Serologische Verträglichkeitsprobe
Synonyme: Kreuzprobe, Crossmatch-Test
Englisch: Major crossmatch
Definition
Serologische Verträglichkeitsprobe ist die fachlich korrekte Bezeichnung der sog. Kreuzprobe, die vor der Transfusion von Erythrozytenkonzentraten (und Granulozytenkonzentraten) vorgeschrieben ist. Der anschauliche Begriff "Kreuzprobe" wird allerdings sehr viel häufiger verwendet. Mit der serologischen Verträglichkeitsprobe wird untersucht, ob sich im Blut des Patienten irreguläre Antikörper gegen die zur Transfusion vorgesehenen Spender-Erythrozyten befinden.
Hintergrund
Methodisch wird die serologische Verträglichkeitsprobe normalerweise als indirekter Coombstest durchgeführt. Dieser ist am empfindlichsten für den Nachweis von erythrozytären Antikörpern vom Typ IgG, die am ehesten transfusionsrelevant sind. Als Probenmaterial wird seit längerem überwiegend Plasma aus EDTA-Blutproben verwendet, die Bezeichnung "serologisch" wurde aber nicht geändert.
Die serologische Verträglichkeitsprobe ist außerdem eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme gegen Fehltransfusionen im AB0-System. Erythrozyten der Blutgruppe A führen im Ansatz mit Plasma eines Patienten der Blutgruppe 0 aufgrund der Isoagglutinine zu einer stark positiven Reaktion. Dies gilt ebenso für alle anderen Major-inkompatiblen Konstellationen.
Die alte Bezeichnung Kreuzprobe beruht darauf, dass früher die Verträglichkeitsuntersuchung "gekreuzt" vorgenommen wurde, d.h. Serum des Transfusionsempfängers wurde mit Spender-Erythrozyten getestet und Empfänger-Erythrozyten mit Spender-Serum. Da Erythrozytenkonzentrate nur noch geringe Reste des Spenderplasmas enthalten, ist der zweite Teil dieses Ansatzes, die sog. Minor-Probe, heute obsolet. Es wird nur noch die Major-Probe durchgeführt.
Die serologische Verträglichkeitsprobe stellt einen erheblichen Aufwand dar, nicht zuletzt deshalb, weil typischerweise nur ein Drittel bis ein Viertel der gekreuzten und für den Patienten reservierten Erythrozytenkonzentrate tatsächlich auch transfundiert werden. Um diesen Aufwand zu reduzieren, kann die Type and screen-Strategie eingesetzt werden, in Deutschland ist sie allerdings nicht zulässig.
Aussagekraft
Eine negative serologische Verträglichkeitsprobe bedeutet nicht, dass das Erythrozytenkonzentrat (EK) auf jeden Fall verträglich für den Patienten ist. Gründe dafür können z.B. sein:
- Der Patient ist sensibilisiert, der Antikörpertiter ist aber so niedrig, dass der Test nicht positiv wird. Bei dieser Konstellation kann es zu einer verzögerten hämolytischen Transfusionsreaktion kommen.
- Es besteht eine Unverträglichkeit gegen andere Blutbestandteile als Erythrozyten. Nicht ganz selten sind Sensibilisierungen gegen Plasmabestandteile wie z.B. IgA bei einem Patienten mit selektivem IgA-Mangel. Diese können in der serologischen Verträglichkeitsprobe nicht nachgewiesen werden.
Umgekehrt muss eine positive serologische Verträglichkeitsprobe auch nicht bedeuten, dass das EK wirklich klinisch unverträglich ist. Patienten mit Autoimmunhämolytischer Anämie haben Autoantikörper, die mit allen Erythrozyten, sogar den eigenen, reagieren. Daher fällt die Kreuzprobe regelmäßig positiv aus, trotzdem dürfen diese EK lege artis transfundiert werden. Um dies zu erkennen, wird im Testansatz eine sogenannte Eigenprobe mitgeführt. Dabei werden die Patientenerythrozyten mit Patientenplasma "gekreuzt". Ist die Eigenprobe positiv, kann der gesamte Test nicht verlässlich interpretiert werden.
