Englisch: phimosis
Eine Phimose liegt vor, wenn das Präputium (die Vorhaut) nicht über den Glans penis zurückgeschoben werden kann.
ICD10-Code: N47 (Vorhauthypertrophie, Phimose und Paraphimose)
Eine nicht zurückziehbare Vorhaut im Kindes und Jugendalter ist bis zum Ende der Pubertät normal (physiologische Phimose), und bedarf keiner Behandlung.[1] Eine pathologische Phimose dagegen, die durch Nebensymptome erkennbar ist, bedarf medizinischer Behandlung. Eine Phimose kann auch im späteren Alter durch nachlassende Hautelastizität oder durch Narben von Verletzungen oder Entzündungen neu auftreten (erworbene oder sekundäre Phimose).
Eine bloße nicht-zurückziehbare Vorhaut ist bis zum Ende der Pubertät ein vollkommen normaler Zustand, und ist keine pathologische, d. h. therapiebedürftige Erkrankung. Eine spontane Weitung erfolgt üblicherweise mit zunehmenden Alter. Eine nicht oder nur teilweise zurückziehbare Vorhaut ist bis zum Alter von 10 Jahren die Regel[2] und kann bei manchen Jungen noch bis zur Vollendung der Pubertät vorliegen. Entgegen dem weit verbreiteten Glauben, gibt es kein bestimmtes Alter, bis zu dem sich die Vorhaut von der Eichel gelöst haben und die Vorhaut zurückziehbar sein muss.
Bei der Geburt ist die Vorhaut mit der Eichel verklebt, um die empfindliche Eichel vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen. Mit der Zeit löst sich diese natürliche Verklebung auf, sodass sich die Vorhaut zurückstreifen lässt. Dieser Ablösungsprozess findet immer in einem individuell verschiedenen Zeitraum statt. Manchmal dauert es bis zum Abschluss der Pubertät, bis sich die Vorhaut von der Eichel gelöst hat.[1][3]
Nur 44% der zehnjährigen, 60% der zwölfjährigen, 85% der vierzehnjährigen und 95% der siebzehnjährigen Jungen haben eine vollständig zurückziehbare Vorhaut.[1]
Natürliche Entwicklung der Vorhaut nach Dr. Jakob Østers repräsentativer Studie an rund 2000 Knaben
Alter in Jahren | Vorhaut zurückziehbar | |
---|---|---|
6-7 | 23% | |
8-9 | 34% | |
10-11 | 44% | |
12-13 | 60% | |
14-15 | 85% | |
16-17 | 95% |
Eine Behandlung bei Vorhautverengung ist, sofern symptomfrei, nicht nötig.
Manche Autoren oder Mediziner verwenden denn Begriff „Präputialverklebung“ bewusst anstelle von „physiologischer Phimose“, da der Begriff Phimose eine Krankheit impliziere, was eine physiologische Phimose nicht ist.
Behandlungsbedürftig ist alleine die pathologische Phimose. Phimosen im Kindes und Jugendalter sind fast immer physiologisch, und sollten, solange keine Beschwerden auftreten, nicht behandelt werden. Nebensymptome die auf eine pathologische Phimose hinweisen können:
Bedenken, dass bei Phimose nicht oder nur schwer entfernbare Smegma könnte zu einem erhöhten Risiko für Penis- oder Gebärmutterhalskrebs beitragen gelten als widerlegt, da Smegma keine karzinogene Substanz ist. Eine Zirkumzision als Prophylaxe gegen Penis- oder Gebärmutterkrebs ist keine sinnvolle Behandlungsoption.
Das Präputium lässt sich bei einer Phimose nicht oder nur teilweise über die Glans zurückziehen.
Einzig eine pathologische Phimose muss behandelt werden. Für die Behandlung der Phimose stehen nach heutigem medizinischen Stand zwei Hauptverfahren offen, konservative Behandlungen (die sowohl nicht-operative und operative Behandlung beinhalten), und invasive operative Behandlungen. Forschungsberichte der letzten Jahre zeigen deutlich, dass konservative, nicht-operative Maßnahmen kostengünstig und effektiv sind.[6][7]
Eine konservative, nicht operative Behandlung ist einer operativen immer vorzuziehen. Eine operative Behandlung sollte erst angedacht werden, wenn eine nicht-operative Therapie gescheitert ist.[8][9][10]
Forschungsbemühungen der letzten Jahre machen deutlich, dass konservative (nichtoperative) Maßnahmen sehr kostengünstig und effektiv sind.[6][7][9][10] So empfehlen Esposito et al.,[6] erst wenn konservative Behandlungsversuche scheitern, sei über einen operativen Eingriff nachzudenken.
