Gastrin
Definition
Gastrin gehört zu den Gewebshormonen und ist chemisch gesehen ein Polypeptid.
Synthese
Die Synthese erfolgt auf spezifische Reize in den G-Zellen des Gastrointestinaltraktes im Antrum pyloricum des Magens und des Duodenums. Man kann zwischen Big-Gastrin mit einer Länge von 36 Aminosäuren, welches in Antrum und Duodenum vorkommt, Little-Gastrin mit 17 Aminosäuren und Mini-Gastrin mit 13 Aminosäuren unterscheiden. Letztere kommen beide vorwiegend im Antrum vor.
Wirkungsweise
Über die Blutbahn gelangt das freigesetzte Gastrin zu den Gastrinrezeptoren der Belegzellen, wo dann über G-Protein-gekoppelte Aktivierung der Phospholipase C ein Anstieg der intrazellulären Calciumkonzentration erfolgt. So wird die Protonenabgabe stimuliert und durch Sekretion von Magensäure der pH-Wert im Magen gesenkt. Diese Senkung des pH-Wertes bewirkt dann über einen Feedback-Mechanismus eine Hemmung der Gastrinsekretion.
Darüber hinaus bewirkt Gastrin eine Zunahme der Motilität von Dünndarm und Gallenblase sowie - über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren - eine Stimulation der Pepsinogensekretion in den Hauptzellen des Magens und der Insulinsekretion im Pankreas.
Sekretion
Stimulation
Der im Magen befindliche Speisebrei stimuliert durch eine mechanische Dehnung der Antrumschleimhaut und den ausgelösten pH-Anstieg im Magen die Gastrinsekretion. Weiterhin wirken Röststoffe, Alkohol oder Coffein im Speisebrei anregend auf die G-Zellen. Enthaltene Peptide induzieren in den peptidergen postganglionären parasympathischen Nervenfasern und Neuronen des enteralen Nervensystems eine Ausschüttung von Gastrin Releasing Peptide (GRP), welches die G-Zellen ebenfalls stimuliert.
Darüber hinaus kann auch ein Vagusreiz fördernd auf die G-Zellen einwirken.
Inhibition
Im Umkehrschluss führt ein Absinken des pH-Wertes im Magen über Feedback-Hemmung zu einer verringerten Ausschüttung des Gastrins.
Das glukoseabhängige insulinotrope Peptid (GIP), das vasoaktive intestinale Peptid (VIP) sowie Sekretin bewirken über Hemmung der G-Zellen eine Hemmung der Gastrinausschüttung.
Klinik
Gastrin-produzierende neuroendokrine Tumoren, sogenannte Gastrinome, kommen häufig im Rahmen eines MEN-Syndroms vor. Sie befinden sich meist im Pankreas oder im Duodenum. 60 bis 90 % der Gastrinome sind maligne und metastasieren in Lymphknoten, Leber und Knochen.
Durch die Hypergastrinämie kommt es zu einer stark erhöhten Salzsäureproduktion der Magenschleimhaut, die zu therapieresistenten, multipel rezidivierenden Ulzera in Magen, Duodenum und Jejunum führt. Zu den Leitsymptomen zählen Bauchschmerzen, Diarrhö und gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD). Das Krankheitsbild wird als Zollinger-Ellison-Syndrom bezeichnet.
Therapeutisch werden Protonenpumpenhemmern verabreicht, die als reaktive Sulfonamide die H+/K+-ATPase durch die Ausbildung von gemeinsamen Disulfidbrücken irreversibel hemmen und damit die Protonensekretion vermindern. Weiterhin kann eine chirurgische Resektion des Gastrinoms erwogen werden.
Labormedizin
Die Bestimmung des Serumgastrinspiegels kann unter anderem im Rahmen der Gastrinom-Diagnostik indiziert sein.
Material und Präanalytik
Zur Bestimmung des Gastrinspiegels wird 1 ml Serum benötigt. Die Blutentnahme sollte aufgrund der zirkadianen Rhythmik morgens am nüchternen Patienten erfolgen. Falls keine Kontraindikationen bestehen, sollten H2-Blocker, Antazida, Protonenpumpeninhibitoren sowie Anticholinergika mindestens 3 bis 4 Tage vorher abgesetzt werden. Das entnommene Serum muss entweder sofort an das Labor geschickt oder nach Zentrifugation eingefroren und in einer Gefrierbox versendet werden.
Referenzbereich
Der Serumgastrinspiegel sollte bei < 90 ng/l liegen.
Das genaue Referenzintervall ist methodenabhängig - daher ist der vom jeweiligen Labor angegebene Wert ausschlaggebend.
Interpretation
Der Serumgastrinspiegel kann im Rahmen folgender Erkrankungen und Zustände leicht bis mittelgradig erhöht sein:
- Pylorusstenose
- Ulcus duodeni
- Z.n. selektiver proximaler Vagotomie
- G-Zell-Hyperplasie
- postprandial
- bei Einnahme von Antazida, H2-Blockern, PPIs
- nach dem Genuss von Koffein
Stark erhöhte Werte (> 1.000 ng/l) sind praktisch beweisend für ein Gastrinom. Weitere Ursachen für einen sehr hohen Gastrinspiegel können sein:
- Helicobacter-pylori-Gastritis
- Z.n. zurückbelassener Antrumschleimhaut nach Billroth-II-Resektion
- Typ-A-Gastritis mit und ohne perniziöser Anämie
- Kurzdarmsyndrom
- Niereninsuffizienz
- Hyperthyreose
- Zollinger-Ellison-Syndrom
Im Falle eines erhöhten Serumgastrinspiegels wird ein Gastrinstimulationstest empfohlen.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 18.02.2021
- Zollinger-Ellison-Syndrom, abgerufen am 04.10.2021