Nokardiose (Hund)
Synonym: Nokardia-Infektion
Englisch: nocardiosis
Definition
Die Nokardiose ist eine eitrige bis granulomatöse, lokalisierte oder generalisierte Infektionskrankheit beim Hund, die durch Nokardien ausgelöst wird.
Ätiologie
Nokardia spp. sind grampositive, aerobe, partiell säurefeste und verzweigt-fadenförmige Bakterien, die zur Gruppe der nokardioformen Aktinomyzeten (Strahlenpilze) gehören. Die Bakterien kommen ubiquitär im Erdboden, in Feuchtbiotopen oder auf Pflanzen vor.
Nokardien bilden pilzähnliche Myzelien aus, die einen Durchmesser von 0,5 bis 1,2 µm aufweisen und ca. 250 µm lang sind. Im braunrötlichen Exsudat (z.B. nach Abdominozentese) befinden sich bis zu 1 mm große Granula, die aus Bakterienkonglomeraten bestehen (sogenannte Drusen oder Schwefelgranula).
Epidemiologie
Die Norkardiose isr eine eher selten auftretende Infektionskrankheit des Hundes. Junghunde (unter 2 Jahren) sind besonders prädisponiert.
Pathogenese
Die Bakterien gelangen entweder aerogen oder über Wunden in den Organismus. Neben der Virulenz entscheiden v.a. die Erregerwachstumsphasen und die Empfänglichkeit des Wirts über den Infektionsverlauf. Filamentöse Nokardien sind deutlich pathogener als kokkoide Formen, weshalb es zu unterschiedlich schweren Erkrankungen kommen kann.
Nach aerogener Aufnahme verursachen die Bakterien in erster Linie Läsionen in den Lungenalveolen. Durch die Gefäßerosionen gelangen die Erreger in den Blutkreislauf, worauf es zu einer Bakteriämie und Generalisation der Infektion und Besiedlung von Brust- und Bauchfell sowie weiteren Organen kommt. Im Gegensatz dazu kommt es bei Biss- oder Kratzwunden sowie Fremdkörperverletzungen häufig zu lokalen kutanen oder subkutanen Infektionen. Tiefe Wunden wiederum begünstigen das weitere Eindringen der Bakterien und fördern die Entstehung eines Pyothorax oder einer eitrigen Peritonitis.
Norkardien und Actinomyces spp. rufen ähnliche klinische Veränderungen hervor, sodass diese Krankheiten leicht verwechselt werden können.
Klinik
Bei der Nokardiose können drei klinische Formen unterschieden werden:
- Pulmonale Nokardiose
- Systemische Nokardiose
- Solitäre extrathorakale Nokardiose (Hautform)
Pulmonale Form
Die pulmonale Nokardiose ist eine selten auftretende aber perakut verlaufende Erkrankung, die mit Dyspnoe, Hämoptyse und gelegentlich auch Tod einhergeht. Deutlich häufiger entwickelt sich ein subakuter bis chronischer Krankheitsverlauf, der zu Bronchopneumonie oder einem Empyem (Pyothorax) führen kann. Betroffene Tiere zeigen einen mukopurulenten Nasenausfluss, Anorexie, Gewichtsverlust, Husten, Dyspnoe und Diarrhö.
Systemische Form
Die systemische Nokardiose ist häufig mit der pulmonalen und der Hautform vergesellschaftet. Bei dieser Erkrankung sind vor allem die Haut, die Nieren, die Leber, die Milz und die Lymphknoten betroffen. Zusätzlich kommt es oftmals zu Abszessbildung im Brust- bzw. Bauchfell. Ist zusätzlich das ZNS betroffen, entwickeln die Hunde zentralnervöse Symptome (z.B. Krampfanfälle u.ä.). Seltene Komplikation sind Knochen- und/oder Gelenkinfektionen (Arthritis), die zu Schwellungen und deutlicher Lahmheit führen.
Solitäre extrathorakale Form
Die solitäre extrathorakale Nokardiose ist eine seltene Verlaufsform der Nokardiose, die durch kutane oder subkutane Abszesse oder sogenannten Myzetome (lokalisierte subkutane Granulome) gekennzeichnet ist. Häufig kommt es gleichzeitig zu einer Lymphadenopathie und damit verbundenen Symptomen.
Differenzialdiagnosen
Bei der pulmonalen Verlaufsform müssen virale (z.B. Staupe, Adenovirus- und Parainfluenzavirus-Infektionen), parasitäre (z.B. Crenosoma vulpis) und bakterielle Bronchopneumonien (z.B. Bordetella bronchiseptica) ausgeschlossen werden. Beim Vorliegen eines Pyothorax muss auch an eine penetrierende Fremdkörperverletzung, eine fortgeschrittene Pneumonie, eine Ösophagusperforation oder eine Spirozerkose gedacht werden.
Pyogranulome hingegen können von Staphylokokken, Mykobakterien und Pilzen verursacht werden. Aufgrund der ähnlichen Klinik ist auch eine Actinomyces-Infektion (Aktinomykose) auszuschließen.
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Klinik und der mikroskopischen Untersuchung der Körperhöhlenergüsse. Die Diagnose kann mittels Bakterienkultur oder PCR (Exsudat, Biopsie) gesichert werden.
Therapie
Die Therapie richtet sich einerseits nach der vorliegenden Form, andererseits nach den Symptomen. Abszesse sind großflächig chirurgisch zu entfernen und anschließend antiseptisch zu spülen. Beim Vorliegen eines Pyothorax ist das Setzen einer Drainage und eine regelmäßige Lavage indiziert. Zusätzlich muss eine Antibiose durchgeführt werden. Als Mittel der Wahl gilt Trimethoprim-Sulfonamid (15 bis 30 mg/kgKG BID p.o.). Alternativ können auch Ampicillin, Amikacin, Imipenem und Cefotaxim verwendet werden. Bei ZNS-Beteiligung sollten Cephalosporine der 3. Generation, Imipenem oder Linezolid eingesetzt werden.
Die Wahl des Antibiotikums richtet sich idealerweise nach dem Resultat des Antibiogramms.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Zoonotische Bedeutung
Die Nokardiose ist keine Zoonose. Eine Übertragung der Bakterien vom Hund auf den Menschen ist bislang (2021) nicht beschrieben. Dennoch sollten alle betreuenden Personen besondere Schutzmaßnahmen (z.B. Handschuhe und Mundschutz) berücksichtigen.
Quellen
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3.
- Yaemsiri S, Sykes JE. 2018. Successful Treatment of Disseminated Nocardiosis Caused by Nocardia veterana in a Dog. J Vet Intern Med 32(1):418-422. DOI: 10.1111/jvim.14855
- Kirpensteijn J, Fingland RB. 1992. Cutaneous actinomycosis and nocardiosis in dogs: 48 cases (1980-1990). J Am Vet Med Assoc 201(6):917-20
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