US-amerikanischen Militärkrankenhäusern geborenen Jungen ansah, zu dem Schluss, dass intakte Säuglinge ein 10-20 mal größeres Risiko hätten an einer Harntraktinfektionen zu erkranken als beschnittene Säuglinge.[25][24]
Von den 28 Fällen von Harnwegsinfekten, die er in seiner Studie entdeckte, waren 4 beschnitten und 24 nicht. Es wurde nicht erwähnt, dass viele der unbeschnittenen Jungen kongenitale Probleme hatten, die eine Infektion begünstigt haben könnten. Ferner setze Wiswell die Präsenz von Bakterien im Urin mit Harntraktinfektionen gleich.
Doch selbst laut Wissels zweifelhaften Werten seiner retrospektiven Studie fällt der protektive Effekt durch die Zirkumzision bescheiden aus: Gemäß seiner Studie beträgt die Inzidenz von Harntraktinfekten im 1. Lebensjahr bei einem intakten Knaben 1,12 %, während sie bei einem zirkumzidierten Knaben hingegen nur 0,11 % beträgt. Sie sei laut Wiswell um mehr als den Faktor 10 geringer. Bei der aber insgesamt niedrigen Inzidenz von max. 1,12 % wären selbst auf Basis Wiswells Studie über 100 Zirkumzisionen notwendig, um nur einen unkomplizierten Harnwegsinfekt verhindern zu können.[18]
Andere Studienergebnisse legen nahe, dass die Zirkumzision das ohnehin geringe Grundrisiko für Harntraktinfektionen eher erhöht als denn verringert.
Eine Studie von 47 fiebrigen Säuglingen, von denen 17 % unter Harntraktinfektion litten, waren alle der Kinder mit Harnwegsinfektion männlich und die Harntraktinfeke traten wenige Tage nach deren rituellen Beschneidung auf.[26] Die Resultate bestätigen die Ergebnisse einer früheren Studie des selben Hauptautors.[27]
Goldmann und Kollegen observierten die Häufigkeit von Harntraktinfekten infolge ritueller Zirkumzision und gelangten zu dem Schluss, dass es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Harntraktinfektionen und Zirkumzisionen geben könne.[28]
Cohen und Kollegen untersuchten die Epidemiologie von Harntraktinfektionen während des 1. Lebensjahres bei 169 Kindern. Sie stellten fest, dass die rituelle Zirkumzision, wie sie in Israel praktiziert wird, ein Risikofaktor für Harntraktinfektionen innerhalb des 12 tägigen Zeitraums nach dem Eingriff darstellt.[29]
Bislang wurde nur eine randomisierte kontrollierte Studie über die Beziehung zwischen Zirkumzision und Harntraktinfektionen durchgeführt. Diese Studie stellte fest, dass die Zirkumzision kein wirksames Mittel weder zur Prävention noch zur Therapie von (rezividierenden) Harntraktinfektionen ist, selbst bei Kindern, die unter vesikoureteralem Reflux - einer Fehlbildung der unteren Harnwege - leiden. Diese Studie entkräftete damit die Ergebnisse Wiswells retrospektiver Studien, denen zufolge die Zirkumzision Harntratinfekten bei Jungen vorbeugen könne.[30]
Schon 1855 publizierte der einflussreiche englische Chirurg Jonathan Hutchinson seine Vermutungen über einen Zusamenhang zwischen Zirkumzisionsstatus und der Übertragung von Geschlechtskrankheiten[31]. Seit der Zeit sind dutzende Studien darüber veröffentlicht, die insbesondere zu Krisenzeiten des 2. Weltkrieges durchgeführt wurden. Die Ergebnisse der Studien sind widersprüchlich. So können letztlich keine signifikanten Unterschiede bezüglich des Zirkumzisionsstatus gesehen werden, weder in der bakteriellen Flora (Mycobactus smegmaticus, Mycoplasmen, Trichomonaden, Chlamydien, Candida) noch in der Häufigkeit sexuell übertragbarer Krankheiten (Gonorrhö, Urethritis sonst. Genese, Lues, Ulcus molle, Herpes, HIV).[32]
In der Diskussion um die HIV-Bekämpfung wird auch in jüngerer Literatur die Zirkumzision aller Männer als einzig wirksames Mittel zur Eindämmung der HIV-Epidemie in Entwicklungsländern beworben[33][34] Aber diese Vermutungen lassen sich nach anderen Untersuchungen nicht halten[35][36][37], zumal die Rolle der immunkompetenten Langerhans-Zellen, die auch in der Vorhaut reichlich vorkommen, heute geklärt ist: Bis vor kurzem wurde diskutiert ob die in der Vorhaut selbst in hoher Konzentration sowie nah an der Hautoberfläche vorliegenden Langerhans-Zellen für die Übertragung von Viren beim Geschlechtsakt hauptverantwortlich wären. Heute ist jedoch bekannt, dass Langerhans-Zellen, die sich in der Vorhaut befinden, Langerin produzieren, eine Substanz, die den HI-Virus bei Kontakt unschädlich macht. [38]
Darüber hinaus steigt durch die Zirkumzision das Verletzungsrisiko durch Epitheleinrisse und so das Ansteckungsrisiko.[32] In den USA sind derzeit etwa 70-80% der sexuell aktiven Männer beschnitten[35]; gleichzeitig ist die HIV-Infektionsrate dort die höchste aller Industrienationen. Ganz sicher spielen sozio-ökonomische, kulturelle und ethnische Faktoren eine übergeordnete Rolle, so dass eine weitere Korrelation zu dem Zirkumzisionsstatus nicht mehr möglich ist.
