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Scapulafraktur

Synonym: Skapulafraktur
Englisch: scapula fracture

1. Definition

Die Scapulafraktur ist ein Knochenbruch (Fraktur) des Schulterblatts (Scapula).

2. Ätiopathogenese

Scapulafrakturen entstehen meist durch direkte Krafteinwirkung im Rahmen eines hochenergetischen Traumas. Verkehrsunfälle sind mit ca. 70 % der Fälle die häufigste Ursache. Seltene Ursachen sind indirekte Krafteinwirkungen durch einen Sturz auf die ausgestreckte Hand oder eine nicht-akzidentelle Verletzung im Rahmen einer Kindesmisshandlung.

3. Epidemiologie

Von einer Scapulafraktur sind häufiger Männer zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr betroffen. Sie macht ca. 0,5 % aller Frakturen und 3 bis 5 % aller Frakturen des Schultergürtels aus.

Aufgrund des typischen Unfallmechanismus finden sich in 80 bis 90 % der Fälle signifikante Begleitverletzungen:

Sind mindestes zwei Strukturen des sogenannnten Superior Shoulder Suspensory Complex (SSSC) betroffen, liegt eine instabile "Floating Shoulder" vor. Als SSSC werden drei Strukturen zusammengefasst:

4. Klassifikation

4.1. ...nach Lokalisation

Je nach Lokalisation der Fraktur unterscheidet man:

4.2. ...nach Zdravkovic und Damholt

Die Klassifikation nach Zdravkovic und Damholt unterscheidet zwischen drei Formen der Scapulafraktur:

  • Typ I: Korpusfraktur
  • Typ II: Fraktur des Processus coracoideus und des Akromions
  • Typ III: Kollum- und Glenoidfraktur (6 % d.F.)

4.3. ...nach Thompson

Die Thompson-Klassifikation differenziert zwischen drei Formen, wobei die ersten beiden Formen häufiger mit Begleitverletzungen assoziiert sind:

  • Typ I: Fraktur des Processus coracoideus oder des Akromions sowie kleine Korpusfrakturen
  • Typ II: Kollum- und Glenoidfrakturen
  • Typ III: große Korpusfrakturen

4.4. ...nach Kuhn

Die Kuhn-Klassifikation dient der Einteilung von Akromionfrakturen:

  • Typ I: gering disloziert
  • Typ II: disloziert aber keine Verschmälerung des Subakromialraums
  • Typ III: disloziert und subacromiale Verschmälerung

4.5. ...nach Ideberg

Die Ideberg-Klassifikation dient der Einteilung von intraartikulären Glenoidfrakturen:

  • Typ I: Randfraktur
    • Typ Ia: vordere Randfraktur
    • Typ Ib: hintere Randfraktur
  • Typ II: horizontale Glenoidfraktur. Ausdehnung zur lateralen Grenze der Scapula. Das inferiore Fragment ist mit dem Humeruskopf disloziert.
  • Typ III: schräge Glenoidfraktur. Ausdehnung in superiore Grenze der Scapula. Oft mit ACG-Luxation oder Fraktur assoziiert.
  • Typ IV: Horizontale Fraktur, die die Scapula vom Glenoid ausgehend durchquert und am medialen Scapularand austritt.
  • Typ V:
    • Typ Va: Typ IV + II
    • Typ Vb: Typ IV + III
    • Typ Vc: Typ IV + III + II
  • Typ VI: schwere Trümmerfraktur der glenoidalen Gelenkfläche

4.6. ...von Kollumfrakturen

  • stabil: keine Claviculafraktur oder ACG-Luxation
  • instabil: assoziierte Claviculafraktur oder ACG-Luxation

4.7. ...von Frakturen des Processus coracoideus

  • proximal des Ligamentum coracoclaviculare
  • distal des Ligamentum coracoclaviculare

5. Klinik

Scapulafrakturen präsentieren sich klinisch durch Schmerzen, Bewegungseinschränkung und ein meist nur moderat ausgeprägtes Hämatom. Häufig findet sich eine deformierte Kontur der Schulter (abgeflachte Schulter mit prominentem Akromion). Der Arm wird meist in Adduktion gehalten.

