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Interstitial Lung Abnormality

(Weitergeleitet von Interstitial Lung Abnormalities)

Englisch: interstitial lung abnormality

1. Definition

Interstitial Lung Abnormality, kurz ILA, ist ein Überbegriff für oft subtile radiologische Veränderungen des Lungeninterstitiums in der Computertomographie (CT) bei Patienten ohne bekannte interstitielle Lungenerkrankung (ILD).

2. Hintergrund

Der Begriff ILA wurde erstmals 2010 von Washko et al. eingeführt, um den Zusammenhang zwischen den radiologischen interstitiellen Auffälligkeiten und einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion in der COPDGene-Studie zu bestimmen.[1] ILAs sind nicht zwingend mit Symptomen verbunden. Die Veränderungen können in einigen Fällen eine Frühform der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) sein.

3. Abgrenzung

Der Unterschied zwischen einer beginnenden interstitiellen Lungenerkrankung und einer ILA ist nicht klar definiert. Eine subklinische ILA kann in eine fibrotische interstitielle Lungenerkrankung (z.B. idiopathische Lungenfibrose) übergehen.

Teilweise wird auch das radiologische Ausmaß als Unterscheidungskriterium angewendet, wobei man bei interstitiellen Veränderungen von mindestens 12 % der Lunge von einer ILD spricht. Letztlich ist eine ILA jedoch ein radiologischer Befund, während eine ILD multidisziplinär basierend auf Symptomen, Lungenfunktionstests, radiologischen und histopathologischen Befunden diagnostiziert wird.

4. Einteilung

Je nach Lokalisation und Vorliegen von Merkmalen einer Fibrose unterscheidet man radiologisch verschiedene Formen der ILA:[2]

Bei dieser Einteilung muss beachtet werden, dass retikuläre Veränderungen, die häufig bereits ein Zeichen der Fibrose darstellen, nicht als Kriterium der fibrotischen ILAs gezählt werden.

Die Unterscheidung zwischen der subpleuralen, nicht-fibrotischen und fibrotischen ILA ist umstritten, da nicht-fibrotische ILAs mit deutlichen retikulären Veränderungen ebenfalls häufig progredient verlaufen.[3]

5. Epidemiologie

Die Prävalenz der ILA variiert und liegt zwischen 0,8 und 23 % bei Rauchern und 2 bis 7 % bei Nichtrauchern. Zu den Risikofaktoren für ILA gehören:

  • zunehmendes Alter
  • Inhalationsexpositionen (z.B. Tabak, Dämpfe, Gase, Stäube, Dämpfe und verkehrsbedingte Luftverschmutzung)
  • genetische Faktoren: Ein häufiger Promotor-Polymorphismus (rs35705950) im MUC5B-Gen, das für Mucin 5B kodiert, steht im Zusammenhang mit dem Vorhandensein von ILA und dessen Progression. Außerdem spielt das MUC5B-Gen eine Rolle bei der IPF.

6. Radiologie

ILAs sind definiert als nicht hypostatisch bedingte Veränderungen, die mehr als 5 % der oberen, mittleren oder unteren Lungenzone betreffen. Sie umfassen periphere Milchglastrübungen, retikuläre Verdichtungen, nicht-emphysematöse zystische Veränderungen, Honeycombing (Honigwabenmuster) und Traktionsbronchiektasen.

Teilweise ist es schwierig, das Honigwabenmuster bildmorphologisch von nicht-emphysematösen Zysten zu unterscheiden. Nicht-emphysematöse Zysten sind in der Regel dünnwandige, inhomogene Zysten, die asymmetrisch verteilt sind und eine geringe Beteiligung des unmittelbaren subpleuralen Parenchyms aufweisen. Sie gehen zwar insgesamt auch mit einem erhöhten Progressionsrisiko und einer erhöhten Sterblichkeit einher, jedoch weniger als andere Fibrosemerkmale. Das Vorliegen nicht-emphysematöser Zysten ohne architektonische Veränderungen (z.B. Traktionsbronchiektasien oder Honeycombing) erfüllt daher nicht die Kriterien der fibrotischen ILA.

