Unterkieferfraktur
Synonym: Mandibulafraktur
Englisch: mandibular fracture, fracture of the jaw
Definition
Als Unterkieferfraktur bezeichnet man eine Fraktur der Mandibula, häufig unter Beteiligung des Kiefergelenks und Alveolarfortsatzes.
Ätiologie
Unterkieferfrakturen entstehen meistens durch direkte Gewalteinwirkung (z.B. Faustschlag) oder im Rahmen von Verkehrsunfällen und Stürzen.
Einteilung
Es besteht bislang (2024) keine einheitliche Klassifikation der Unterkieferfrakturen. Sie können beispielsweise anhand topographischer Kriterien eingeteilt werden in:[1]
- Frakturen im Bereich der Symphyse
- Frakturen im Bereich des Corpus mandibulae (Korpusfrakturen)
- Frakturen im Bereich des Angulus mandibulae (Kieferwinkelfrakturen)
- Frakturen im Bereich des Ramus mandibulae (aufsteigender Ast)
- Muskelfortsatzfrakturen: Frakturen im Bereich des Processus coronoideus mandibulae (Muskelfortsatz)
- Gelenkfortsatzfrakturen (Typ I-VI nach Spiessl und Schroll): Frakturen im Bereich des Processus condylaris mandibulae (Gelenkfortsatz) am Collum oder Capitulum mandibulae. Sie sind die häufigsten Frakturen des Unterkiefers[2]
- Alveolarfortsatzfrakturen
Aus therapeutischer Sicht ist weiterhin die Unterscheidung revelant, ob es sich um Frakturen des bezahnten oder unbezahnten Unterkiefers handelt sowie, ob der Frakturspalt innerhalb oder außerhalb der Zahnreihe verläuft.
In 50 bis 60 % der Fälle bricht der Unterkiefer an zwei oder mehr Stellen.[3] Bei Beteiligung der Alveolen, Haut, Schleimhaut oder des Gehörgangs spricht man von einer offenen Fraktur. Hierbei besteht die Gefahr einer Kontamination.
Klinik
Unterkieferfrakturen zeigen sich meistens mit schmerzhaften Dislokationen, Schwierigkeiten bei der Okklusion, Schwellung, Weichteilverletzungen und Sensibilitätsstörungen im Bereich des Nervus mandibularis (V3). Bei Gelenksfortsatzfrakturen sind weiterhin eine seitliche Verschiebung zur betroffenen Seite, präaurikuläre Schmerzen, Blutungen des äußeren Gehörgangs und eine Kieferklemme mit erschwerter Mundöffnung typisch.
Komplikationen
Blutungen sowie eine dorsale Verlegung von Frakturfragmenten, der Zunge und der Mundbodenmuskulatur können zu akuten Atemwegsverlegungen und Aspirationen mit erforderlicher Intubation führen. Offene Frakturen bergen durch eine mögliche Kontamination die Gefahr von Osteomyelitiden oder Knochenabszessen. Bei Beteiligung des Kiefergelenks besteht darüber hinaus das Risiko einer dauerhaften Versteifung.
Diagnostik
Zur Diagnostik einer Unterkieferfraktur gehören:
- Palpation mit Beurteilung direkter und indirekter Frakturzeichen
- Sensibilitätstestung
- Röntgen-Schädel in zwei Ebenen inkl. spezieller Aufnahmen des Kiefergelenks (z.B. Clementschitsch oder Orthopantogramm)
- CT-Aufnahme zur 3D-Rekonstruktion
Je nach Ätiologie sollte zudem ein Schädel-Hirn-Trauma ausgeschlossen werden.
Therapie
Eine Unterkieferfraktur kann sowohl konservativ als operativ behandelt werden.
Indikationen für eine konservative Therapie sind stabile und nicht-dislozierte Frakturen. Die Fraktur wird hierbei maxillomandibulär mittels Draht oder Prothesen für mehrere Wochen starr geschient. Betroffene müssen immer eine Drahtschere mit sich führen, um bei eventuellem Erbrechen schnell reagieren zu können.
Eine operative Therapie ist bei instabilen, dislozierten, offenen und Mehrfachfrakturen sowie bei Beteiligung des Kiefergelenks oder zahnlosem Unterkiefer indiziert. Methode der Wahl ist eine Reposition mittels Plattenosteosynthese und anschließender Fixierung.
Literatur
- Keel et al. Unterkieferfraktur, 2016
- MSD Manual – Frakturen der Mandibula und des Mittelgesichts, abgerufen am 02.03.2022
- Pschyrembel – Kieferfraktur, abgerufen am 23.02.2022
- Welkoborsky Frakturen des Unterkiefers, 2017
Quellen
- ↑ Schmidt et al. Unterkieferfrakturen, 2011
- ↑ Schwenzer et al. Unterkieferfrakturen, 2010
- ↑ Imhof et al. Unterkieferfrakturen, 2017
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