Nation | HIV-Infektionen auf 100.000 Einwohner |
---|---|
USA | 16.0 |
Australien | 4.5 |
Kanada | 3,8 |
Frankreich | 3.5 |
Niederlande | 3.1 |
Großbritannien | 2,4 |
Deutschland | 2,2 |
Schweden | 2,0 |
Norwegen | 1,6 |
Neuseeland | 1,2 |
Finland | 0,9 |
Japan | 0,2 |
Die Inzidenz des Peniskarzinoms liegt in den USA bei 1/100.000 pro Jahr. Allerdings ist die Inzidenz in Japan und in Norwegen, in Ländern also, in denen nahezu keine Zirkumzisionen durchgeführt werden, auch nicht höher als die Gesamtinzidenz in den USA, wo mehr als 70% der sexuell aktiven Männer beschnitten sind. Wichtiger als die Zirkumzision erscheint, dass 75 % aller Fälle eines Peniskarzinoms histologische Anzeichen einer Balanitis xerotica obliterans aufweisen, so dass diese heute als Präkanzerose diskutiert wird.[18]
Auch das Risiko für Zervixkarzinome (Gebärmutterhalskrebs) kann entgegen früherer Meinung nicht durch die Zirkumzision des Partners gesenkt werden. Die Behauptung, dass Frauen von Männern mit intakten Vorhäuten anfälliger für Zervixkarzinome wären, ist widerlegt.[39]
Vielmehr scheint mangelhafte Sexualhygiene von größerer Bedeutung zu sein.[40] Sicher spielen auch hier wie bei den sexuell übertragbaren Krankheiten sozio-ökonomische und kulturelle Faktoren sowie das Sexualverhalten des einzelnen eine übergeordnete Rolle genauso wie die Verbreitung der heute bekannten diesbezüglichen Vektoren, den humanen Papillomviren.
Eine Infektionen mit humanen Papillomviren ist sowohl für die Karzinogenese des Zervixkarzinome wie für manche Typen des Peniskarzinoms mitverantwortlich. Beschnittene Männer genauso wie die Partnerinnen von beschnittenen Männern haben nachweislich kein geringeres Risiko für HPV-Infektionen im Genitalbereich.[41][42][43] Tatsächlich zeigen mehrere Studien, dass beschnittene Männer in den USA signifikant häufiger von HPV-Infektionen betroffen sind als unbeschnittene Männer.[44][45]
Zusammenfassend kann heute ein medizinischer Vorteil im Sinne der Prophylaxe der Routine-Zirkumzision nicht sicher zugesprochen werden.