7. Pathohistologie

ILA ist zunächst ein radiologisch-deskriptiver Befund. Ein großer Prozentsatz der Patienten mit subpleural fibrotischer ILA weist pathohistologische Anzeichen einer gewöhnlichen interstitiellen Pneumonie (UIP) auf, d.h. subpleurale interstitielle Fibrose, fibroblastische Foci und Honigwaben. Jedoch umfasst die ILA ein breites Spektrum an interstitiellen Anomalien, wie z.B. die raucherassoziierte interstitielle Fibrose (SRIF) oder die NSIP.

8. Klinische Bedeutung

ILAs werden häufig im Rahmen des Lungenkrebsscreenings entdeckt. Obwohl ILAs bei Rauchern häufig nicht mit Symptomen einhergehen, sind sie assoziiert mit einem verringerten Lungenvolumen, einer verringerten CO-Diffusionskapazität und einer verminderten körperlichen Leistungsfähigkeit.

ILAs sind ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung von Lungenkrebs bei Rauchern. Des Weiteren sind sie mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko, insbesondere mit Tod durch Atemversagen, schlechtem klinischem Outcome bei fortgeschrittenem Lungenkrebs oder postoperativen Komplikationen bei größeren Operationen vergesellschaftet. Zudem ist das Risiko einer Immuncheckpoint-Inhibitor-assoziierten Pneumonitis höher bei Patienten mit ILA.

Derzeit (2024) ist noch unklar, ob eine frühzeitige Behandlung von ILAs für das Überleben der Patienten von Vorteil ist. Dennoch ist das Erkennen und die Einordnung von ILAs wichtig.

Patienten mit ILA und mindestens einem der folgenden Kriterien sollten hinsichtlich einer potentiell klinisch bedeutsamen ILD bewertet werden:

  • respiratorische Symptome oder körperliche Untersuchungsbefunde, die möglicherweise auf eine ILD zurückzuführen sind
  • Beeinträchtigungen der Lungenfunktion oder des Gasaustauschs, die möglicherweise auf eine ILD zurückzuführen sind
  • ausgeprägter CT-Befund: ILA-Befunde, die in mindestens 3 von 6 Zonen der bilateralen Lungen zu sehen sind. Die Zonen sind oberhalb des Unterrands des Aortenbogens, zwischen Aortenbogen und Oberrand der inferioren Lungenvene und unterhalb der inferioren Lungenvene.

Lungenveränderungen, die beim Screening auf ILD in Hochrisikogruppen wie Patienten mit Kollagenosen (CTD-ILD) entdeckt werden, fallen nicht unter die derzeitige Definition der ILA, da sie nicht zufällig detektiert werden.

9. Differenzialdiagnosen

Nicht zu ILAs zählen:

