Nervus trigeminus
Synonyme: 5. Hirnnerv, Nervus V, Drillingsnerv
Englisch: trigeminal nerve
Definition
Der Nervus trigeminus ist der 5. Hirnnerv und führt allgemein-somatosensible und speziell-viszeromotorische Fasern. Er leitet sensible Informationen aus dem gesamten Gesichtsbereich zum Gehirn und innerviert die Kaumuskulatur.
Embryologie
Der Nervus trigeminus wird zu den Kiemenbogennerven gerechnet und entwickelt sich aus dem Nerven des 1. Kiemenbogens. Er innerviert deshalb alle Muskeln, die sich aus der Muskelanlage dieses Kiemenbogens bilden.
Verlauf
Der Nervus trigeminus entspringt vom Lateralrand der Brücke (Pons) und zieht zur Felsenbeinpyramide, an der er die Dura mater durchbricht. An seinem Ursprung kann man zwei Wurzeln unterscheiden:
- die Radix sensoria (sensible Wurzel) und
- die Radix motoria (motorische Wurzel)
In einer Duratasche über dem Foramen lacerum, dem Cavum trigeminale, schwillt der Nervus trigeminus zum Ganglion trigeminale (Ganglion Gasseri) an. Danach teilt er sich in seine drei Endäste auf, den Nervus ophthalmicus, den Nervus maxillaris und den Nervus mandibularis.
Nervus ophthalmicus (V1)
Der Nervus ophthalmicus tritt in den Sinus cavernosus ein und zieht in dessen Seitenwand nach ventral. Bevor er durch die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle gelangt, gibt er einen Ramus meningeus recurrens an die Hirnhäute ab. Beim Eintritt in die Augenhöhle zweigt er sich in seine drei Endäste auf: Nervus frontalis, Nervus nasociliaris, Nervus lacrimalis.
Nervus maxillaris (V2)
Der Nervus maxillaris zieht in der basolateralen Wand des Sinus cavernosus nach ventral, wo er vor seinem Durchtritt durch das Foramen rotundum einen Ramus meningeus abgibt. Über das Foramen rotundum erreicht er die Fossa pterygopalatina. Dort teilt er sich in seine Endäste: Nervus zygomaticus, Nervus infraorbitalis, Rami ganglionares.
Nervus mandibularis (V3)
Der Nervus mandibularis zieht durch das Foramen ovale in die Fossa infratemporalis. Im Gegensatz zu den beiden anderen Trigeminusästen gibt der Nervus mandibularis erst hier - d.h. außerhalb der Schädelhöhle - einen Ramus meningeus recurrens ab. Er tritt zusammen mit der Arteria meningea media über das Foramen spinosum wieder in die Schädelhöhle ein, wo er sensibel die Hirnhäute versorgt. In der Fossa infratemporalis erfolgt die Aufteilung in die vier allgemein-somatosensiblen Endäste:
und die speziell-viszeromotorischen Äste, die unter anderem die Kaumuskulatur innervieren. Diese Fasern werden zum Teil auch als Nervus masticatorius bezeichnet. Der Nervus mandibularis ist der einzige Ast des Trigeminus, der motorische Fasern enthält.
Faserqualitäten
Die sensiblen Fasern der Radix sensoria werden nach dem Ganglion trigeminale als Portio major nervi trigemini bezeichnet. Die motorischen Fasern aus der Radix motoria passieren das Ganglion trigeminale und schmiegen sich dem Nervus mandibularis an. Sie bilden einen kleineren Anteil, die Portio minor nervi trigemini.
Die Portio major ist rein somatosensibel. Sie enthält Fasern der epikritischen, protopathischen und propriozeptiven Sensibilität, deren Nervenzellkörper überwiegend im Ganglion trigeminale liegen. Die Nervenzellkörper der propriozeptiven Neuronen befinden sich entwicklungsgeschichtlich bedingt im Nucleus mesencephalicus nervi trigemini des Hirnstamms.
Die gemischte Portio minor besteht überwiegend aus motorischen Fasern. Sie enthält einen kleinen Anteil von propriozeptiven Fasern, die zu den Muskeln ziehen, die der Nerv motorisch versorgt. Diese Fasern entstammen jedoch ebenfalls aus der Radix sensoria.