Die nichtoperative Behandlung umfasst die Dehnung der Phimose oder das Lösen der Verklebung durch vorsichtiges Verschieben der Vorhaut, soweit dies schmerzfrei und ohne Widerstand möglich ist, unter Aufbringen kortisonhaltiger Salbenpräparate. Diese Maßnahme wird über einen längeren Zeitraum durchgeführt und hat bei sachgerechter Durchführung keine Nebenwirkungen (siehe Esposito et al.[6]); insbesondere stellt sie keinen schwer reversiblen Eingriff dar. Die Erfolgsrate bei der konservativen Behandlung von Phimosen mit Salbenpräparaten liegt nach den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie zwischen 50 % bis 75 %, gemäß neuerer medizinischer Studien sogar noch höher.[9][10]
Topische Cortisonsalbe (Betamethason) ist heute die Behandlungsmethode der Wahl für Phimose aufgrund ihrer geringeren Morbidität, Abwesenheit von Schmerz und Trauma und geringer Kosten.[11]
Eine Präputiumplastik oder Vorhautplastik bezeichnet eine Operationsmethode, bei der die Vorhaut vollständig erhalten bleibt. Hierbei werden ein kosmetisch gutes Operationsergebnis und eine vollständige Erhaltung der Vorhaut erreicht. Dabei unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Operationsverfahren. Das Grundprinzip vieler dieser Vorhautplastiken besteht in einem oder mehreren kleinen Längsschnitten und der anschließenden Quervernähung der Wunddefekte.
Bei dieser Operationstechnik erfolgt eine kleine Inzision längs durch den stenotischen Ring, welche anschließend quervernäht (transversal verschlossen) wird.[12][13]
Die laterale Präputiumsplastik stellt eine kleine Verfeinerung des Dorsalschnitts mit transversalen Verschluss da. Hierbei werden zwei kleine laterale Längsschnitte ausgeführt und anschließend quervernäht.
Die Triple Inzision ist eine Methode zur Vorhauterweiterung. Dabei erfolgen unter lokaler oder Allgemeinanästhesie drei kleine Längsschnitte in die Vorhaut, welche auf die erforderliche Weite gedehnt und wieder vernäht werden.[14][15]
Es ist anzumerken, dass sämtliche Präputiumplastiken eindeutige Vorteile gegenüber der Zirkumzision haben. Wenn bei einer pathologischen Phimose nach einer erfolglosen Dehnungs-Therapie mit kortisonhaltiger Salbe ein operativer Eingriff unumgänglich wird, ist eine Präputiumplastik, aufgrund ihrer geringeren Morbidität, geringeren Komplikationsrate und niedrigeren Kosten einer klassischen Zirkumzision immer vorzuziehen.[13][12]
Die untere Bilderreihe zeigt eine Variation des Dorsalschnitts mit transversalem Verschluss nach Christianakis et al., bei der während des Eingriffs keine Vernähung erfolgt.[16]
Bei der Zirkumzision wird die Vorhaut, je nach Wunsch des Patienten bzw. dessen Eltern, entweder ganz (radikale Zirkumzision) oder aber nur der vordere verengte Teil der Vorhaut (partielle Zirkumzision) entfernt. Bei der partiellen Zirkumzision hängt die wirkliche Größe des zirkumzidierten Vorhautteils letztendlich von der Präferenz des Operateurs ab. Darüber hinaus wächst die Vorhaut langsamer als der Rest des Penis, so dass das endgültige optische Resultat später unter Umständen kaum von einer radikalen Zirkumzision zu unterscheiden ist.
Die Zirkumzision hat eine hohe Morbiditätsrate einschließlich Blutungen, Geschwüren und Meatusstenose.[17] Keiner dieser Komplikationen tritt bei einer Präputiumplastik auf. Diese ist ein weit weniger schwerwiegender Eingriff, der weniger schmerzhaft ist und in kurzer Zeit ausgeführt werden kann.[18]
Die Zirkumzision ist nur als ultima ratio indiziert bei besonders schweren Fällen von pathologischer Phimose, bei denen sowohl die nicht-operative Therapie mit kortisonhaltiger Salbe als auch eine Vorhaut-erhaltende Präputiumplastik zuvor keinen Heilungserfolg brachten.