Wichtig ist es im Rahmen der Erstuntersuchung die oben erwähnten Begleitverletzungen zu erfassen.

6. Diagnostik

6.1. Konventionelles Röntgen

Initial werden Röntgenaufnahmen der Scapula angefertigt. Empfohlen werden

Frakturen der Scapula sind als Aufhellungslinien erkennbar. Die axiale Aufnahme hilft bei der Beurteilung des Collums und des Glenoidrands. Eine Verlagerung des Schultergelenks nach medial ist insbesondere bei mediolateraler Angulation der a.p.-Aufnahme um 30° erkennbar.

6.2. Computertomographie

Die Computertomographie (CT) ist deutlich sensitiver für nicht-dislozierte Frakturen. Sie wird insbesondere in unklaren Fällen oder zur Beurteilung einer Gelenkbeteiligung durchgeführt. Dreidimensionale Rekonstruktionen helfen bei der Operationsplanung.

6.3. Magnetresonanztomographie

Die Magnetresonanztomographie (MRT) wird nur bei speziellen Fragestellungen durchgeführt, z.B. zur Darstellung assoziierter Band-, Muskel- oder Plexusverletzungen. Sie zeigt folgende Befunde:

  • T1w: signalarme Frakturlinie, signalarmes Knochenmarködem
  • T2w-FS: signalarme Frakturlinie, signalangehobenes Knochenmarködem. Signalangehobene Darstellung der umgebenden Muskulatur.

7. Differenzialdiagnosen

Klinische Differenzialdiagnosen sind:

Radiologisch müssen folgende Differenzialdiagnosen berücksichtigt werden:

8. Therapie

Die Therapie einer Scapulafraktur muss abhängig von Art und Ausmaß der Fraktur konservativ durch Anlage funktioneller Verbände bzw. Orthesen oder operativ durch eine Osteosynthese erfolgen.

8.1. Konservative Therapie

90 % der Scapulafrakturen sind nicht oder nur minimal disloziert und können konservativ behandelt werden. Dabei erfolgt eine Ruhigstellung im Desault-Verband. Diese sollte jedoch so kurz wie möglich (wenige Tage) erfolgen, um dann mit aktiver Mobilisierung des Gelenks zu beginnen. Ansonsten droht eine Schultersteife.

Bei Kollumfrakturen können Abduktionsorthesen und Gipsverbände zur initialen Ruhigstellung verwendet werden. Auch hierbei sollte eine frühzeitige aktive Mobilisierung angestrebt werden.

8.2. Operative Therapie

Ein operatives Vorgehen erfolgt unter anderem bei:

  • intraartikulären Frakturen mit > 3 bis 10 mm Dislokation oder Beteiligung von > 25 bis 35 % der Gelenkfläche
  • extraartikulären Frakturen mit deutlicher Dislokation:
    • schwere Trümmerfraktur
    • deutlich verschobene Frakturen der Spina scapulae, des Korakoids oder Akromions
    • Kollumfrakturen: > 1 cm Dislokation oder 40° Angulation
    • Kollumfraktur und Claviculafraktur (Floating Shoulder)

Je nach befallenem Gebiet erfolgt eine Schraubenosteosynthese (z.B. bei Glenoidfrakturen), Zuggurtungsosteosynthese (z.B. bei Kollumfrakturen) oder Plattenosteosynthese (z.B. bei Corpusfrakturen).

9. Prognose

Komplexe Scapulafrakturen zeigen häufig einen langwierigen Heilungsverlauf. Der Therapieerfolg wird entscheidend aus dem Zusammenspiel von Behandlung der Fraktur und Physiotherapie beeinflusst. Residuen mit funktioneller Beeinträchtigung sind nicht selten.

Aufgrund der häufigen Begleitverletzungen beträgt die Mortalitätsrate 10 bis 15 %.

Peer-Review durch Bijan Fink

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