Innervation
Nervus ophthalmicus
Zum Versorgungsgebiet des Nervus ophthalmicus gehört die gesamte Orbita, sowie die Haut der Stirn und der Nase. Außerdem wird ein Teil der Nasennebenhöhlen sowie die Schleimhaut der Nasenscheidewand von ihm versorgt. Einer seiner Äste, der Nervus lacrimalis, führt über Fasern aus dem Nervus facialis allgemein-viszeromotorische Fasern für die parasympathische Versorgung der Tränendrüse.
Nervus maxillaris
Der Nervus maxillaris innerviert fast die gesamte Schleimhaut der Nasenhöhle, den Gaumen, den Oberkiefer mit Zahnfleisch und Zähnen sowie die Haut zwischen Unterlid und Oberlippe und einen Teil des Schläfenbereichs.
Nervus mandibularis
Die Haut über dem Kinn bis hin zur Schläfe wird vom Nervus mandibularis sensibel versorgt. Hinzu kommt die sensible Versorgung der vorderen zwei Drittel der Zunge und des Unterkiefers mit Zähnen und Zahnfleisch. Über seine speziell-viszeromotorischen Fasern versorgt er die gesamte Kaumuskulatur, den Musculus tensor tympani, den Musculus tensor veli palatini, sowie auch den Musculus mylohyoideus und den vorderen Bauch des Musculus digastricus des Mundbodens. Die efferenten Fasern des Nervus trigeminus verlaufen ausschließlich im Nervus mandibularis.
Zudem führen die Endäste Nervus auriculotemporalis und Nervus lingualis allgemein-viszeromotorische Fasern aus dem Nervus glossopharyngeus für die sekretorische Versorgung der Ohrspeicheldrüse, sowie aus dem Nervus facialis für die Submandibular- und Sublingualdrüse.
Kerngebiete
Allgemein-somatosensible Fasern
Nucleus mesencephalicus nervi trigemini
Der Nucleus mesencephalicus nervi trigemini liegt im Mesencephalon und erhält Afferenzen von Muskelspindeln der Kaumuskulatur und entsendet Efferenzen in diese. Diese Nervenbahnen bilden die anatomische Grundlage des Masseterreflexs.
Die Besonderheit des Nucleus mesencephalicus nervi trigemini ist, dass er aus pseudounipolaren Nervenzellen besteht. Die Afferenzen aus den Muskelspindeln der Kaumuskulatur führen also nicht zu den Nervenzellkörpern im Ganglion trigeminale, sondern direkt in den Hirnnervenkern. Der Kern wird daher auch manchmal als ein im ZNS liegendes Ganglion bezeichnet.
Nucleus principalis nervi trigemini
Im Nucleus principalis nervi trigemini, der sich in der Brücke befindet, enden die Fasern der epikritischen Sensibilität aus dem Gesicht.
Nucleus spinalis nervi trigemini
Der in der Medulla oblongata und Medulla spinalis gelegene Nucleus spinalis nervi trigemini empfängt Fasern der protopathischen Sensibilität aus dem Gesicht.
Er kann in eine Pars caudalis, eine Pars interpolaris und einen Subnucleus oralis unterteilt werden. Diese somatotope Organisation erklärt die schalenförmigen, perioralen Innervationsgebiete (Sölder-Linien).
Speziell-viszeromotorische Fasern
In der Brücke befindet sich der Nucleus motorius nervi trigemini für die speziell-viszeromotorischen Fasern des Nervus trigeminus.
Klinik
Erkrankungen
Bei einer Läsion des Nervus trigeminus kommt es zu Sensibilitätsausfällen und/oder Lähmungen der versorgten Regionen. Nach dem Sitz der Läsion unterscheidet man einen zentralen und einen peripheren Sensibilitätsausfall. Zu weiteren Erkrankungen des Nervus trigeminus zählen:
Diagnostik
Reizzustände im Innervationsgebiet der drei Hautstämme lassen sich im klinischen Alltag über die Trigeminusdruckpunkte (Valleix-Punkte) diagnostizieren.
- Foramen supraorbitale für den Nervus supraorbitalis des Nervus ophthalmicus
- Foramen infraorbitale für den Nervus infraorbitalis des Nervus maxillaris
- Foramen mentale für den Nervus mentalis des Nervus mandibularis
Diese Druckpunkte sind bei Erkrankungen des betreffenden Astes druckschmerzhaft. Besonders empfindlich sind die betreffenden Druckpunkte bei der Trigeminusneuralgie.
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: ©Attentie Attentie / Unsplash
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