Die Zirkumzision wird häufig als kleiner Eingriff betrachtet, jedoch ist sie mit einer beträchtlichen Komplikationsrate verbunden.[46] Die exakte Komplikationsrate der Zirkumzision ist unbekannt. Realistisch wird die Komplikationsrate bei Beschneidungen in einem professionellen medizinischen Umfeld auf 2-10% geschätzt d.h., dass es bei mindestens jedem 50. Fall zu Komplikationen kommt.[3] Die häufigsten Komplikationen sind Blutungen oder Infekte.[3][46] Diese Komplikationen der Zirkumzision umfassen unter anderen:
siehe auch: Komplikationen der Zirkumzision
Durch die Zirkumzision kommt es, je nach Radikalität, zu einem Verlust von ungefähr 50 % der gesamten Haut des Penis wie auch zum oben beschriebenem Verlust von sensorischen Nervenenden, einschließlich fast aller spezialisierten Nervenenden und dadurch bedingtem Sensibilitätsverlust. Zusätzlich können durch die Durchtrennung der die Vorhaut versorgenden Nerven nahe der Zirkumzisionsnarbe histologisch nachweisbare Neurome entstehen, die zu zusätzlichen Beschwerden führen können.[4]
Durch die fehlende Schutzfunktion der Vorhaut kommt es insbesondere mit steigendem Lebensalter zur Keratinisierung (Verhornung) der Eicheloberfläche, was einen weiterem Sensibilitätsverlust zur Folge hat. Zusätzlich zur Keratinisierung der Glansoberfläche ist der Meatus direkter äußerer Irritation ausgesetzt.
Durch die zwangsläufige Durchtrennung der Frenulumarterie kommt es zumindest zeitweise zur Hypoperfusion der distalen Harnröhre und des Meatus, so dass all diese Faktoren zu einer Meatusstenose führen können, die in etwa 1 - 2 % der Fälle auftritt. Bei der Zirkumzision von Jungen im Säuglingsalter und im Windelalter wird diese Komplikation in bis zu 32 % der Fälle angegeben,[5] was auf eine stärkere Vernarbung der Eicheloberfläche infolge der gewaltsamen Lösung der physiologischen Vorhautverklebung sowie des ständigen Kontaktes der Operationswunde mit den Ausscheidungen der Windel zurückzuführen ist.
Die Vorhaut ist ein primär erogenes Gewebe, das für eine normale Sexualfunktion notwendig ist.[4]
Ein Großteil der Nervenendigungen und die überwiegende Mehrzahl der spezialisierten Nervenendigungen (Mechanorezeptoren wie Meissner-Körperchen, Merkel-Zellen, Vater-Pacini-Körperchen, und Ruffini-Körperchen) des Penis befinden sich auf der Vorhaut. Folglich wird durch die Zirkumzision dem Knaben oder Mann der Großteil der erogenen Nervenenden, sowie fast alle der spezialisierten Nervenenden seines Penis irreversibel entfernt.
Sofern Männer dies beurteilen können, da sie erst im Erwachsenenalter beschnitten worden sind, berichtet die signifikante Mehrzahl über spürbaren Sensibilitätsverlust.[12] Eine großangelegte Sensitivitätsstudie aus den USA, bei der Berührungsempfindlichkeit des Penis objektiv durch speziell kalibrierte Messinstrumente untersucht wurde, konnte belegen, dass durch Beschneidung die fünf empfindlichsten Stellen des Penis irreversibel entfernt werden.[9]
Die nach der Beschneidung noch verbleibende Sensitivität liegt vorwiegend in der Eichel. Diese restliche Sensitivität wird, infolge der Entfernung der schützenden Vorhaut und der damit verbundenden Keratinisierung der Eicheloberfläche, weiter reduziert. Diese Desensibilisierung des Penis infolge des Verlustes an erogenem Gewebe einerseits und des zusätzlichen Empfindlichkeitsverlustes des noch verbliebenen erogenen Gewebes aufgrund der Keratinisierung der Glans andererseits zeigt sich auch in einer nachweisbaren Verminderung des sexuellen Vergnügens. [50][11]
Die Verlängerung der Zeit bis zur Ejakulation wird häufig als positiver Effekt der Beschneidung dargestellt, [51] sie geht jedoch Hand in Hand mit dem Verlust an Penissensibilität.[52] Auf der anderen Seite berichten beschnittene Männer öfters über vorzeitige Ejakulation als unbeschnittene.[12]
