Unfruchtbarkeit
Synonyme: Infertilität, Sterilität
Englisch: infertility
Definition
Unfruchtbarkeit oder Infertilität bezeichnet das Unvermögen, ein Kind zu zeugen bzw. zu empfangen. Nach der Definition der WHO liegt sie beim Menschen vor, wenn nach 1 Jahr trotz regelmäßigen, ungeschützten Geschlechtsverkehrs zu optimalen Zeitpunkten keine Schwangerschaft entsteht.
Nomenklatur
Die Verwendung der Begriffe "Unfruchtbarkeit", "Infertilität" und "Sterilität" ist uneinheitlich. Bei Frauen bezeichnet man mit dem Begriff "Sterilität" zum Beispiel das Nicht-Eintreten einer Schwangerschaft trotz regelmässigem Geschlechtsverkehr innerhalb eines Jahres. "Infertilität" hingegen steht für die Unmöglichkeit, eine Schwangerschaft bis zur Lebensreife des Fötus auszutragen.
In der medizinischen Alltagssprache werden diese Unterschiede jedoch häufig vernachlässigt und die Begriffe einfach synonym verwendet.
Unfruchtbarkeit bei Frauen
Unfruchtbarkeit bei Frauen wird auch als Empfängnisunfähigkeit (Impotentia concipiendi) bezeichnet.
In etwa 40-50% der ungewollt kinderlos bleibenden Paare liegt die Ursache der Unfruchtbarkeit bei der Frau. Die Gründe hierfür können vielfältig sein.
Normalerweise gelangen beim Geschlechtsverkehr die Spermien tief in die Vagina, wandern von dort in den Uterus und erreichen schließlich die Tuba uterina, wo die Befruchtung stattfindet. Danach nistet sich die befruchtete Eizelle in die Uterusschleimhaut ein - die Schwangerschaft beginnt.
Liegt nun eine Störung in einem der genannten Mechanismen vor, so kann dies eine Schwangerschaft verhindern und zu Unfruchtbarkeit führen. In vielen Fällen liegt die Unfruchtbarkeit bei Frauen an einem fehlenden Eisprung.
Ursachen weiblicher Infertilität
Eine Infertilität kann bei der Frau primär oder sekundär (nach mindestens einer vorausgegangen Schwangerschaft) auftreten. Mögliche Ursachen sind u.a.:
- Alter
- Hormonelle Störungen
- Veränderungen des Vaginalsekrets oder des Zervixschleims
- Immobilisierung der Spermien z.B. durch zu niedrigen pH-Wert des Vaginalsekrets
- Beeinträchtigung der Überlebensfähigkeit und Beweglichkeit der Spermien z.B. durch veränderte Beschaffenheit des Zervixschleims (siehe auch: Kremer-Test)
- Genetische Defekte
- Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Genitales
- Medizinische Interventionen
- Sterilisierung (z.B. durch Tubenligatur)
- Chemotherapie
- Strahlentherapie
Diagnostik weiblicher Infertilität
- Anamnese und körperliche Untersuchung
- Portio- und Vaginalzytologie
- Bakteriologische Untersuchung (inkl. Chlamydia-trachomatis-Direktnachweis)
- Kontrollen der Basaltemperatur
- Untersuchung des Cervixsekretes:
- Postkoitaltest
- Endometriumuntersuchung (Biopsie)
- Bestimmung der Hormonspiegel:
- FSH/LH
- HCG
- Östradiol
- Pregnandiol
- Prolaktin (Frage nach Hyperprolaktinämie)
- Testosteron, DHEAS (Frage nach Hyperandrogenämie)
- fT3, fT4, TSH (Frage nach Hypothyreose)
- HOMA-Index
- Thrombophiliediagnostik
- ggf. Abklärung der hypophysär-hypothalamischen Hormonachse
- ggf. Laparoskopie, Pertubation, Hysterosalpingographie
- ggf. genetische und immunologische Untersuchungen
Unfruchtbarkeit bei Männern
Die Unfruchtbarkeit beim Mann ist nicht mit der Impotenz zu verwechseln, was im allgemeinen die Unfähigkeit, eine Erektion zu bekommen, beschreibt. Die eigentliche Zeugungsunfähigkeit wurde noch in den 1990er Jahren kaum beachtet. So galt der Mann als fruchtbar, wenn er zum Geschlechtsverkehr fähig war. Heute weiß man, dass in etwa 30-50% der Fälle von ungewollt kinderlos bleibenden Paaren die Störung allein beim Mann liegt.
Ursachen männlicher Infertilität
Die häufigste Ursachen der männlichen Infertilität sind eine mangelnde Spermienproduktion und eine zu geringe Spermienmotilität. Meist liegt eine kombinierte Störung, die so genannte Oligoasthenoteratozoospermie (OAT-Syndrom) vor. Ihr genauer Ursprung bleibt in den meisten Fällen ungeklärt. Identifizierbare Ursachen sind u.a.:
- angeborene Fehlbildungen (z.B. Maldescensus testis)
- Infektionen (z.B. Mumpsorchitis, Chlamydien)
- Endokrine Störungen (Hypogonadismus)
- Genetische Störungen (z.B. Klinefelter-Syndrom, SCO-Syndrom)
- Tumorerkrankung (z.B. Hodenkrebs)
- Medikamente (u.a. Zytostatika)
- Operationen (z.B. Prostatektomie, Vasektomie)
- Trauma (z.B. Zustand nach Hodentorsion)
- Varikozele
Diagnostik männlicher Infertilität
- Anamnese und körperliche Untersuchung
- Spermiogramm
- Überprüfung der Penetrationsfähigkeit (Postkoitaltest)
- endokrinologische Untersuchungen (Hypogonadismus)
- immunologische Untersuchungen (Spermatozoen-Antikörper)
- ggf. genetische Untersuchung (Chromosomenanalyse)
- ggf. Hodenbiopsie
Risikofaktoren
Es gibt bestimmte Risikofaktoren, die unabhängig vom Geschlecht eine Unfruchtbarkeit zur Folge haben können. Dazu zählen u.a.:
- Alkoholabusus
- Einnahme bestimmter Arzneimittel
- Drogenkonsum
- Unterernährung bzw. falsche Ernährung
- Adipositas
- Nikotinabusus
- Stress
Therapie
Die Therapie der Unfruchtbarkeit ist abhängig von der genauen Ursache. Lässt sich die Ursache nicht beseitigen, wird bei bestehendem Kinderwunsch meist der Weg einer In-vitro-Fertilisation gewählt.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 29.03.2021
- Weyerstahl T, Stauber M et al.: Gynäkologie und Geburtshilfe. 4. vollständig überarbeitete Auflage, 2013. Thieme Verlag. doi:10.1055/b-002-94109
- Thüroff J et al.: Urologische Differenzialdiagnose. 2. Auflage, 2007. Thieme Verlag. doi:10.1055/b-002-40822