Englisch: immunoglobulin M
Als Immunglobulin M, kurz IgM, bezeichnet man eine Unterklasse von Antikörpern.
IgM wird im Rahmen der adaptiven Immunantwort gebildet, kommt aber auch als natürlicher Antikörper, d.h. ohne Antigenkontakt vor. IgM-Antikörper sind entsprechend bereits bei Neugeborenen und im Blut von keimfrei gehaltenen Mäusen nachweisbar. Sie sind somit auch ein wichtiger Bestandteil des unspezifischen Immunsystems.
IgM besteht wie andere Antikörper aus insgesamt vier Polypeptidketten (Tetramer): zwei leichten und zwei schweren Ketten. Diese sind über Disulfidbrücken miteinander verbunden und bilden so ein Y-förmiges Gesamtmolekül. An den variablen Enden des Y befinden sich die identischen Antigenbindungsstellen.
IgM-Antikörper lagern sich weiter zu Polymeren zusammen, die ebenfalls durch Disulfidbrücken verknüpft sind. Beim Menschen liegt IgM zu rund 75 % als Homopentamer vor, das durch eine J-Kette (für engl. joining) stabilisiert wird. Daneben kommen Homohexamere (rund 25 %) und vereinzelt Monomere vor.
Kryoelektronenmikroskopische Aufnahmen einzelner IgM-Pentamere zeigen eine asymmetrische, pilzhutförmige Anordnung mit einer Lücke von etwa 50° zwischen zwei IgM-Molekülen. In der Lücke kann das Protein Apoptosis Inhibitor of Macrophage (AIM) binden.[1] Dieser Aufbau widerspricht der bis dahin gültigen Annahme, dass es sich um ein symmetrisches, sternförmiges Pentamer handelt.
Basierend auf der polymeren Struktur weisen IgM eine sehr hohe Avidität auf. Die Plasmahalbwertszeit von sezerniertem IgM ist im Vergleich zu anderen Antikörpern eher kurz und liegt zwischen 8 bis 48 Stunden.
IgMs werden bereits in frühen Stadien der Ontogenese von B-Lymphozyten exprimiert und bilden den Immunglobulin-Bestandteil der B-Zell-Rezeptoren vor Antigenkontakt. Bei Kontakt mit Antigenen werden die kurzlebigen IgM von B-Lymphozyten sezerniert.
IgM wird im Rahmen der Immunantwort der Primärantwort zugeordnet. Nach einer frischen Infektion erscheinen IgM-Antikörper als erste Immunglobulin-Subgruppe im Blut. IgM-Antikörper dienen ähnlich wie IgG-Antikörper der Agglutination und Neutralisation von Antigenen. Sie sind ebenfalls in der Lage, das Komplementsystem zu aktivieren.
In membranständiger Form fungiert IgM auf B-Lymphozyten als Antigenrezeptor. Mit Hilfe dieser Rezeptoren kommt es bei starken Antigensignalen (z.B. Polysaccharid-Kapsel von Bakterien) zur direkten, T-Zell-unabhängigen Aktivierung der B-Zelle. IgM beeinflussen die Produktion und Sekretion anderer Antikörper (z.B. IgG) sowie die Reifung von B-Gedächtniszellen.
IgM-Antikörper können im Gegensatz zu IgG nicht direkt opsonieren. Stattdessen induziert IgM durch die Anreicherung von Komplementfaktoren die Clearance von toten und entarteten Zellen mittels Phagozytose. Die Autoreaktivität ist entscheidend, um der Entstehung von Tumoren vorzubeugen. Gleichzeitig verhindern IgM-Antikörper damit die Stimulation einer Entzündungsreaktion.
Weitere Prozesse, bei denen IgM eine Rolle spielt, sind:
Immunglobulin M kann mit verschiedenen körpereigenen Proteinen interagieren:
Für die Untersuchung wird 1 ml Serum benötigt.
Die physiologische Serumkonzentration von IgM beim Erwachsenen beträgt:
Der Referenzbereich ist altersabhängig und bei Kindern niedriger. Ausschlaggebend sind die vom jeweiligen Labor angegebenen Werte.
IgM im Serum ist erniedrigt bei:
IgM im Serum ist erhöht bei:
Der serologische Nachweis erregerspezifischer IgM-Antikörper (z.B. Anti-HEV-IgM) ist ein wichtiges Diagnoseverfahren in der Infektiologie.
Der Einsatz von IgM-angereicherten Präparaten zur Behandlung nach einer Sepsis wurde bereits in Phase-II- und Phase-III-Studien geprüft. Auch bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Multipler Sklerose und Alzheimer-Krankheit wird der Einsatz von therapeutischen IgM-Antikörpern derzeit erforscht.
Tags: Antikörper, Immunglobulin, Protein
Fachgebiete: Biochemie, Immunologie, Physiologie
Diese Seite wurde zuletzt am 3. Dezember 2022 um 10:14 Uhr bearbeitet.
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