Letztendlich kann die Verträglichkeit eines Erythrozytenkonzentrats nur durch Transfusion mit anschließender Nachbeobachtung festgestellt werden. Fasst man den Verträglichkeitsbegriff weiter, müsste einige Wochen nach der Transfusion nochmals ein Antikörpersuchtest durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob evtl. eine Sensibilisierung gegen fremde Erythrozytenantigene stattgefunden hat. Falls der Antikörpersuchtest dann positiv geworden ist, wäre das Präparat retrospektiv als unverträglich zu bewerten. Trotzdem findet sich auf immunhämatologischen Befunden als Ergebnis der serologischen Verträglichkeitsprobe häufig "verträglich" bzw. "unverträglich". Richtiger wären Begriffe wie "negativ/positiv" oder "nicht reaktiv/reaktiv".
Anti-CD38-Antikörper
Die seit ca. 2016 für die Therapie des Multiplen Myeloms eingesetzten Anti-CD38-Antikörper (Daratumumab, Isatuximab) können zu einer falsch-positiven Verträglichkeitsprobe führen. Grund dafür ist, dass auch Erythrozyten in geringem Maße CD38 tragen. Der indirekte Coombstest erkennt dann nicht vom Patienten gebildete Antikörper gegen ein fremdes Erythrozytenantigen, sondern den therapeutischen Antikörper auf den CD38-Bindungsstellen.
Es gibt verschiedene Strategien, um diesen Störfaktor zu beseitigen: Die Testerythrozyten können mit Dithiothreitol vorbehandelt werden oder in den Testansatz kann ein CD38-Antikörper ohne Fc-Fragment (DaraEx®) gegeben werden. Dieser maskiert die CD38-Antigene auf den Erythrozyten, so dass die therapeutischen monoklonalen Antikörper nicht mehr binden können. Da das Fc-Fragment fehlt, erkennen die Coombs-Antikörper diese Substanz nicht und es kommt nicht zur Agglutination. DaraEx® ist trotz des spezifischen Namens auch bei Patienten wirksam, die Isatuximab bekommen.
Gültigkeitsdauer
Die Gültigkeit der serologischen Verträglichkeitsprobe für ein bestimmtes Präparat ist üblicherweise auf 3 Tage begrenzt. Dadurch wird die Möglichkeit berücksichtigt, dass der Patient kurz vor der Blutentnahme durch eine Erythrotransfusion sensibilisiert wurde und sich gerade ein Antikörper in Bildung befindet. Im ungünstigsten Fall könnte eine solche Antikörperbildung innerhalb von 3 bis 4 Tagen stattfinden, wenn der Patient den Antikörper bereits in der Vergangenheit gebildet hatte, dieser sich unter der Nachweisgrenze befindet und durch die hypothetische Transfusion geboostert wurde. Dies ist eine sehr konservative Risikoabwägung.
Für die Bestimmung der Gültigkeit zählt nicht der Zeitpunkt der Laboruntersuchung, sondern der Zeitpunkt der Blutentnahme. Unter bestimmten Umständen ist es zulässig, die Kreuzproben-Gültigkeit auf bis zu 7 Tage zu verlängern. Hierzu muss anamnestisch gesichert sein, dass die Patientin in den drei Monaten vor der Untersuchung keine Transfusion erhalten hat und dass keine Schwangerschaft bestand.
Grundsätzlich muss man sich vor Augen halten, dass bei einem jungen Mann, der noch nie operiert wurde, die Wahrscheinlichkeit einer Sensibilisierung gegen Erythrozytenantigene ungleich geringer ist als bei einer multimorbiden, älteren Frau, die schon häufiger EK-Transfusionen bekommen hat und mehrmals schwanger war.
Vorschriften
Die Durchführung der serologischen Verträglichkeitsprobe ist Pflicht. Dies ist in den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Anwendung von Blutprodukten [1] geregelt. Bei Notfalltransfusionen "ungekreuzt" muss sie nachträglich durchgeführt werden; das Ergebnis muss dem transfundierenden Arzt unverzüglich mitgeteilt werden.