Es ist zu beachten, dass die invasive operative Behandlung der Phimose, die Beschneidung, ein Risiko für Komplikationen (2% bis 10% [17]) und Operationstraumata birgt. So erklärt Menage, dass Behandlungen im Genitalbereich bei Angehörigen beiderlei Geschlechts zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (kurz: PTBS bzw. PTSD, im ICD-10 als F43.1 codiert) führen können. Entscheidende Faktoren für die Ausprägung einer PTBS sind nach Menage: (i) Gefühle der Machtlosigkeit und des Kontrollverlusts, (ii) fehlende Zustimmung, (iii) fehlende Information darüber, was während der Untersuchung geschehen soll, (iv) fehlendes Einfühlungsvermögen durch den behandelnden Arzt und (v) die Erfahrung von physischem Schmerz.[19] Die Vermutung, dass ein Zusammenhang zwischen Beschneidung und dem Auftreten einer PTBS besteht, wird durch eine in Boyle et al. (2002) beschriebene Studie[20] erhärtet.[21] In der besagten Studie wurden 1577 philippinische Jungen im Alter von 11 bis 16 Jahren vor und nach einer Beschneidung (die entweder mit oder ohne Lokalanästhetikum durchgeführt wurde) beobachtet. Vor dem Eingriff wurde sichergestellt, dass nur Jungen in die Studie aufgenommen wurden, die keine PTBS (nach DSM-IV) aufwiesen. Nach dem Eingriff konnte bei 50% der mit Lokalanästhetikum und 69% der rituell (ohne Lokalanästhetikum) beschnittenen Jungen eine PTBS nach DSM-IV Kriterien diagnostiziert werden.[20]
Eine Behandlung egal ob operativ oder nicht-operativ ist nur bei einer pathologischen Phimose indiziert.
Entgegen falscher oder veralteter Angaben in diversen medizinischen Fach- und Ratgeberbüchern, gibt es kein fixes Alter, ab dem die Vorhaut zurückstreifbar sein muss und eine natürliche physiologische Vorhautverengung plötzlich als pathologisch oder sogar behandlungsbedürftig anzusehen wäre. Eine nicht zurückstreifbare Vorhaut ist anders als landläufig angenommen nicht krankhaft sondern als normal anzusehen - und das mindestens bis zum 17.Lebensjahr.[1] Eine Phimose ist bei Kindern und Jugendlichen jedes Alters immer, so lange sie sich nicht durch akute Nebensymptome bemerkbar macht, physiologisch und folglich nicht behandlungsbedürftig.
Es sei anzumerken, dass viele Ärzte große Schwierigkeiten damit haben, die physiologische Phimose von einer pathologischen, behandlungsbedürftigen Phimose zu unterscheiden. So konnten bei einer Überprüfung einer Anzahl von Phimose-Diagnosen durch einen pädiatrischen Urologen in England nur 15% der Diagnosen durch Hausärzte und 12% der Diagnosen durch Kinderärzte bestätigt werden. [22] Oder sie vertreten den Irrglauben, dass eine physiologische Phimose ab einem gewissen Alter plötzlich behandlungsbedürftig wäre.[23][24][13] In der Literatur finden sich sehr häufig fehlerhafte Angaben wie : „ab dem 3. Lebensjahr“, „bis zur Einschulung“, „zwischen dem 8. und 10. Lebensjahr“, „ab dem Kleinkindalter“. – Alle diese Angaben sind falsch.[25][26][27] Sie sind entweder völlig willkürlich gesetzt und entbehren sich jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, oder beruhen auf veralteten unrepräsentativen Studien.
Bei einer symptomfreien Vorhautverengung –der physiologischen Phimose– kann mit der Behandlung bis zur Vollendung der Pubertät zugewartet werden. In Fällen von pathologischer Phimose sollte eine Operation erst durchgeführt werden, wenn eine konservative Behandlung erfolglos blieb.
Tags: Penis, Verklebung, Vorhaut
Diese Seite wurde zuletzt am 24. Januar 2018 um 16:31 Uhr bearbeitet.
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