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Hämolytische Transfusionsreaktion

Abkürzung: HTR
Englisch: hemolytic transfusion reaction

1. Definition

Eine hämolytische Transfusionreaktion, kurz HTR, ist eine alloimmunhämolytische Anämie, die im Rahmen einer Bluttransfusion auftritt.

2. Hintergrund

Eine hämolytische Transfusionreaktion tritt auf, wenn bei einem Patienten Antikörper gegen Antigene auf transfundierten Erythrozyten vorliegen, die diese Blutzellen zerstören. Falls die Antikörperbildung erst nach der Transfusion in Gang kommt, handelt es sich um eine verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion.

Die Abklärung und Vermeidung hämolytischer Transfusionsreaktionen gehört zum Aufgabenbereich der Immunhämatologie.

3. Ätiologie

Bei der hämolytischen Transfusionsreaktion handelt es sich um eine echte immunologische Unverträglichkeit gegen Fremdgewebe. Die schwerste Form der hämolytischen Transfusionsreaktion tritt bei Fehltransfusionen im AB0-System auf (Major-Inkompatibilität), da hier beim Empfänger hochtitrige Antikörper vom IgM-Typ vorliegen. Abhängig vom Antikörpertyp kann die Hämolyse intravasal oder extravasal im Retikuloendothelialen System (RES) stattfinden.

Bei einer de-novo-Immunisierung durch ein Fremdantigen, z.B. bei Transfusion eines Rhesus-positiven Erythrozytenkonzentrates (EK) auf einen Rhesus-negativen Empfänger (Rhesussensibilisierung), erfolgt die Antikörperbildung frühestens nach 10-14 Tagen, so dass die übertragenen Erythrozyten bereits weitgehend abgebaut sind und keine Hämolyse mehr stattfindet.

Ein größeres Risiko besteht bei Patienten, die durch eine Transfusion oder Schwangerschaft vorsensibilisiert sind. Der Antikörper kann unter die Nachweisgrenze fallen, so dass Antikörpersuchtest und serologische Verträglichkeitsprobe unauffällig sind. Nach erneuter Antigen-Exposition (Boosterung) findet eine Antikörperbildung bereits nach 3-4 Tagen statt. Dies kommt zum Beispiel häufiger bei Antikörpern im Kidd-System vor.

Eine hämolytische Transfusionsreaktion kann auch auftreten, wenn einem Patienten Antikörper gegen seine eigenen Erythrozyten übertragen werden, z.B. durch Fehltransfusion von gerinnungsaktivem Plasma (Minor-Inkompatibilität). Diese verlaufen in der Regel milde.

4. Einteilung

Je nach Symptomen und zeitlichem Auftreten unterscheidet man zwischen der hämolytischen Sofortreaktion und der verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion.

4.1. Hämolytische Sofortreaktion

Bei der hämolytischen Sofortreaktion besitzt der Patient Antikörper gegen Antigene auf transfundierten Erythrozyten, die diese Blutzellen zerstören. Sie ist für über 90 % der Todesfälle bei hämolytischen Transfusionsreaktionen verantwortlich. Dabei liegen in 70 % AB0-Inkompatibilitäten vor. Seltener kommen irreguläre erythrozytäre Antikörper gegen weitere Blutgruppensysteme (Rhesus, Kidd, Duffy, Kell) in Frage.

4.2. Verzögert hämolytische Transfusionsreaktion

Bei der verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion beginnt die Antikörperbildung erst eine bis mehrere Wochen nach der Transfusion. Das heißt zum Transfusionszeitpunkt sind die Antikörper im Suchtest nicht nachweisbar, meist weil die Immunisierung länger zurückliegt. Prinzipiell kann jeder Antikörper eine verzögerte Hämolyse auslösen. Häufig findet man irreguläre Antikörper gegen Kidd-, Kell- und Duffy-Antigene.

5. Symptome

Typische Symptome sind der hämolytischen Sofortreaktion ähneln der Typ-I-Allergie:

Im Verlauf kann ein akutes Nierenversagen, eine disseminierte intravasale Gerinnung und ein Schock entstehen.

Eine verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion zeigt sich mit einem diskreten Ikterus, mit Anämiesymptomen und Fieber.

6. Labordiagnostik

Sofern die Transfusionsreaktion nicht bereits klinisch auffällt, können folgende Laborparameter bestimmt werden:

siehe auch: Hämolyseparameter

Als deutlicher Hinweis auf eine hämolytische Transfusionsreaktion ist auch zu werten, wenn bei der Laboruntersuchung zur Vorbereitung der Transfusion keine irregulären erythrozytären Antikörper nachweisbar waren, der Antikörpersuchtest aber kurz nach der Erythrozytentransfusion positiv wird. Dies wird teilweise auch als "serologische Transfusionsreaktion" bezeichnet.

Im immunhämatologischen Labor wird beim Verdacht einer hämolytischen Transfusionsreaktion ein standardisiertes Abklärungsschema abgearbeitet, um alle möglichen Ursachen auszuschließen. Typischerweise gehört hierzu eine Kontrolle der Blutgruppe des Patienten und des EK sowie eine Wiederholung der serologischen Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe).

7. Differenzialdiagnostik

Die hämolytische Transfusionsreaktion ist abzugrenzen von nichthämolytischen Transfusionsreaktionen, dazu gehören:

8. Therapie

Sofort nach Diagnose muss die Transfusion gestoppt werden. Eculizumab kann nach AB0-inkompatibler Transfusion über Komplementblockade die Symptomatik verbessern. Die weitere symptomatische Therapie umfasst:

9. Prophylaxe

Grundsätzlich sollte versucht werden die Rate an Fremdbluttransfusionen zu minimieren, indem bei planbaren Eingriffen eine Eigenblutspende und bei Operationen eine maschinelle Autotransfusion verwendet wird.

Um eine hämolytische Transfusionsreaktion zu vermeiden, existieren standardisierte und verpflichtende Regelungen zur Durchführung einer Bluttransfusion. Dazu gehört die korrekte Blutgruppenbestimmung sowie Antikörpersuchteste. Nur bei negativem Ergebnis der Kreuzprobe wird die Blutkonserve zur Transfusion freigegeben. Dabei ist der Majortest obligat: Empfängerserum und Spendererythrozyten werden auf Verträglichkeit geprüft. Der Minortest (Verträglichkeitsprobe zwischen Spenderserum und Empfängererythrozyten) ist obsolet, da Erythrozytenkonzentrate praktisch kein Spenderplasma enthalten. Auch bei Plasmatransfusionen wird keine Verträglichkeitsprobe durchgeführt. In Deutschland besitzt die Kreuzprobe eine Gültigkeit von 3 Tagen.

Bis zur Transfusion müssen die Konserven sachgemäß gelagert werden. Der Kreuzprobenschein wird anschließend auf Vollständigkeit und Korrektheit bzgl. der Daten von Empfänger und Konserve kontrolliert. Auf das Verfalldatum und Unversertheit der Blutprodukte muss geachtet werden. Direkt vor Transfusion wird vom transfundierenden Arzt (oder unter seiner Aufsicht) ein Bedside-Test durchgeführt; auch bei Eigenbluttransfusionen. Ein sachgemäßes Transfusionssystem und Transfusionsprotokoll ist notwendig.

Eine verzögerte hämolytische Reaktion kann nur schwer verhindert werden. Eine gründliche Anamnese und Dokumentation aller Antikörper in einem Notfallausweis ist hierfür notwendig.

10. Meldepflicht

Eine hämolytische Transfusionsreaktion ist als unerwünschte Arzneimittelwirkung meldepflichtig.

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