Spermiogramm
Synonyme: Ejakulatanalyse, Ejakulatuntersuchung
Englisch: semen analysis, seminogram, spermiogram
Definition
Ein Spermiogramm ist ein Test zur Feststellung der Zeugungsfähigkeit des Mannes, bei dem die männlichen Spermien untersucht werden.
Indikation
Ein Spermiogramm ist angezeigt bei unerfülltem Kinderwunsch, wenn die Frage nach der Unfruchtbarkeit des Mannes gestellt ist. Außerdem dient es zum Nachweis von Sterilität, beispielsweise nach einer Vasektomie (Durchtrennung der Samenleiter im Hoden).
Material
Für ein Spermiogramm wird eine Ejakulatprobe benötigt, die mittels Masturbation nach einer Karenzzeit von 3 bis 6 Tagen gewonnen und in einem sterilen Gefäß gesammelt wird. Die Probe sollte bei Temperaturen über 20°C nicht länger als 1 bis 2 Stunden transportiert und gelagert werden. Die Ejakulatprobe kann nur im verflüssigten Stadium (nach ca. 20-30 Min.) für den Test verwendet werden.
Physikalisch-chemische Untersuchungen
Zunächst wird die Probe makroskopisch beurteilt und mittels physikalischer und chemischer Verfahren untersucht:
- Ejakulatvolumen: mindestens 2 ml
- Farbe: Die Probe sollte milchig-weiß, gräulich, durchscheinend (opaleszent) sein. Bräunliche Färbung ist ein Hinweis auf eine Hämospermie, z.B. durch geplatzte Blutgefäße, Verletzungen oder Entzündungen der Prostata (Prostatitis)
- Geruch: kastanienblütenartig
- pH-Wert: 7,2 bis 7,8 - ein saurer pH-Wert tötet die Spermien ab
- Viskosität: nach Verflüssigung höchstens kurze Fäden ziehend
Die Verflüssigungszeit beträgt zwischen 20 und 60 Minuten
Mikroskopische Untersuchung
Unter dem Mikroskop werden folgende Parameter beurteilt:
- Anzahl/Konzentration: mindestens 40 Mio. (mind. 20 Mio./ml)
- Spermienmotilität: mindestens 40% normal beweglich, davon mehr als 32% mit schneller, progressiver Beweglichkeit. Die WHO unterscheidet vier Stufen der Beweglichkeit von A (schnell progressiv) bis D (keine Beweglichkeit).
- Morphologie: mindestens 4% normal geformt
- Leukozytenzahl: unter 1 Mio/ml. Eine höhere Zahl weist auf einen Entzündung hin.
- Vitalität (Anteil lebender Spermien): mindestens 58%. Tote Spermien können mit dem Farbstoff Eosin angefärbt und unter dem Mikroskop gezählt werden
siehe auch: Spermienvitalitätstest
Laborchemische Untersuchungen
Mittels weiterer laborchemischer Untersuchungsverfahren, die beispielsweise bei Verdacht auf Erkrankungen der Samenleiter, Bläschendrüse oder Prostata angewandt werden, können folgende Parameter bestimmt werden:
- Zink: mindestens 2,4 µmol/Probe
- α-Glukosidase: mindestens 11 mU/Probe
- Citrat: 250 bis 850 mg/dl bzw. ≥ 52 µmol/Ejakulat
- Fruktoseindex (Zuckergehalt): mindestens 13 µmol/Probe bzw. 120 bis 450 mg/dl
Weitere Untersuchungen
Es können auch Tests auf Spermatozoen-Antikörper durchgeführt werden. Dabei sollten weniger als 50% reagieren. Antikörper gegen Spermien (antisperm antibodies: ASA) hemmen diese und beeinträchtigen somit die Fruchtbarkeit. Folgende Tests können hierfür angewandt werden:
- Immunobead-Test (IBT)
- Mixed antiglobulin reaction (MAB)
WHO-Referenzwerte
Die WHO gibt in ihrem Laborhandbuch folgende Referenzwerte für die Ejakulatuntersuchung an:
Merkmal | Normwert |
---|---|
Ejakulatvolumen pro Samenerguss | ≥ 1,5 ml |
pH-Wert | ≥ 7,2 |
Spermienkonzentration | ≥ 15 Mio./ml Ejakulat |
Gesamtspermienzahl | ≥ 39 Mio./Ejakulat |
Motilität (Beweglichkeit) | > 32% schnell progressive Spermien der Kategorie a oder
> 40% progressiv bewegliche Spermien der Kategorie a + b a: linear-progressiv = schnelle Vorwärtsbewegung b: progressiv = langsame, ungeordnete Vorwärtsbewegung c: nicht progressiv = nur lokale Beweglichkeit, „Kreisschwimmer“ d: immotil = keine Beweglichkeit |
Morphologie | ≥ 4% mit normaler Form |
Anteil der lebenden Spermien | ≥ 58% vitale Zellen, die keinen Farbstoff im Eosin-Test aufnehmen |
Leukozyten | < 1 Mio./ml Ejakulat |
Rundzellen | < 1 Mio./ml Ejakulat |
α-Glukosidase | > 20 mU/Ejakulat |
Fruktose | > 13 µmol/Ejakulat |
Verflüssigungszeit | ca. 30 min, max. 1 h |
Geruch | kastanienblütenartig |
Normabweichungen
Folgende Normabweichungen können mittels Spermiogramm festgestellt werden:
- Oligozoospermie: zu wenige Spermien (unter 15 Mio/ml)
- Kryptozoospermie: Spermien nur nach Zentrifugation nachweisbar
- Azoospermie: auch nach Zentrifugation keine Spermien im Ejakulat
- Asthenozoospermie: zu wenig normal bewegliche Spermien
- Akinozoospermie: alle Spermien unbeweglich
- Nekrozoospermie: nur abgestorbene unbewegliche Spermien
- Teratozoospermie: < 30% der Spermien mit normaler Morphologie
- Oligoasthenoteratozoospermie: zu geringe Konzentration, zu wenige normal bewegliche und geformte Spermien (OAT-Syndrom)
- Aspermie: vollständig fehlendes Ejakulat
Konsequenz
Liegt ein normales Spermiogramm vor, bei dem sich alle Parameter im Referenzbereich befinden, spricht man von Normozoospermie. Bei einem pathologischen, also nicht normalen Befund sollte ein weiteres Spermiogramm im Abstand von einem Monat durchgeführt werden, da die Werte von Probe zu Probe unterschiedlich ausfallen können.
Weiterführende Untersuchungen
Je nach Befund müssen weiterführende Untersuchungen durchgeführt werden. Folgende Untersuchungsverfahren werden je nach Indikation angewandt:
- Sonographie (Ultraschall) von Hoden und Prostata, z.B. bei Verdacht auf einen Tumor
- Entnahme von Gewebeproben, z.B. zur Überprüfung der Spermatogenese (Bildung und Reifung von Spermien)
- Blutuntersuchung: z.B. bei Verdacht auf genetische Erkrankungen
Weiteres Vorgehen
Unter Umständen kann eine künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) bei unerfülltem Kinderwunsch zum Erfolg führen. Hierfür können Spermien auch direkt aus den Hoden entnommen und in vitro in die Eizelle eingepflanzt werden, wobei jedoch gegebenenfalls eine niedrigere Erfolgsrate und mögliche Komplikationen berücksichtigt werden müssen.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 06.05.2021
- WHO: Laboratory for the Examination and Processing of Human Semen
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