Atemwegsverlegung
Definition
Unter Atemwegsverlegung versteht man einen Zustand, bei dem das Lumen der Atemwege, teilweise oder vollständig mechanisch verschlossen wird. Mögliche Gründe dafür sind die Aspiration von Fremdkörpern, Flüssigkeiten (z.B. Blut) oder Erbrochenem.
Nomenklatur
Die Atemwegsverlegung ist eine Form der Atemwegsobstruktion. Die Begriffe werden teilweise auch synonym verwendet. "Atemwegsverlegung" bzw. "verlegte Atemwege" ist jedoch die bevorzugte Bezeichnung in der Notfallmedizin und im Rettungswesen, da sie die mechanische Ursache unterstreicht.
Hintergrund
Je umfangreicher die Atemwegsverlegung, desto größer ist die Gefahr der respiratorischen Insuffizienz. Sind die Atemwege vollständig verlegt, tritt eine Hypoxie ein, die ohne Therapie zum Herz-Kreislauf-Stillstand und letztlich zum Tod durch Ersticken führt.
Ursachen
Die Ursachen für eine Atemwegsverlegung sind vielfältig. Bei Kleinkindern führt oft das Verschlucken von kleinen Gegenständen zu einer Verlegung der Atemwege (Fremdkörperaspiration). Auch eingeatmetes Essen kann eine Ursache sein. Des Weiteren können regurgierter Mageninhalt sowie Blut aus Verletzungen im Kopf-Hals Bereich zu einer Atemwegsverlegung führen.
Symptome
- Husten
- Stridor
- inspiratorischer Stridor: Fremdkörper wahrscheinlich supraglottisch lokalisiert
- exspiratorischer Stridor: Fremdkörper wahrscheinlich subglottisch lokalisiert
- Andere Atemgeräusche (Gurgeln, Krächzen, Schnarchen)
- Dyspnoe gekoppelt mit einer Tachypnoe
- Zyanose
- Tachykardie
Eine teilweise Verlegung der Atemwege macht sich durch lautere Atemgeräusche bemerkbar, das Fehlen von Atemgeräuschen spricht für eine vollständige Verlegung.
Einteilung
Anhand der klinischen Symptomatik teilt man Atemwegsverlegungen wie folgt ein:
- Milde Atemwegsverlegung: Patient kann noch Anworten geben. Er atmet und hustet.
- Schwere Atemwegsverlegung: Patient kann keine Antworten mehr geben, Husten und eigenständiges Atmen fehlen
- Atemwegsverlegung mit stabilem Kreislauf und ansprechbarem Patienten
- Atemwegsverlegung mit instabilem Kreislauf und bewusstlosem Patienten
Diagnostik
Die Primärdiagnostik umfasst die Inspektion des Patienten mit Beobachtung der Thoraxexkursionen und Sichtkontrolle des Rachenraums sowie der Auskultation der Atemwege. Dabei wird auf Atemnebengeräusche (z.B. Stridor) geachtet, welche die ungefähre Position der Verlegung anzeigen. Bei einer ausgeprägten Verlegung ist es möglich, den Stridor schon ohne Hilfsmittel zu hören.
Wichtig sind zudem die anamnestischen Angaben sowie die Auffindesituation des Patienten. So gibt es Situationen, die auf die Ursache der Verlegung hinweisen, wie z.B. das Auffinden eines Patienten beim Essen bzw. eines Kleinkinds in der Umgebung von kleinen Spielzeugteilen.
Die weiterführende apparative Diagnostik umfasst die Bildgebung in Form eines Röntgen-Thorax oder eine Bronchoskopie.
Therapie
Die Behandlungsmaßnahmen richten sich nach der Schwere der Atemwegsverlegung und dem Bewusstseinszustand des Patienten. Bei einer milden Atemwegsverlegung wird der Patient wiederholt zum Husten aufgefordert und bis zur Besserung der Symptomatik - ggf. unter Durchführung weiterer Diagnostik - beobachtet.
Schwere Atemwegsverlegung bei erhaltenen Bewusstsein
- Oberkörperhochlagerung
- Rückenschläge: 2-5 kräftige Schläge zwischen die Schulterblätter bei vorgebeugtem Oberkörper des Patienten
- Heimlich-Manöver: Bis zu 5 Oberbauchkompressionen mit dem Heimlich-Handgriff. Cave: kontradindiziert bei Schwangeren, Säuglingen und schwerer Adipositas
- ggf. Analgesie und Sedierung
- ggf. Sauerstoffgabe über Nasensonde
Schwere Atemwegsverlegung ohne Bewusstsein
- Digitale Ausräumung des Rachenraums: Entfernung der Fremdkörper aus dem Mund- und Rachenbereich mit den Fingern
- Fremdkörperextraktion mithilfe eines Laryngoskops und einer Magill-Zange
- Absaugung: Für den Fall, dass die Verlegung der Atemwege durch eine Flüssigkeit oder Blut ausgelöst wird, wird mithilfe der Absaugpumpe freie Flüssigkeit aus dem Oropharyngealraum entfernt. Bei Massenaspiration kann auch versucht werden, das Aspirat mit Hilfe eines Endotrachealtubus abzusaugen.
- Notfalltracheotomie bei Verdacht auf hochsitzenden Fremdkörper
- Endotracheale Intubation: Ist es nicht möglich, das Aspirat zu entfernen, ist eine endotracheale Intubation notwendig. Dabei wird der Fremdkörper weiter distal geschoben und gelangt meist in den rechten Hauptbronchus. Des ermöglicht zumindest die Belüftung der linken Lungenseite. Der Fremdkörper muss später mithilfe einer Bronchoskopie oder eines operativen Eingriffs entfernt werden.
- Kardiopulmonale Reanimation bei Herz-Kreislauf-Stillstand
um diese Funktion zu nutzen.