Parathormon-verwandtes Peptid
Synonyme: Nebenschilddrüsenhormon-verwandtes Peptid, PTH-verwandtes Peptid, PTH-ähnliches Peptid, PTHrP
Englisch: parathyroid hormone-related peptide, PTHLH
Definition
Das Parathormon-verwandte Peptid, kurz PTHrP, ist ein Peptidhormon, das u.a. von mesenchymalen Stammzellen, von Epithelzellen der Drüsenendstücke der Mamma und von bestimmten malignen Tumoren produziert wird.
Genetik
Das Parathormon-verwandte Peptid wird durch das PTHLH-Gen auf Chromosom 12 an Genlokus 12p11.22 kodiert.[1]
Biochemie
PTHrP besteht aus 139 bis 173 Aminosäuren. Dabei sind die ersten acht Aminosäuren des Peptids identisch mit den ersten acht Aminosäuren des Hormons Parathormon (PTH). Um seine Wirkung an Effektorzellen zu entfalten, bindet PTHrP wie Parathormon an den Parathormon-Rezeptor Typ 1 (PTH1R). Am Parathormon-Rezeptor Typ 2 (PTH2R) zeigt es keine Wirkung.[2]
Physiologie
Anders als das Parathormon, das hauptsächlich in den Nebenschilddrüsen produziert wird, wird PTHrP ubiquitär von Zellen des menschlichen Organismus exprimiert und freigesetzt. Seine physiologische Wirkung entfaltet PTHrP großteils außerhalb der Regulation der Kalziumhomöostaase als lokaler Faktor mit para-, intra- oder autokriner Funktion.
PTHrP spielt eine große Rolle während der embryonalen Entwicklung verschiedener Organsysteme, ist aber auch im adulten Organismus an der Regulation unterschiedlicher Prozesse beteiligt. Im Folgenden findet sich eine Übersicht der gewebsspezifischen Wirkungen von PTHrP.
Brustdrüse
PTHrP wirkt in der nicht-laktierenden Mamma nur parakrin. Nach der Geburt ist es für die funktionelle Kopplung von Brustdrüse und kindlichem Knochen verantwortlich. Das PTHrP der laktierenden Mamma wird in die Milch abgegeben und wirkt simultan im mütterlichen Organismus endokrin. Es bindet an die PTH-Rezeptoren der Osteozyten und stimuliert die osteozytäre Osteolyse sowie den weiteren Knochenabbau durch Osteoklasten. So wird mütterliches Knochenmaterial abgebaut und Calcium freigesetzt. Dieses gelangt über die Muttermilch in den kindlichen Organismus und dient dort dem Knochenwachstum. Dabei unterliegt die Wirkung des PTHrP der antagonistischen Schutzwirkung des Calcitonins. Dadurch wird das mütterliche Skelett nicht zu stark abgebaut.
Der PTHrP-Wert in der Muttermilch ist um den Faktor 10.000 größer als der im mütterlichen Blut. In vitro stimulieren u.a. Glukokortikoide und Zytokine die Synthese und Ausschüttung von PTHrP.
Dentition
PTHrP ist ein wichtiges Signalmolekül für den Zahndurchbruch, da es die lokale Knochenresorption stimuliert. Ohne PTHrP wird der Knochen um den Zahnfollikel herum nicht resorbiert.
Weiteres
Organsystem | Wirkung |
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Knorpel- und Knochengewebe |
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Haut und Haare |
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Glatte Muskulatur |
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Niere |
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Uterus und Plazenta |
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Herz |
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Lunge |
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Gastrointestinaltrakt |
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Pathophysiologie
PTHrP kann im Rahmen von Tumorerkrankungen durch Tumorzellen freigesetzt werden und auf Grund seiner PTH-ähnlichen Wirkung zu einer tumorinduzierten Hyperkalzämie führen (paraneoplastisches Syndrom). Die häufigsten Tumoren, die mit erhöhten PTHrP-Werten einhergehen, sind das Bronchial-, Mamma-, Nierenzell-, Blasen- und Ösophaguskarzinom.
Klinik
Der Großteil aller Patienten mit Tumorhyperkalzämie hat erhöhte PTHrP-Werte. Deshalb kann der PTHrP-Spiegel klinisch als Tumormarker bei Tumorhyperkalzämie eingesetzt werden.[3] Dabei ist es irrelevant, ob bei einem Patienten Knochenmetastasen vorliegen.
PTHrP kann auch der Auslöser eines Pseudohyperparathyreoidismus sein. In diesem Fall ist die Produktion von PTHrP von neoplastischen Zellen stark erhöht, die des eigentlichen Parathormons der Glandula parathyreoidea nicht.
Labormedizin
Material
Für die Untersuchung wird 1 ml Serum benötigt.
Präanalytik
Die Blutentnahme erfolgt morgens beim nüchternen Patienten. PTHrP ist bei Raumtemperatur nur etwa 2 Stunden stabil und sollte daher zeitnah ins Labor gebracht werden. Bei längerer Transportdauer muss die Blutprobe tiefgefroren werden (unter -20 °C).
Referenzbereich
Der Referenzbereich für PTHrP im Serum beträgt:
- bis 1,3 pmol/l
Hinweis: Referenzwerte sind häufig vom Messverfahren abhängig und können von den o.a. Werten abweichen. Ausschlaggebend sind die Referenzwerte, die vom Labor angegeben werden, das die Untersuchung durchführt.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 20.04.2021
- Intrakrine, parakrine und autokrine Funktionen des PTH/PTHrP-Systems (Springer Link); abgerufen am 20.04.2021
Quellen
- ↑ GeneCards – PTHLH Gene, abgerufen am 08.07.2024
- ↑ Mannstadt M, Jüppner H, Gardella TJ. Receptors for PTH and PTHrP: their biological importance and functional properties. Am J Physiol. 1999 Nov;277(5):F665-75. doi: 10.1152/ajprenal.1999.277.5.F665. PMID: 10564229.
- ↑ Raue, Friedhelm; Blind, Eberhard: Parathormon-related Protein (PTHrP): Ein neuer Tumormarker bei der Tumorhyperkalzämie Dtsch Arztebl 1993; 90(51-52): A-3439
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