Mandibula
Synonyme: Os mandibulare, Mandibel, Unterkiefer, Unterkieferknochen
Englisch: mandible, lower jaw
Definition
Die Mandibula, kurz UK für Unterkiefer, ist der größte und stärkste Knochen des Gesichtsschädels. Er besteht aus einem U-förmig gebogenen Körper, dem Corpus mandibulae, und zwei rechts und links an den Kieferwinkeln (Anguli mandibulae) aufsteigenden Ästen, den Rami mandibulae.
Corpus mandibulae
Das Corpus mandibulae ist hufeisenförmig gebogen. Seine obere Begrenzung ist der Alveolarfortsatz (Pars alveolaris mandibulae), der die 16 knöchernen Zahnfächer enthält und je nach Bezahnung in seiner Form erheblich variieren kann. Bei Zahnverlust im Alter verschwindet der Alveolarfortsatz aus diesem Grunde fast völlig, so dass dieses keine Varietät, sondern eine physiologische Veränderung darstellt.
Der untere Rand des Corpus mandibulae geht nach dorsal beidseits in den Angulus mandibulae über. Der Corpus weist 2 Flächen auf:
Facies externa
Als Facies externa (Außenfläche) bezeichnet man die konvexe Seite der Mandibula. In der Medianlinie markiert eine kleine Knochenleiste den Ort, an dem die rechten und linken Anteile des Unterkieferknochens während der Embryonalzeit zusammenwachsen. Er wird wie beim Schambein als Symphyse bezeichnet. Die Knochenleiste teilt sich auf ihrem Verlauf nach kaudal und geht dort in eine dreieckige Erhebung, die Protuberantia mentalis (Kinnvorsprung), über. Sie weist links und rechts je eine Erhebung (Tuberculum mentale) auf, die beidseits später in einen feinen, schräg über den Knochen verlaufenden Grat übergeht (Linea obliqua).
Die Linea obliqua läuft nach kranial und dorsal bis zum vorderen Rand des jeweiligen Ramus mandibulae. An ihr haben der Musculus triangularis und der Musculus depressor labii inferioris ihren Urspung, kaudal davon setzt das Platysma an. Kranial der Linea obliqua am Alveolarfortsatz, direkt unterhalb der Molaren, findet sich der Ansatz des Musculus buccinator.
Unterhalb der Schneidezähne verläuft die Fossa incisiva, die als Ursprung des Musculus mentalis und eines Teils des Musculus orbicularis oris dient. Kaudal des zweiten Prämolaren tritt beidseits im Foramen mentale der Nervus mentalis, und die Arteria und Vena mentalis aus.
Facies interna
Die konkave Seite der Mandibula ist die Facies interna (Innenfläche). Nahe des unteren Teils der Symphyse imponieren kleine Vorsprünge, die Spinae mentales, die den Ursprung des Musculus genioglossus und Musculus geniohyoideus darstellen. Diese Spinae können jedoch auch zu einer Knochenleiste oder einem Tuberculum konfluieren. Unterhalb der Spinae liegt die kleine ovale Fossa digastrica mandibulae, die den Ursprung des Musculus digastricus darstellt. Nach dorsal und kranial steigt - den Verlauf der außen liegenden Linea obliqua imitierend - beidseits die Linea mylohyoidea mandibulae auf. Sie ist der Urprung des Musculus mylohyoideus, im hinteren Teil des Musculus constrictor pharyngis superior. Oberhalb und unterhalb der Linea erkennt man zwei Vertiefungen (Fossae), in denen sich die Glandula sublingualis bzw. die Glandula submandibularis an den Knochen anlagern.
Ramus mandibulae
Der beidseits an den Anguli mandibulae entspringende Unterkieferast (Ramus mandibulae) hat eine viereckige Grundform mit 2 Flächen, 4 Rändern und 2 Vorsprüngen (Processus). An seiner Innenseite befindet sich die Eintrittstelle des Nervus alveolaris inferior und der Arteria alveolaris inferior in den Alveolarkanal, das Foramen mandibulae.
Processus coronoideus
Der Processus coronoideus ist ein dünner, dreieckiger, beidseitig abgeplatteter Knochenvorsprung. Sein anteriorer Rand ist konvex und geht kaudal in den Margo anterior des Ramus mandibulae über. Der posteriore Rand ist konkav und formt den Vorderrand der Incisura mandibulae. Die laterale Fläche ist glatt und dient als Ansatz für den Musculus masseter und den Musculus temporalis. Die mediale Fläche dient ebenfalls als Muskelansatz für den Musculus temporalis. Sie weist eine kleine Knochenkante (Crista temporalis) auf, die nach anteroinferior zum letzten Molaren läuft. Zwischen dieser und dem Vorderrand des Ramus mandibulae liegt eine kleine dreieckige Fläche, das Trigonum retromolare, das dem Musculus temporalis und einigen Fasern des Musculus buccinator als Ansatz bzw. Ursprung dient.
Processus condylaris
Der Processus condylaris ist massiver als der Processus coronoideus und besteht aus zwei Teilen: Dem Unterkieferhals (Collum mandibulae) und dem Gelenkköpfchen (Caput mandibulae).
Das Caput mandibulae bildet zusammen mit dem dazwischen liegenden Meniscus articularis und der Fossa mandibularis des Os temporale das Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis). Es besitzt eine in Längs- und Querrichtung konvexe Oberfläche. Seine Längsachse weist nach medial und leicht nach dorsal. Am lateralen Ausläufer des Gelenkköpfchens findet sich ein kleiner Tuberkel, der dem Ligamentum temporomandibulare als Ansatz dient.
Das Collum mandibulae ist relativ grazil ausgeprägt und wird durch seitlich und frontal herabziehende Knochenleisten verstärkt. Die Vorderseite ist konkav und bildet die dorsale Begrenzung der Incisura mandibulae. Medial setzt der Musculus pterygoideus lateralis an.
Biomechanik
Man unterscheidet verschiedene Bewegungen des Unterkiefers:
- Protrusion: Vorschub der Unterkiefers aus der Ruheposition
- Retrusion: Rückzug des Unterkiefers aus der Ruheposition
- Protraktion: Vorschub des Unterkiefers aus der Retrusionsposition in die Ruheposition
- Retraktion: Rückzug des Unterkiefers aus der Protrusionsposition in die Ruheposition
- Laterotrusion: Seitwärtsbewebung von der Mittellinie weg
- Mediotrusion: Seitwärtsbewebung zur Mittellinie weg
Laterotrusion und Mediotrusion beziehen sich jeweils auf ein Unterkieferhälfte. Sie treten stets zusammen auf.
um diese Funktion zu nutzen.