Bakterielle Endokarditis
Definition
Bei der bakteriellen Endokarditis handelt es sich um eine durch Bakterien verursachte Entzündung des Endokards. Es ist die häufigste Form der infektiösen Endokarditiden.
Formen
Man unterscheidet eine akute von einer subakuten Verlaufsform. Die beiden Verlaufsformen, Endocarditis acuta und lenta, unterscheiden sich auf Grund ihres Erregerspektrums und ihres Verlaufs.
Form | Erreger |
---|---|
Endocarditis acuta | Staphylokokken |
Endocarditis lenta | meist alpha-hämolysierende Streptokokken |
Ätiologie
Auf Grund einer hämatogenen Streuung des Erregers, kommt es zu einer Absiedlung der Bakterien auf den Herzklappen. Die anschließende Entzündung führt zu einer Schädigung der Herzklappen. Nach Art der Schädigung wird eine Endocarditis ulcerosa von einer Endocarditis polyposa unterschieden. Bei der Endocarditis ulcerosa führt die Entzündung zu Klappenulzerationen. Bei der Endocarditis polyposa kommt es vor allem zu thrombotischen und Bakterien behafteten Auflagerungen auf der Klappe. Als Ursache einer bakteriellen Besiedlung kommen eine Sepsis im Rahmen einer Infektionskrankheit, unsterile venöse Injektionen besonders bei Drogenabusus oder ein schlechter Zahnstatus in Betracht. Aber auch eine iatrogen verursachte Eintrittspforte durch einen infizierten Venenverweilkatheter oder operative Eingriffe sind möglich. Eine bakterielle Endokarditis findet sich meist nur an vorgeschädigten Herzklappen, am gesunden Herzen ist sie sehr selten.
Erreger
Häufigste Erreger
- Staphylokokken (45-65%)
- Streptokokken (ca. 30%)
- Enterokokken, gramnegative Bakterien (ca. 10%)
Seltene Erreger
- Coxiella burnetii
- Chlamydien
- Mykoplasmen
- Legionellen
- Erreger der HACEK-Gruppe.
- Pilze (1%)
Bei etwa 10% der Patienten gelingt es nicht, den Erreger zu isolieren. Während die Häufigkeit der Streptokokkenendokarditis rückläufig ist, nehmen Endokarditiden durch Staphylokokken und seltene Erreger (einschließlich Pilze) zu, insbesondere durch Verwendung prothetischer Materialien (Venenverweilkatheter, Schrittmacher, Herzklappen, Endoprothesen u.a.), ferner durch die Ausweitung intensivmedizinischer Maßnahmen.
Etwa 60% aller Patienten mit Streptococcus bovis-Endokarditis haben Kolontumore (Polypen, Karzinome). Deswegen ist es ratsam, im freien Intervall bei diesen Fällen zu koloskopieren.
Symptomatik
Die Symptomatik der Endocarditis acuta entspricht der einer Sepsis. Sie imponiert klinisch mit Fieber, Tachykardie, Schweißausbrüchen und Schwäche. Des Weiteren kann es zu einer Manifestation an verschiedenen Organen kommen. Zur Diagnosestellung können die sogenannten Duke-Kriterien herangezogen werden, die die Symptomatik in Haupt- und Nebenkriterien einteilen.
Organ | Manifestationsform |
---|---|
Herz | Klappeninsuffizienz |
Milz | Splenomegalie |
Haut | Petechien, Osler-Knötchen, Janeway-Läsion |
Niere | glomeruläre Herdnephritis, embolische Niereninfarkte, Niereninsuffizienz |
Augen | Roth-Flecken |
Der Verlauf der Endocarditis lenta ist schleichend. Durch einen lange bestehenden, schubweisen Krankheitsverlauf (mindestens 6 Wochen) kann es zur Ausbildung einer Anämie, von Trommelschlägelfingern und Uhrglasnägeln kommen.
Labor
- Unspezifische Entzündungszeichen:
- BSG und CRP erhöht (eine normale BSG spricht gegen eine Endokarditis!)
- Anämie ( 80%), evtl. Leukozytose, Thrombozytopenie
- Immunologische Begleitbefunde: Antiendotheliale (AECA) oder antisarkolemnale Antikörper (ASA) und andere Immunphänomene
- Blutkultur: Entscheidender Befund für Diagnose und Therapie
- Grundsätzlich vor Beginn antibiotischer Therapie, aber auch bei klinischer Verdachtsdiagnose mit Therapie beginnen, da oft Erregernachweis schwierig ist
- 3-5 separat entnommene Blutkulturen in 24 Stunden, bei akut septischem Verlauf möglichst innerhalb 1-2 Stunden. Bei antbiotischer Vorbehandlung evtl. auch größere Anzahl. Die Entnahme erfolgt unabhängig vom Verlauf der Körpertemperatur (kontinuierliche Bakteriämie).
Therapie
Die ungezielte Initialtherapie erfolgt mit einer erregerspezifischen Antibiose nach Abnahme wiederholter Blutproben für aerobe und anaerobe Kultur. Da ein frühzeitiger Beginn der Therapie entscheidend ist, wird vor einer Erregerbestimmung mit einer kalkulierten antibiotischen Therapie begonnen. Die Therapie sollte auch bei rein klinischer Verdachtsdiagnose ohne positives Ergebnis einer Blutkultur erfolgen. Nach Vorliegen des Antibiogramms kann man evtl. eine Therapiekorrektur durchführen.
Bei Nativklappen und Klappenprothesen (> 1 Jahr postoperativ) wird für 6 Wochen folgende kalkulierte Therapie empfohlen:[1]
- Ampicillin (12 g/d i.v.) + Flucloxacillin (12 g/d i.v.) + Gentamicin (3 mg/kgKG/d i.v.) oder
- Ampicillin/Sulbactam (12 g/d) + Gentamicin (3 mg/kgKG/d i.v.)
Bei Unverträglichkeit von Betalaktamantibiotika ersatzweise:
- Vancomycin (30–60 mg/kgKG/d i.v.) + Gentamicin (3 mg/kgKG/d i.v.) oder
- Daptomycin (10 mg/kgKG/Tag) oder
- Teicoplanin (24–30 mg/kg/Tag für 3 Tage, dann 15 mg/kgKG jeden 2. Tag)
Bei Klappenprothesen (< 1 Jahr postoperativ):
- Vancomycin (30–60 mg/kgKG/d i.v.) + Gentamicin (3 mg/kg KG/d i.v.) + Rifampicin (900 mg/d i.v.)
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Ein frühzeitiges kardiochirurgisches Konsil ist wichtig und notwendig, um ein evtl. Klappenersatz zur Infektionssanierung nicht zu verzögern, denn bei Vegetationen >10 mm steigt das Embolierisiko um bis zu 60%.
Die Erfolgskontrolle erfolgt über Klinik, Labor (v.a. BSG, CRP) und TEE (Klappenzustand, Vegetationen).
Quellen
- ↑ S2k-Leitlinie: Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018, 2. aktualisierte Version, erstellt am 25. Juli 2019