Schraubenosteosynthese
Englisch: screw fixation
Definition
Die Schraubenosteosynthese ist eine Form der Osteosynthese, bei der die Frakturstücke durch Schrauben fixiert werden.
Hintergrund
Die Schraubenosteosynthese kann alleine oder in Kombination mit anderen Osteosyntheseformen erfolgen. Alleinige Schraubenosteosynthesen verwendet man bei epimetaphysären Gelenkfrakturen sowie langen Schrägfrakturen im diaphysären Bereich. Bei den meisten diaphysären, aber auch bei metaphysären Frakturen ist zusätzlich zur Schraubenosteosynthese eine Plattenosteosynthese erforderlich. Dies gilt insbesondere auch bei großen Knochen, da hier starke Hebelkräfte wirken. Teilweise werden die Schrauben zu einem späteren Zeitpunkt wieder entfernt.
Es existieren unterschiedliche Schraubendurchmesser für die jeweiligen Skelettabschnitte. Kanülierte Schrauben sind hohle Schrauben, die über einen Führungsdraht platziert werden.
Schraubenmaterial
Die verwendeten Schrauben können aus unterschiedlichen Materialien bestehen:
- Titan (bzw. Titanlegierung)
- rostfreier Edelstahl
- Magnesium (bzw. Magnesiumlegierung)
- Knochen
- Biokeramik
- Kunststoffpolymere: z.B. Poly-L-Milchsäure (PLLA), Polyglykolsäure (PGA), Polyetheretherketon (PEEK)
- Karbonfaser-Hybride
Schraubenformen
- Spongiosaschraube: Vollständig oder teilweise mit Gewinde versehen. Tiefes Gewinde mit großer Steigung. Dient der Fixierung in metaphysären Bereich. Selbstschneidend oder nicht-selbstschneidend.
- Kortikalisschraube: vollständig mit eher flachem, schmalem Gewinde versehen. Dient der Fixierung der Diaphyse. Stumpfe Spitze, nicht-selbstschneidend. In Kombination mit Plattenosteosynthese unterscheidet man:
- unikortikale Fixierung: Schraube durchquert eine Kortikalis. Kann mit Verriegelungsplatte verwendet werden.
- bikortikale Fixierung: Schraube durchdringt beide Kortikalislamellen und ragt 1 bis 2 mm in die Weichteile hinein.
- tri- oder quadrikortikale Fixierung
- Verriegelungsschraube: nur in Verbindung mit Verriegelungsplatte. Vollständig mit einem flachen, sehr engen Gewinde versehen (incl. Schraubenkopf). Das Plattenloch ist ohne Gewinde.
Neben den drei Standardschrauben existieren weitere spezielle Formen:
- kopflose Kompressionsschraube (z.B. Herbert-Schraube, Acutrak-Schraube): Kanülierte Schraube. Das distale Ende weist eine große Gewindesteigung und einen schmalen Durchmesser auf, das proximale Ende hat einen größeren Außendurchmesser und ein engeres Gewinde. Beim Einsetzen in den Knochen erzeugt sie eine Kompression über die Fraktur; das distale Fragment wird zum proximalen gezogen. Sie kann auch zur Sicherung von Arthrodesen oder zur Fixierung von Fragmenten bei Osteochondritis dissecans bzw. osteochondralen Läsionen verwendet werden.
- Interferenzschraube: Patronenförmig, kanülert und vollständig mit Gewinde versehen. Fixierung von Sehnen- und Knochentransplantaten innerhalb eines Knochentunnels. Häufigste Verwendung bei der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands.
- Arthrorise-Schrauben: patronenförmige, kanülierte Schrauben mit abgestumpftem Gewinde zur Stabilisierung des Subtalargelenks bei flexiblem Plattfuß.
Komplikationen
Typische Komplikationen nach Schraubenosteosynthese sind:
- Schmerzen
- inadäquate Beweglichkeit
- gestörte Frakturheilung (Non-Union)
- Infektion
- Bildung von Schleimbeuteln über den Schraubenköpfen
- übermäßige Kallusbildung
Radiologie
Konventionelles Röntgen
Zur postoperativen Kontrolle sowie zur Detektion von Komplikationen werden Röntgenuntersuchungen angefertigt. Ein Schraubenbruch findet sich insbesondere am Übergang des gewundenen zum nicht-gewundenen Abschnitt. Am häufigsten ist die distale Verriegelungsschraube des Femurmarknagels betroffen. Eine Biegung der Schraube ist hinweisend auf eine drohende Schraubenfraktur. Während der Frakturheilung deutet ein Schraubenbruch auf eine inadäquate Beweglichkeit hin und ist mit einem erhöhten Risiko einer Non-Union verbunden. Auch nach erfolgter Frakturheilung kann es zu einem Schraubenbruch kommen.
Eine Schraubenlockerung ist durch eine Aufhellung um die Schraube erkennbar, insbesondere bei Zunahme im Verlauf und bei einer Breite > 2 mm. Weiterhin kann ein Herausdrehen der Schraube bzw. eine Positionsveränderung vorkommen. Am häufigsten sind Schrauben an der Syndesmosis tibiofibularis oder der Beckenschaufel betroffen.
Eine Infektion zeigt sich ebenfalls durch eine Aufhellung um die Schraube, die typischerweise unregelmäßig und unscharf begrenzt ist. Eine Pin-Trakt-Infektion ist gekennzeichnet durch einen donutförmige fokale Sklerose an der Stelle der ehemaligen Befestigungsschraube.
Schraubenlöcher prädisponieren für einen neuen Knochenbruch an dieser Stelle. Da die Spitze der Kortikalisschraube meist 1 bis 2 mm über den Knochen hinausragt, können reaktive Prozesse am umgebenden Gewebe und benachbarten Knochen entstehen.
Computertomographie
Die Computertomographie (CT) kommt in bestimmten Fällen als ergänzende Untersuchung zum Einsatz. Hilfreich sind Metallartefakt-reduzierende Techniken: Die kurze Achse der Schraube sollte parallel zur Bildebene sein. Eine höhere Röhrenspannung und Stromstärke, eine enge Kollimation, dünne Schichtdicken und dickere Rekonstruktionen sowie ein breites Fenster sind hilfreich.
Magnetresonanztomographie
Die Magnetresonanztomographie (MRT) kommt in seltenen Fällen als ergänzende Untersuchung zum Einsatz. Sie geht mit stärkeren Metallartefakten als die CT einher. Hilfreich zur Artefaktunterdrückung sind:
- Fast-Spinecho-Sequenzen (FSE) besser als Spinecho- oder Gradientenecho-Sequenzen
- STIR-Sequenzen besser als klassische fettunterdrückte Sequenzen
- geringere Magnetfeldstärke
- erhöhte Gadientenstärke
- kleineres FOV
- erhöhte Matrixgröße
- erhöhte Echo-Train-Length (ETL)
Je nach Gerätehersteller existieren spezielle Metall-unterdrückte Sequenzen (z.B. WARP, SEMAC, MAVRIC).
Quellen
- devicemed.de - Die Knochenschraube, abgerufen am 11.01.2022
- Grifka J, Krämer J, Orthopädie Unfallchirurgie, 9. überarbeitete Auflage, Springer, 2013