Und auch das sexuelle Erleben der Partnerin bzw. des Paares wird negativ beeinflusst.[53][12] So berichten alle Paare durch die fehlende Gleitfunktion der Vorhaut von einem merklichen Sekretverlust während dem Geschlechtsverkehr mit wahrnehmbar erhöhter Reibung und dadurch bedingtem Diskomfort bis hin zur vaginalen Dyspareunie.[12] Auch berichten Frauen beschnittener Partner über eine signifikant niedrigere Häufigkeit vaginaler Orgasmen.[12][35]
Künstliche Gleitmittel sind häufiger notwendig. K. O'Hara merkt an, dass bei Paaren mit beschnittenem Mann signifikant häufiger Sexualpraktiken wie Analverkehr, Masturbation und Fellatio praktiziert werden und begründet dies mit dem möglichen Diskomfort während des vaginalen Koitus einerseits, andererseits mit der Suche des Mannes nach intensiveren Stimuli aufgrund der geringeren Penissensibilität.[35][12]
Eine umfangreiche dänische Studie an über 5000 Männer und Frauen, die die sexuellen Auswirkungen der Beschneidung untersuchte, stellte fest, dass die Zirkumzision mit einer Vielzahl sexueller Probleme sowohl für die zirkumzidierten Männer als auch für deren Partnerinnen verbunden ist. Der Studie zufolge, leiden beschnittene Männer häufiger an Orgasmus-Schwierigkeiten und Frauen beschnittener Partner häufiger an sexuellen Problemen wie unter anderem Orgasmus-Schwierigkeiten, Schwierigkeiten bei der Penetration, Dyspareunie (schmerzhafter Geschlechtsverkehr) und einem "Gefühl der unvollständigen Erfüllung sexueller Bedürfnisse".[54]
Die Masturbation wird durch die Beschneidung ebenfalls erschwert, lange Zeit in Amerika Hauptmotivation für diese Operation.[50][53]
Zusammenfassend muss davon ausgegangen werden, dass die negativen Auswirkung der Zirkumzision auf die Sexualfunktion und das Sexualleben beider Partner überwiegen.
Die Zirkumzision, in welchem Alter sie auch durchgeführt wird, wirkt zweifellos als Trauma.[55] Insbesondere die Neugeborenenzirkumzision wie sie in den USA praktiziert wird, die auch noch heute in den meisten Fällen ohne jedwede Betäubung durchgeführt wird, muss als erhebliches Trauma für das Kind betrachtet werden. Erhöhte Pulsraten und Serumcortisolspiegel als Stressparameter sind infolge der Neugeborenenzirkumzision messbar.[56][57][58] Noch mindestens 6 Monate nach dem Eingriff können stärker als gewöhnlich Verhaltensauffälligkeiten der Kinder beobachtet werden, wenn diese z. B. eine Injektion erhalten.[59] Beschnittene Knaben weisen eine geringere Schmerzhemmschwelle auf als Mädchen oder intakte (nichtbeschnittene) Jungen.[59]
Insbesondere die Mutter-Kind-Beziehung scheint hier mehr betroffen zu sein, wobei auch die öfters prinzipiell negative Haltung der Mütter zur Zirkumzision hierbei eine Rolle spielen mag.
Erkenntnisse über psychische Langzeiteffekte der Zirkumzision waren lange Zeit rar und beschränkten sich im Wesentlichen auf Einzelberichte über besonders traumatisch erlebte Eingriffe mit nachfolgender Entwicklung von Verlustgefühlen bis hin zur manifesten Depression.[2]
Heute gibt es jedoch eine gewisse Anzahl von Studien, die psychische Schäden infolge Zirkumzisionen aufzeigen.[53][60] Eine in den Philippinen durchgeführte Studie zeigte auf, dass 50% der Knaben, die mit Betäubung beschnitten wurden und etwa 70%, die ohne Anästhetikum operiert wurden, eine posttraumatische Belastungsstörung davontragen.[60]
Aufschlussreich sind die Ergebnisse mehrerer Umfragen über die eigene Zufriedenheit des jeweiligen Status. Demnach sind 80 % der befragten Unbeschnittenen mit diesem Zustand zufrieden, während nur 3 % damit unzufrieden sind. 17 % haben dazu keine explizite Meinung. Dem entgegen sind nur 38 - 50 % der Beschnittenen zufrieden mit ihrem Status und sogar 20 % unzufrieden. In der Gruppe der Beschnittenen hatten etwa 40 % der Befragten hierzu keine explizite Meinung.[61][2]
Ende des 19. Jahrhunderts wurde in den englischsprachigen Teilen Kanadas, Australiens, Neuseelands den USA und Großbritannien die Zirkumzision von Jungen als Prävention gegen die Masturbation oder zur Bestrafung dafür propagiert, und wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in diesen Ländern weithin praktiziert.
