Synonyme: sporadische Einschlusskörpermyositis, Einschlusskörperchen-Myositis
Englisch: inclusion body myositis (IBM)
Die Einschlusskörpermyositis, kurz IBM, ist eine entzündliche Muskelerkrankung, die überwiegend Männer im höheren Lebensalter betrifft.
Die Prävalenz der Einschlusskörpermyositis wird zwischen 4,5 und 9,5/1 Millionen Einwohner geschätzt. Sie ist die häufigste entzündliche Myopathie ab dem Alter von 50 Jahren. In dieser Altersgruppe steigt die Prävalenz auf 35/1 Millionen. Männer sind dreimal häufiger betroffen als Frauen.
Die Ursache der Einschlusskörpermyositis ist noch (2019) unbekannt. Diskutiert werden eine Infektion mit einem unbekannten Virus, eine Autoimmunreaktion oder eine primär degenerative Muskelerkrankung mit sekundärer Entzündung.
In mindestens 15 % d.F. ist die IBM mit einer systemischen Autoimmunerkrankung bzw. einer Kollagenose assoziiert. Eine familiäre Häufung kann vorkommen (familiäre Einschlusskörpermyositis). Des Weiteren besteht eine Assoziation zu HLA-DR3, HLA-DR52 und HLA-B8.
Die Einschlusskörpermyositis beginnt meist schleichend und zeigt einen chronisch progredienten Verlauf. Typisch ist eine Schwäche und Atrophie der proximalen und distalen Muskeln (v.a. Fußheber, Fingerbeuger und Musculus quadriceps femoris). In einigen Fällen können die Muskelgruppen asymmetrisch betroffen sein.
In 60 % d.F. sind die oropharyngealen Muskeln einbezogen, was sich als Dysphagie äußert. Wie bei den meisten entzündlichen Myopathien bleiben die Augenmuskeln ausgespart, was jedoch nicht für den Rest der Gesichtsmuskulatur gilt.
Die Muskeleigenreflexe bleiben i.d.R. erhalten, in schwer paretischen bzw. atrophischen Muskeln können sie fehlen. Sensible Defizite werden i.d.R. nicht berichtet.
Die Diagnose einer IBM kann bei Patienten über 50 Jahre nach einer Erkrankungsdauer von über 12 Monaten gestellt werden, wenn sie eine Parese der Kniestrecker und/oder der Fingerbeuger bei einer maximal 15-fach über die obere Norm erhöhten Serum-CK aufweisen. Zusätzlich findet sich immunhistopathologisch und elektronenmikroskopisch mindestens eins der folgenden Kriterien:
Einschlusskörperchen und pathologische Filamente können auch bei anderen Muskelerkrankungen beobachtet werden, z.B. bei metabolischen Myopathien, bei der fazioskapulohumeralen Muskeldystrophie oder bei myofibrillären Myopathien.
Unter klinischen Gesichtspunkten sind folgende Differenzialdiagnosen zu erwägen:
Charakteristika | Polymyositis | Dermatomyositis | Einschlusskörpermyositis |
---|---|---|---|
Manifestationsalter | > 18 Jahre | 5 - 15 und 45 - 65 Jahre | > 50 Jahre |
Familiäre Belastung | nein | nein | möglich |
Verlauf | akut bis subakut | akut bis subakut | chronisch |
Paresen | proximal > distal symmetrisch | proximal > distal symmetrisch | distal und proximal, asymmetrisch |
Muskelatrophien | v.a. bei chronischen Formen | gering | fast immer |
Myalgien | gelegentlich | häufig | selten |
EMG | myopathisch | myopathisch | myopathisch-neurogen |
CK | bis 50x erhöht | normal bis 50x | normal bis < 15x |
Muskelbiopsie |
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Immunhistologie | v.a. CD8-T-Zellen, Makrophagen; Invasion in MHC-I-exprimierende intakte Muskelfasern | v.a. CD20-B-Zellen, Makrophagen und CD4-T-Zellen, Komplementablagerung an Gefäßen | v.a. CD8-T-Zellen, Makrophagen; Invasion in MHC-I-exprimierende intakte Muskelfasern, Beta-Amyloid |
Elektronenmikroskopie | - | tubulovesikuläre Einschlüsse im Gefäßendothel | Tubulofilamente bzw. Fibrillen im Sarkoplasma und in Zellkernen, autophagische Vakuolen |
Hautveränderungen | nein | ja | nein |
assoziierte Erkrankungen | Myokarditis, interstitielle Lungenerkrankungen, Kollagenosen, selten Malignome | Myokarditis, interstitielle Lungenerkrankungen, Malignom, Vaskulitis, Kollagenosen | milde Neuropathie |
Ansprechen auf Immunsuppressiva | ja | ja | minimal |
Die Einschlusskörpermyositis gilt als relativ therapierefraktär. Eine kausale Therapie existiert zurzeit (2019) nicht. Im Vordergrund steht die regelmäßige Physiotherapie, die einen günstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf zeigt. Häufig wird ein Therapieversuch mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG) und Prednisolon für ca. 6 Monate empfohlen. Bei jüngeren Patienten mit rasch progredientem Verlauf kann Antithymozytenglobulin und Methotrexat für 12 Monate verabreicht werden. Für die Empfehlung von Alemtuzumab fehlen derzeit (2019) noch weitere Studiendaten.
Die IBM zeigt die ungünstigste Prognose innerhalb der entzündlichen Myopathien. Zwar ist die Lebenserwartung nicht wesentlich verkürzt, jedoch zeigt sich unbehandelt ein progredienter Rückgang der Muskelkraft um ca. 14 % pro Jahr (in MRC-Graden). Die meisten Patienten benötigen nach ca. 5 bis 10 Jahre Krankheitsdauer eine Gehhilfe. Je höher das Alter zum Manifestationszeitpunkt war, desto schneller schreitet die Krankheit voran. In fortgeschrittenen Stadien kann die Lebensqualität durch Ateminsuffizienz, Dysphagie, Aspiration und Kachexie schwer beeinträchtigt sein.
Fachgebiete: Neurologie
Diese Seite wurde zuletzt am 29. November 2019 um 15:31 Uhr bearbeitet.
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