Polymyxin B (Veterinärmedizin)
Synonym: PMB
Englisch: Polymyxin B
Definition
Polymyxin B ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Peptidantibiotika, der sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin zum Einsatz kommt.
siehe auch: Polymyxin
Chemie
Polymyxin B ist ein natürlich vorkommendes kationisches, amphiphiles und zyklisches Dekapeptidantibiotikum, das von dem sporenbildenden, bodenbewohnenden Bakterium Bacillus polymyxa gebildet wird.
Polymyxin B ist eine schwache Base mit einem pKa-Wert von 8,9. Aufgrund der geringen Lipidlöslichkeit sowie der relativ hohen molaren Masse von 1.301 g/mol kann Polymyxin B nur eingeschränkt biologische Membranen durchdringen. In wässrigen Lösungen weist Polymyxin B einen pH-Wert von 5,0 bis 7,5 auf, wobei das Wirkungsoptimum in einem pH-Bereich von 6,2 bis 7,5 liegt. Im alkalischen Bereich, insbesondere ab einem pH-Wert von 8, nimmt die Wirkung ab.
Polymyxin B besteht hauptsächlich aus Polymyxin B1 (PMB1) und Polymyxin B2 (PMB2). Beide Anteile sind strukturell weitestgehend identisch. Sie besitzen die Summenformel:
- C56H98N16O13 (PMB1)
- C55H96N16O13 (PMB2)
In der Medizin wird der Wirkstoff hauptsächlich in der mikrobiologisch aktiven Sulfat-Form verwendet. Polymyxin-B-Sulfat ist ein weißes bis cremefarbenes, geruchloses, hydrophiles Pulver mit bitterem Geschmack. Es ist in Wasser sowie in 0,9 %iger NaCl-Lösung gut löslich, jedoch kaum in Alkohol.
Wirkmechanismus
Polymyxin B weist den gleichen Wirkmechanismus wie Colistin (Polymyxin E) auf: Aufgrund der ausgeprägten Polarität interagiert es mit Phospholipiden und zerstört als Kationendetergens die Zellmembran des Erregers.
Wirkungsspektrum
Polymyxin B wirkt bakterizid auf extrazelluläre, aerob wachsende, gramnegative Bakterien (incl. Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Enterobacter spp, Pasteurellen, Haemophilus influenzae und Acinetobacter-Arten).
Primär resistent sind Proteus-, Providencia- und Serratia-Arten sowie Neisserien.
Pharmakokinetik
Polymyxin B wird bei adulten Tieren mit ungestörtem Gastrointestinaltrakt nach oraler Gabe kaum resorbiert. Aufgrund der Lipidlöslichkeit gelangt Polymyxin B jedoch nach intramammärer Injektion bei Kühen in den systemischen Kreislauf. Hierbei müssen die länderspezifischen Regelungen bezüglich der Zulassung und Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren berücksichtigt werden. In Österreich darf Polymyxin B daher nicht bei Schlachtequiden sowie lebensmittelliefernden Nutztieren verwendet werden.[1]
Indikation
In der Veterinärmedizin wird Polymyxin B topisch zur Behandlung von Infektionen der Ohren, Augen und der Haut verwendet. In einigen Ländern ist der Wirkstoff auch als intramammäres Mastitispräparat (in Kombination mit Procain-Benzylpenicillin, Novobiocin, Dihydrostreptomycin sowie Hydrocortison) erhältlich.
In Österreich kommt Polymyxin B vorwiegend bei Pferden mit Endotoxämien (z.B. nach Kolikoperationen) zum Einsatz.
Dosierung
Tierart | Applikation | Indikation | Dosis |
---|---|---|---|
Hund, Katze | oral | Darminfektion | 2 bis 3 mg/kgKG TID |
topisch | Otitis externa | 0,53 mg PMB, 23 mg Miconazolnitrat, 5 mg Prednisolon pro ml Suspension, einige Tropfen BID | |
konjunktival | Augeninfektion | 5.000 IU PMB, 3,25 mg Neomycin und 500 IU Bacitracin pro Gramm Salbe, TID bis QID | |
Pferd | intravenös | Endotoxämie | 1.000 bis 6.000 IU/kgKG BID |
oral | Endotoxämie | 1.000 bis 5.000 IU/kgKG alle 8 bis 10 Stunden | |
Rind | intramuskulär | Colimastitis | 5 mg/kgKG |
intrazysternal | Mastitis | 130 bis 260 mg/Euterviertel |
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Lokale Nebenwirkungen
Bei parenteraler Applikation kann es zu schmerzhaften Reaktionen an der Injektionsstelle kommen. Polymyxin B sollte nicht subkonjunktival angewendet werden, da eine schwere Chemosis sowie Nekrosen der Konjunktiven beobachtet wurden.
Aufgrund der ototoxischen Wirkung darf Polymyxin B nicht bei Verdacht auf ein perforiertes Trommelfell in Form von Ohrentropfen verwendet werden.
Systemische Nebenwirkungen
Bei Katzen kann es unter Umständen nach intravenöser Injektion zu schwerer Hypotension mit Bradykardie kommen. Parenteral verabreichtes Polymyxin B führt in einigen Fällen auch zu einem Atemstillstand.
Aufgrund der nephrotoxischen Wirkung wird Polymyxin B nur unter strenger Indikationsstellung systemisch angewendet. Beim Hund führt eine intramuskuläre Verabreichung von 2,5 mg/kgKG/Tag über 6 Wochen hinweg zu reversiblen nephrotoxischen Veränderungen.
Bei einigen Tierarten weist Polymyxin eine neurotoxische Wirkung auf (z.B. beim Hund). Beim Pferd ergaben sich nach der intravenösen Applikation von 10.000 IU/kgKG Polymyxin-B-Sulfat keine Hinweise auf eine Neurotoxizität.
Kontraindikation
Zu den absoluten Kontraindikationen zählen:
- Hypersensitivität gegen die Substanz
- perforiertes Trommelfell (bei Ohrentropfen)
- Trächtigkeit
- Laktation
Weblinks
- CliniPharm CliniTox. Polymyxin B CliniPharm Wirkstoffdaten, abgerufen am 13.03.2020
Quellen
- ↑ Rechtsinformationssystem des Bundes Österreich. Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln Bundesministerium Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, abgerufen am 16.03.2020
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