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Einschlusskörpermyositis

Synonyme: sporadische Einschlusskörpermyositis, Einschlusskörperchen-Myositis
Englisch: inclusion body myositis(IBM)

1. Definition

Die Einschlusskörpermyositis, kurz IBM oder sIBM, ist eine entzündliche Muskelerkrankung, die überwiegend Männer im höheren Lebensalter betrifft.

2. Epidemiologie

Die Prävalenz der Einschlusskörpermyositis wird zwischen 4,5 und 9,5/1 Millionen Einwohner geschätzt. Sie ist die häufigste entzündliche Myopathie ab dem Alter von 50 Jahren. In dieser Altersgruppe steigt die Prävalenz auf 35/1 Millionen. Männer sind dreimal häufiger betroffen als Frauen.

3. Ätiologie

Die Ursache der Einschlusskörpermyositis ist noch (2023) unbekannt. Diskutiert werden eine Infektion mit einem unbekannten Virus, eine Autoimmunreaktion oder eine primär degenerative Muskelerkrankung mit sekundärer Entzündung.

In mindestens 15 % d.F. ist die IBM mit einer systemischen Autoimmunerkrankung bzw. einer Kollagenose assoziiert. Eine familiäre Häufung kann vorkommen (familiäre Einschlusskörpermyositis). Des Weiteren besteht eine Assoziation zu HLA-DR3, HLA-DR52 und HLA-B8.

4. Symptome

Die Einschlusskörpermyositis beginnt meist schleichend und zeigt einen chronisch progredienten Verlauf. Typisch ist eine Schwäche und Atrophie der proximalen und distalen Muskeln (v.a. Fußheber, Fingerbeuger und Musculus quadriceps femoris). In einigen Fällen können die Muskelgruppen asymmetrisch betroffen sein.

In 60 % d.F. sind die oropharyngealen Muskeln einbezogen, was sich als Dysphagie äußert. Wie bei den meisten entzündlichen Myopathien bleiben die Augenmuskeln ausgespart, was jedoch nicht für den Rest der Gesichtsmuskulatur gilt.

Die Muskeleigenreflexe bleiben i.d.R. erhalten, in schwer paretischen bzw. atrophischen Muskeln können sie fehlen. Sensible Defizite werden i.d.R. nicht berichtet.

5. Diagnose

Die Diagnose einer IBM kann bei Patienten über 50 Jahre nach einer Erkrankungsdauer von über 12 Monaten gestellt werden, wenn sie eine Parese der Kniestrecker und/oder der Fingerbeuger bei einer maximal 15-fach über die obere Norm erhöhten Serum-CK aufweisen. Zusätzlich findet sich immunhistopathologisch und elektronenmikroskopisch mindestens eins der folgenden Kriterien:

  • endomysiales Entzündungszellinfiltrat
  • Hochregulation von MHC-I auf Muskelfasern
  • geränderte Vakuolen (rimmed vacuoles) innerhalb der Muskelfasern
  • Nachweis von Beta-Amyloid und anderen Neurodegenerations-assoziierten Proteinen oder Tubulofilamenten bzw. Fibrillen in Sarkoplasma und Kernen der Muskelfasern

6. Differenzialdiagnosen

Einschlusskörperchen und pathologische Filamente können auch bei anderen Muskelerkrankungen beobachtet werden, z.B. bei metabolischen Myopathien, bei der fazioskapulohumeralen Muskeldystrophie oder bei myofibrillären Myopathien.

Unter klinischen Gesichtspunkten sind folgende Differenzialdiagnosen zu erwägen:

Charakteristika  Polymyositis Dermatomyositis  Einschlusskörpermyositis
Manifestationsalter > 18 Jahre 5 - 15 und 45 - 65 Jahre > 50 Jahre
Familiäre Belastung nein  nein möglich
Verlauf akut bis subakut akut bis subakut chronisch
Paresen proximal > distal symmetrisch proximal > distal symmetrisch distal und proximal, asymmetrisch
Muskelatrophien v.a. bei chronischen Formen gering fast immer
Myalgien gelegentlich häufig selten
EMG myopathisch  myopathisch myopathisch-neurogen
CK bis 50x erhöht normal bis 50x normal bis < 15x
Muskelbiopsie
  • endomysiales Rundzellinfiltrat, Invasion von intakten Muskelfasern
  • Myodegeneration mit Faseratrophien, geränderten Vakuolen (rimmed vacuoles) und eosinophilen Einschlüssen
Immunhistologie v.a. CD8-T-Zellen, Makrophagen; Invasion in MHC-I-exprimierende intakte Muskelfasern v.a. CD20-B-Zellen, Makrophagen und CD4-T-Zellen, Komplementablagerung an Gefäßen v.a. CD8-T-Zellen, Makrophagen; Invasion in MHC-I-exprimierende intakte Muskelfasern, Beta-Amyloid
Elektronenmikroskopie - tubulovesikuläre Einschlüsse im Gefäßendothel Tubulofilamente bzw. Fibrillen im Sarkoplasma und in Zellkernen, autophagische Vakuolen
Hautveränderungen nein ja nein
assoziierte Erkrankungen Myokarditis, interstitielle Lungenerkrankungen, Kollagenosen, selten Malignome Myokarditis, interstitielle Lungenerkrankungen, Malignom, Vaskulitis, Kollagenosen milde Neuropathie
Ansprechen auf Immunsuppressiva ja ja minimal

7. Therapie

Die Einschlusskörpermyositis gilt als relativ therapierefraktär. Eine kausale Therapie existiert zurzeit (2022) nicht. Im Vordergrund steht die regelmäßige Physiotherapie, die einen günstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf zeigt. Häufig wird ein Therapieversuch mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG) und Prednisolon für ca. 6 Monate empfohlen. Bei jüngeren Patienten mit rasch progredientem Verlauf kann Antithymozytenglobulin und Methotrexat für 12 Monate verabreicht werden. Für die Empfehlung von Alemtuzumab sowie eine Kombinationstherapie aus Rapamycin und Sirolimus fehlen derzeit (2022) noch weitere Studiendaten.

Bezüglich der symptomatischen Behandlung einer Dysphagie gibt es experimentelle Therapieansätze, die einer Einzelfallentscheidung unterliegen. Dazu gehören lokale Botulinumtoxininjektionen, Ballondilatation oder Myotomie.

8. Prognose

Die IBM zeigt die ungünstigste Prognose innerhalb der entzündlichen Myopathien. Zwar ist die Lebenserwartung nicht wesentlich verkürzt, jedoch zeigt sich unbehandelt ein progredienter Rückgang der Muskelkraft um ca. 14 % pro Jahr (in MRC-Graden). Die meisten Patienten benötigen nach ca. 5 bis 10 Jahre Krankheitsdauer eine Gehhilfe. Je höher das Alter zum Manifestationszeitpunkt war, desto schneller schreitet die Krankheit voran. In fortgeschrittenen Stadien kann die Lebensqualität durch Ateminsuffizienz, Dysphagie, Aspiration und Kachexie schwer beeinträchtigt sein.

9. Literatur

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