  • zentrilobuläre Noduli: finden sich häufig bei einer raucherassoziierten respiratorischen Bronchiolitis und sind in der Regel nicht mit einer Lungenfibrose assoziiert. Daher werden sie meist nicht zu den ILAs gezählt.
  • Schwerkraftabhängige Atelektasen (insbesondere bei suboptimaler Inspirationstiefe): Die Differenzierung gelingt mittels einer CT in Bauchlage, wobei Atelektasen in den posterioren Lungenarealen dann nicht mehr erkennbar sind. Hinweisend auf eine unzureichende Inspirationstiefe sind geschlängelte Gefäße, anteriore Vorwölbung der Paries membranaceus tracheae und ein verringerter Lungenvolumen im Vergleich zu Voruntersuchungen.
  • Osteophyten-induzierte fokale Fibrose/Atelektase: insbesondere im medialen rechten Unterlappen.
  • Aspiration: Chronische und rezidivierende Aspiration kann zu Noduli und Tree-in-Bud-Muster mit lobärer oder segmentaler Verteilung führen. Bei einem chronischen Verlauf können Bronchiektasen vorkommen. Teilweise ist eine Mukusimpaktion erkennbar. Typischerweise sind die posterioren Oberlappen und superioren Unterlappen betroffen. Zu den Risikofaktoren für eine Aspiration bei Erwachsenen gehören strukturelle Anomalien des Pharynx und der Speiseröhre, neuromuskuläre Störungen, Schluckstörungen, Alkoholismus, Bewusstlosigkeit und Vollnarkose. Gastroösophagealer Reflux ist ein bekannter Risikofaktor für Lungenfibrose, der Zusammenhang mit ILA ist unklar. Eine Hiatushernie scheint mit einem UIP-Muster, nicht aber mit ILA assoziiert zu sein. Entsprechend sind weitere Untersuchungen erforderlich, um zu klären, ob rezidivierende Aspirationen mit ILA korrelieren.
  • Infektionen oder postentzündliche Veränderungen: Entzündungen können zu reversiblen Verdichtungen oder persistierenden Vernarbungen führen. Die Befunde sind in der Regel fokal oder multifokal und oft linear. Noduli, Bronchialwandverdickungen und Mukusimpaktionen deuten eher auf eine chronische Infektion hin, sodass assoziierte Bronchiektasien nicht als ILA gewertet werden sollten.
  • Pleurakuppenschwielen und PPFE-ähnliche Veränderungen: Pleurakuppenschwielen sind kappenartige Veränderungen an der Lungenspitze, die vermutlich durch eine chronische Ischämie entstehen. Die Folge ist die Bildung hyaliner Pleuraplaques oder einer Fibrose, die das extrapleurale Fett nach kaudal zieht. Die PPFE ist gekennzeichnet durch eine pleurale und subpleurale parenchymale Fibrose und Elastose mit Pleuraverdickung oder multiplen subpleuralen konsolidierten Foci sowie Volumenverlust, besonders in den bilateralen Oberlappen. Im Frühstadium ist es schwer, Pleurakuppenschwielen von PPFE zu unterscheiden. Beide Veränderungen werden häufig zufällig entdeckt, aber nicht in die Definition der ILA aufgenommen, da es sich um unterschiedliche radiologische Entitäten handelt.
  • signifikante ILDs (z.B. CTD-ILD, Hypersensitivitätspneumonitis, Pneumokoniosen, Sarkoidose, pulmonale Langerhanszellhistiozytose, medikamenten-assoziierte Pneumonitis): Die Differenzierung gelingt mittels Anamnese, weiteren diagnostischen Untersuchungen und radiologischen Begleitbefunden (z.B. Pleuraplaques).

10. Therapie

Es gibt aktuell keinen Konsens über das adäquate Management von Patienten mit ILAs. Vermutlich ist eine Watch-and-Wait-Strategie mit jährlicher Lungenfunktionstestung und einer dreijährlichen CT-Verlaufskontrolle sinnvoll. Bei Vorliegen von bestimmten Risikofaktoren für eine Progression in eine ILD sollten kürzere Intervalle erwogen werden. Zu den Risikofaktoren zählen:

  • Rauchen
  • Chemotherapie, Bestrahlung
  • radiologische Formen mit hohem Progressionsrisiko, insbesondere die subpleurale, fibrotische Form.

Welche Rolle die bronchoalveoläre Lavage sowie Lungenbiopsie spielen, ist noch unklar. Möglicherweise kann eine Lungenbiopsie bei bestimmten Risikopatienten sinnvoll sein, um die Entität der ILD frühzeitig zu klären.

11. Quellen

  1. Washko GR, Lynch DA, Matsuoka S, et al. Identification of early interstitial lung disease in smokers from the COPDGene Study. Acad Radiol. 2010
  2. Putman RK, Gudmundsson G, Axelsson GT, et al. Imaging Patterns Are Associated with Interstitial Lung Abnormality Progression and Mortality. Am J Respir Crit Care Med. 2019
  3. Zhang Y et al. Reticulation Is a Risk Factor of Progressive Subpleural Nonfibrotic Interstitial Lung Abnormalities. Am J Respir Crit Care Med. 2022

12. Literatur

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