Tatsächlich war die Eindämmung, Prävention und Bestrafung der als unsittlich und krankhaft angesehenen Masturbation unter Jungen, sowie allgemein die Verringerung des sexuellen Empfindens, die ursprüngliche Hauptmotivation für die Einführung der routinemäßigen Zirkumzision in den angelsächsischen Ländern Ende des 19. Jahrhunderts, was die medizinische und medizinhistorische Literatur zweifelsfrei hinterlegt.[62][63]
Die nicht-religiöse routinemäßige Zirkumzision von Jungen in den englischsprachigen Ländern entstand folglich in einem sexualfeindlichen Klima, ganz besonders was die Masturbation anbelangte. K. E. Paige führt aus: "In den USA entwickelten sich die gegenwärtigen medizinische Beweggründe [für die Beschneidung], erst nachdem die Operation bereits weithin praktiziert wurde. Der ursprüngliche Grund für die chirurgische Entfernung der Vorhaut oder des Präputiums, war die Kontrolle des "Masturbationsschwachsinns"-eine Bandbreite an geistigen Störungen, die die Leute auf die "befleckende" Praktik des "Selbst-Missbrauchs" zurückführten."[62]
Zur gleichen Zeit, Ende des 19. Jahrhunderts, in der Beschneidungen von Jungen zur Masturbationsprävention und zur Lustverminderung beworben wurden, wurden aus dem gleichen Grunde auch Klitoridektomien an Frauen und Mädchen beworben und auch durchgeführt. Noch 1936 befürwortete L. E. Holt, Autor von Lehrbüchern der Kinderheilkunde die Beschneidung von Jungen wie von Mädchen als Behandlungsmassnahme gegen die Masturbation.[62]
Der australische Medizinhistoriker Robert Darby führt im Australian Medical Journal aus, dass sich die Beschneidungsbefürworter des 19. Jahrhunderts der sexuellen Empfindlichkeit der Vorhaut sehr wohl bewusst waren: "Im 19. Jahrhundert wurde die Rolle der Vorhaut für die erotische Empfindung sehr gut verstanden von den Ärzten, die sie genau deshalb abschneiden wollten, weil sie sie für den wichtigsten Faktor für die Masturbation bei Jungen hielten. Der Viktorianische Arzt und Venerologe William Acton (1814–1875) verdammte das Präputium als "Quelle ernsthaften Unheils", und die meisten seiner Zeitgenossen waren gleicher Meinung. Sowohl Gegner als auch Befürworter stimmten darin überein, dass die bedeutende Rolle der Vorhaut für die sexuelle Reaktion der Hauptgrund war, warum sie entweder in Ruhe gelassen oder entfernt werden sollte. William Hammond, ein Professor für Psychiatrie aus New York im späten 19. Jahrhundert, merkte an, dass die Zirkumzision, wenn sie im frühen Leben durchgeführt wird, im allgemeinen die lustvollen Empfindungen des Geschlechtsverkehrs vermindert, und sowohl er als auch Acton sahen die Vorhaut als notwendig für die optimale sexuelle Funktion an, insbesondere im hohen Alter. Jonathan Hutchinson, ein englischer Chirurg und Pathologe (1828–1913), und viele andere, hielten dies für den wichtigsten Grund, warum sie entfernt werden sollte."[64]
Jedoch ging die Beschneidungsrate in Großbritannien nach dem 2. Weltkrieg und mit einer gewissen Verzögerung in Neuseeland, Australien, und Kanada stark zurück. Die Säuglingsbeschneidung wurde in Neuseeland und Großbritannien vollständig aufgegeben und ist in Australien und Kanada stark zurückgegangen (siehe Tabelle 1).
Land | Jahr | Rate der Routinezirkumzisionen in (%) |
---|---|---|
USA | 2003 | 55% [65] |
Kanada | 2003 | 14%* [66] |
Australien | 2011 | 12%** [67] |
Vereintes Königreich Großbritannien und Nordirland | 2003 | ~0 % [68] |
Neuseeland | 1995 | <0,5% [69] |
In Deutschland sind laut den Ergebnissen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS), das in den Jahren 2003 bis 2007 durchgeführt wurde, circa 9,9% der männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund beschnitten,[70] während in Dänemark im Jahr 1986 - zu einem Zeitpunkt, als für häufig diagnostizierte Vorhautprobleme keine der heutigen konservativen Therapieformen verfügbar waren - die Zirkumzisionsrate bei 15-jährigen Knaben nur 1,6 % betrug.[71]
Neuere Erkenntnisse bestätigen die Überdiagnose von Vorhauterkrankungen und übermäßige Indikation von Zirkumzisionen.
