Synonyme: Chronisches Nierenversagen, Urämie
Englisch: chronic kidney disease, chronic renal failure
Als chronische Niereninsuffizienz, kurz CRF (chronic renal failure), bezeichnet man die exkretorische, regulatorische und endokrine Funktionseinschränkung der Nieren beim Pferd.
Die chronische Niereninsuffizienz ist eine seltene Erkrankung bei Pferden. Die Prävalenz wird mit etwa 0,12 % angegeben. Ältere Pferde scheinen häufiger betroffen zu sein als jüngere (0,23 % bei Pferden über 15 Jahren). Weiterhin tritt die chronische Niereninsuffizienz bei Hengsten häufiger auf als bei Wallachen (0,51 % bei Hengsten über 15 Jahre).
Verschiedene Auslöser können eine chronische Niereninsuffizienz verursachen:
Abhängig von der auslösenden Ursache kommt es zu Schäden an den Glomeruli, Tubuli und/oder den Gefäßen.
Der Untergang der Nephrone und die daraus resultierende verminderte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) führt zu einem Anstieg der harnpflichtigen Substanzen. Die dabei entstehenden Stoffwechselprodukte (Urämietoxine) wie z.B. Methylguanidin, Dimethyl-Arginin, Polyamine und organische Säuren reduzieren die physiologischen Funktionen anderer Organe. Es entwickelt sich ein sogenanntes urämisches Syndrom.
Durch die Akkumulation unterschiedlicher Stoffe, den gestörten Hormonhaushalt und die eingeschränkten Nierenfunktion kommt es zur Ausbildung verschiedener Sekundärerkrankungen (z.B. sekundärer Hyperparathyreoidismus und Insulinresistenz). Der Untergang des Nierenparenchyms vermindert auch die Erythropoetinsynthese, sodass es zu Störungen im hämatopoetischen System kommt. Zusätzlich entstehen aufgrund endokriner Dysfunktionen Abweichungen von zahlreichen weiteren Hormonen (u.a. Parathormon, Gastrin, Testosteron und Insulin).
Klinisch manifeste Erkrankungen treten erst spät im Krankheitsverlauf auf. Betroffene Pferde zeigen dann meist Lethargie, Abmagerung und Gewichtsverlust, Inappetenz, Polyurie und Polydipsie. Es kommt zur Ausbildung von Unterbrust- und Unterbauchödemen (verminderter onkotischer Druck, erhöhte Gefäßpermeabilität und hydrostatischer Druck, vermehrte Reninausschüttung) sowie Ulzerationen in der Maulhöhle. Die Schleimhäute sind blass-anämisch.
Häufig liegt hochgradiger Zahnstein (durch überschüssiges Ammoniak) vor und es bilden sich Erosionen und Ulzerationen der Magenschleimhaut (aufgrund des erhöhten Gastrinspiegels durch verminderte Clearance).
Bei Polyurie und Polydipsie müssen auch folgende endokrinologischen Störungen in Betracht gezogen werden:
Außerdem kann übermäßiges Wassertrinken oder Salzlecken ebenfalls zu vermehrtem Harnabsatz führen.
Die Diagnose wird anhand bildgebender Verfahren (Ultraschalluntersuchung der Nieren und Endoskopie der Harnblase) sowie labormedizinischer Befunde gestellt. Im Blutbild zeigen sich charakteristischerweise folgende Abweichungen von den Normwerten:
Es liegt eine Hyposthenurie vor. Das GGT-Kreatinin-Verhältnis ist mäßig erhöht und das Harn-Plasma-Verhältnis von Kreatinin liegt unter 40.
Die Therapie zielt auf eine Korrektur der Dehydratation, des Elektrolytverlustes und der metabolischen Azidose oder Alkalose ab. Es müssen alle nephrotoxischen Medikamente abgesetzt und eine Behandlung der Primärerkrankung (z.B. Rhabdomyolyse durch Kreuzschlag) begonnen werden.
Während der Rekonvaleszenzphase müssen die Pferde optimal gehalten werden. Die Fütterung und die Wasserversorgung sind an das Tier und den klinischen Zustand anzupassen. Der Therapieerfolg sollte engmasching kontrolliert und überwacht werden (Bestimmung von Harnstoff und Kreatinin im Serum u.ä.).
Die Prognose ist trotz korrekt durchgeführter Therapie schlecht.
Tags: Niere, Niereninsuffizienz, Nierenversagen, Pferd
Fachgebiete: Innere Medizin, Veterinärmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 10. Juli 2020 um 17:27 Uhr bearbeitet.
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