AT1-Rezeptorantagonist
Synonyme: Sartane, AT1-Antagonist, AT1-Rezeptorblocker, Angiotensin-Rezeptorblocker, Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1-Antagonisten, Angiotensinrezeptorblocker, ARB, AIIRA
Englisch: AT1-receptor antagonist, angiotensin II receptor type 1 antagonists
Definition
Die AT1-Rezeptorantagonisten oder Sartane, kurz ARB, zählen zu den Antihypertensiva. Sie greifen wie die ACE-Hemmer in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System ein.
Hintergrund
Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation des Blutdrucks. In diesem Regelkreis wird durch das Angiotensin Converting Enzyme (ACE) aus Angiotensin I das vasoaktive Peptidhormon Angiotensin II gebildet.
Die Wirkung von Angiotensin II wird über AT1- und AT2-Rezeptoren vermittelt. Die Aktivierung der AT1-Rezeptoren führt zu einer Kontraktion der glatten Gefäßmuskulatur in den Arteriolen (Vasokonstriktion) und zu einer Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstands. In der Folge steigt der Blutdruck an.
Chemie
Alle AT1-Rezeptorantagonisten sind chemisch relativ eng miteinander verwandt. Es handelt sich um Derivate von Losartan, der ersten Wirksubstanz dieser Klasse. Mit Ausnahme von Valsartan weisen alle AT1-Rezeptorantagonisten entweder einen Imidazol- oder Benzimidazol-Ring auf. Darüber hinaus besitzen die meisten AT1-Rezeptorantagonisten ein Biphenylsystem.
Wirkmechanismus
AT1-Rezeptorantagonisten sind kompetitive Inhibitoren, die selektiv am Subtyp 1 des Angiotensin-II-Rezeptors (AT1-Rezeptor) wirken. Die Affinität zum AT2-Rezeptor ist mehr als 10.000-fach geringer. Durch die Rezeptorblockade werden die kardiovaskulären Wirkungen des Angiotensin II antagonisiert. Die Gefäßmuskulatur relaxiert, der periphere Gefäßwiderstand sinkt. Entsprechend kommt es zu einer deutlichen Blutdrucksenkung.
Darüber hinaus wird durch die Hemmung des AT1-Rezeptors in den Nieren die Natriurese gesteigert. Dieser Effekt wirkt sich ebenfalls blutdrucksenkend aus.
Pharmakokinetik
Substanzen
Vertreter dieser Wirkstoffklasse sind:
- Azilsartan (Prodrug: Azilsartanmedoxomil)
- Candesartan (Prodrug: Candesartancilexetil)
- Eprosartan
- Fimasartan
- Irbesartan
- Losartan
- Olmesartan
- Saprisartan
- Telmisartan
- Valsartan
Weitere Sartane, die derzeit (2025) nicht klinisch eingesetzt werden, sind Milfasartan, Pratosartan und Ripisartan
Indikationen
- Bluthochdruck
- chronische Herzinsuffizienz (Valsartan, Candesartan, Losartan)
- Z.n. Herzinfarkt (Valsartan)
- diabetische Nephropathie (antihypertensive Therapie: Losartan, Irbesartan)
Nebenwirkungen
Häufige Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit, gefolgt von Husten und orthostatischen Beschwerden. Selten tritt unter Anwendung von AT1-Rezeptorantagonisten ein sogenanntes angioneurotisches Ödem (Quincke-Ödem) auf.
Wechselwirkungen
Die Wirkungen und Nebenwirkungen anderer Antihypertensiva können durch AT1-Rezeptorantagonisten verstärkt werden.
Die gleichzeitige Anwendung von kaliumsparenden Diuretika, Kaliumpräparaten, kaliumhaltigen Salzersatzmitteln oder anderen Arzneimitteln (z.B. Heparin) kann das Serumkalium erhöhen.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Lithium kann es zu einem Anstieg der Serumlithium-Konzentrationen mit Lithiumintoxikation kommen. Eine gleichzeitig Anwendung von AT1-Rezeptorantagonisten und Lithium wird daher nicht empfohlen.
Durch gleichzeitige Einnahme von NSAR kann die Wirkung von AT1-Rezeptorantagonisten abgeschwächt werden.
Besondere Warnhinweise
Wenn AT1-Rezeptorantagonisten bei hochgradig eingeschränkter Nierenfunktion angewendet werden, wird eine regelmäßige Überwachung des Serumkaliums und -kreatinins empfohlen. Bei diesen Patienten sollten Sartane vorsichtig und unter sorgfältiger Blutdrucküberwachung gegeben werden. Im Spätstadium einer CKD (Stadium 5, eGFR <15) muss die Nutzen-Risiko-Relation abgewogen werden. Bei Hyperkaliämie oder instabiler GFR ist ggf. ein Absetzen erforderlich.
Bei Hämodialyse ist Vorsicht geboten, da die Patienten infolge des reduzierten Plasmavolumens und der Aktivierung des RAAS besonders empfindlich auf eine AT1-Rezeptorblockade reagieren.
Bei beidseitiger Nierenarterienstenose oder Einzelniere mit Stenose können Sartane zu einem kritischen Abfall der glomerulären Filtration mit akutem Nierenversagen führen.
Eine duale Blockade des RAAS durch gleichzeitige Anwendung von ACE-Hemmern und AT1-Rezeptorantagonisten wird nicht empfohlen, da das Risiko für Hypotonie, Hyperkaliämie und eine Abnahme der Nierenfunktion signifikant erhöht ist.
Kontraindikationen
AT1-Rezeptorantagonisten sind kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
- schweren Leberfunktionsstörungen, Cholestase
- Schwangerschaft (2. und 3. Trimester)
- Z.n. Nierentransplantation (geringe Erfahrung)
AT1-Rezeptorantagonisten dürfen bei Patienten mit Diabetes mellitus oder eingeschränkter Nierenfunktion nicht gleichzeitig mit Aliskiren-haltigen Arzneimitteln angewendet werden.
Patienten mit primärem Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) sprechen im Allgemeinen nicht auf AT1-Rezeptorantagonisten an.