So ist laut Informationen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK in den Jahren 2006 bis 2011 die Anzahl der Vorhautoperationen, sowohl im ambulanten und klinischen Bereich, um 30% angestiegen, obwohl die Zahl der versicherten Jungen im gleichen Zeitraum um fünf Prozent sank. Die kassenärztliche Bundesvereinigung verzeichnete für die Jahre 2008 und 2011 allein im ambulanten Bereich sogar einen Anstieg um 34 Prozent.[72]
Zirkumzisionen sind für niedergelassene Kinderchirurgen und Urologen eine relevante Einnahmequelle. Dies zeigt die Rangfolge der Diagnosen: Die Phimose kommt in kinderchirurgischen Praxen auf Platz eins, gefolgt von Leistenoperationen und dem Hodenhochstand. Rund 21.000 Zirkumzisionen führen die niedergelassenen Kinderchirurgen nach eigenen Angaben im Jahr durch, was bei 300 Euro je Eingriff einen Ertrag von etwa sechs Millionen Euro allein durch Beschneidungen bedeutet.[72]
Dass Zirkumzisionen für ambulante Chirurgen einen wirtschaftlichen Faktor darstellen, lässt sich daraus ableiten, dass einige niedergelassene Chirurgen auf ihren Praxiswebseiten inkorrekte, breit-gesetzte Indikationskriterien für die Zirkumzisionen bewerben – etwa indem sie Altersfristen angeben, ab denen Jungen eine zurückziehbare Vorhaut haben oder andernfalls operiert werden müssen.[72]
Nach der Reichsgerichtshofentscheidung aus dem Jahre 1894 ist jeder ärztliche Eingriff als Körperverletzung anzusehen und damit strafbar. Die Gesetzlichkeit eines ärztlichen Eingriffes stützt sich auf drei Voraussetzungen, die gegeben sein müssen:
Die Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff ist nur rechtens, wenn hierdurch die Interessen des Kindes gewahrt bleiben. Ist die Zirkumzision medizinisch indiziert, kann diese Frage eindeutig positiv beantwortet werden. Die Zirkumzision ohne zwingende medizinische Notwendigkeit insbesondere im Neugeborenenalter weist keinen erwiesenen medizinischen Vorteil auf, ist andererseits aber auch kein folgenloser Eingriff angesichts möglicher Komplikationen und negativer Langzeiteffekte.
In der Bundesrepublik Deutschland stellt die Zirkumzision ohne zwingende medizinische Notwendigkeit auch bei ausdrücklicher schriftlicher Einwilligung der Eltern eine vorsätzliche Körperverletzung dar.[73][74][75]
Der Straftatbestand Körperverletzung nach §223 StGB ist auch dann erfüllt, wenn die Personensorgeberechtigten der Beschneidung zugestimmt haben. Denn diese Einwilligung ist unwirksam, da der Eingriff nach der deutschen Rechtsordnung nicht dem „Wohl des Kindes“ §1627 Satz 1 BGB) entspricht, den Personensorgeberechtigten also die Verfügungsgewalt über das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit fehlt.[73][76][77]
Dementsprechend entschied das Landgericht Köln in einem viel beachteten Urteil, dass auch die Beschneidung eines Minderjährigen aus religiösen Gründen den Straftatbestand der Körperverletzung erfülle.[78] Nachdem es daraufhin zu einer breiten Diskussion der Beschneidung aus religiösen Gründen in der Öffentlichkeit kam, erfolgte eine gesetzliche Regelung.[79][80]
Abgesehen von rituellen und religiösen Beschneidungen werden auch zu viele unnötige medizinisch indizierte Zirkumzisionen durchgeführt. Es kann derzeit keine begründete positive Aussage über die prophylaktische Wirkung der Zirkumzision bezüglich der Inzidenz von Harnwegsinfektionen, sexuell übertragbarer Krankheiten oder der Malignomentwicklung getroffen werden. Demgegenüber stehen mögliche Komplikationen und negative Langzeitwirkungen anatomischer, funktioneller und psychischer Art.
Die Zirkumzision ist die Amputation der Vorhaut vom restlichen Penis, die zu einer permanenten Veränderung dessen Anatomie, Histologie und Funktion führt.[4]
Zweifellos ist die Zirkumzision ein chirurgischer Eingriff, der wie andere mit möglichen Komplikationen und nachteiligen Auswirkungen einhergeht, und deshalb die gebotenen gesetzlichen und medizinrechtlichen Vorgaben erfüllen muss.
Diese Seite wurde zuletzt am 4. Februar 2020 um 15:20 Uhr bearbeitet.
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