Voclosporin
Handelsname: Lupkynis®
Synonyme: ISA 247
Englisch: voclosporin
Definition
Voclosporin ein Arzneistoff, der zur Therapie der Lupusnephritis bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) verwendet wird. Es handelt sich um ein Immunsuppressivum.
Chemie
Voclosporin ist ein semisynthetisches Analogon von Cyclosporin A. Die Summenformel ist C63H111N11O12. Chemische Namen sind:
- (3S,6S,9S,12R,15S,18S,21S,24S,30S,33S)-30-ethyl-33-[(1R,2R,4E)-1-hydroxy-2-methylhepta-4,6-dienyl]-1,4,7,10,12,15,19,25,28-nonamethyl-6,9,18,24-tetrakis(2-methylpropyl)-3,21-di(propan-2-yl)-1,4,7,10,13,16,19,22,25,28,31-undecazacyclotritriacontane-2,5,8,11,14,17,20,23,26,29,32-undecone (IUPAC)
- Cyclo{{(6E)-(2S,3R,4R)-3-hydroxy-4-methyl-2-(methylamino)-6,8-nonadienoyl}-L-2-aminobutyryl-N-methyl-glycyl-N-methyl-L-leucyl-L-valyl-N-methyl-L-leucyl-L-alanyl-D-alanyl-N-methylL-leucyl-N-methyl-L-leucyl-N-methyl-L-valyl}.
Die molare Masse beträgt 1214,6 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) 3,78. Die CAS-Nummer lautet 515814-00-3. Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als weißer bis cremefarbener Feststoff vor und ist in Wasser praktisch unlöslich (< 0,1 g/l bei 20 ºC). Gut löslich ist Voclosporin in Aceton, Acetonitril, Ethanol und Methanol.[1]
Wirkmechanismus
Voclosporin ist ein Calcineurin-Inhibitor mit immunsuppressiver Wirkung, der eine höhere Spezifität als Ciclosporin oder Tacrolimus besitzt. Die Calcineurin-Hemmung ist dosisabhängig.
Der Wirkungsmechanismus bei der Lupusnephritis ist nicht vollständig aufgeklärt. Bei der Aktivierung von T-Lymphozyten kommt es zu einem Anstieg der intrazellulären Calciumkonzentration. Calcium wird an Calcineurin, eine Calcium-Calmodulin-abhängige Phosphatase, gebunden und die Calmodulin-bindende katalytische Untereinheit wird aktiviert. In der Folge wird durch Dephosphorylierung der Transkriptionsfaktor Nuclear Factor of Activated T-Cell Cytoplasmic (NFATc) aktiviert, der für die Induktion der Synthese von Zytokinen in T-Lymphozyten notwendig ist. Diese Signaltransduktionskette wird durch die Hemmung von Calcineurin unterbunden. Die immunsuppressive Wirkung führt zur Hemmung der Lymphozytenproliferation, der T-Zell-Zytokinproduktion und der Expression von T-Zell-aktivierenden Oberflächenantigenen.[1][2]
Pharmakokinetik
Nach oraler Applikation werden nach 1,5 Stunden maximale Blutspiegel erreicht. Der Steady-State stellt sich bei zweimal täglicher Gabe nach 6 Tagen ein. Bei wiederholter Gabe kommt es zur Akkumulation um das 2-fache. Nahrungsaufnahme verzögert und vermindert die Absorption. Die Plasmaproteinbindung beträgt 97 %, das Verteilungsvolumen im Steady-State 2.154 Liter (ca. 31 l/kgKG). Die Biotransformation in der Leber erfolgt durch das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP3A4 zu oxidativen Metaboliten, die pharmakologisch inaktiv sind. Die Elimination erfolgt überwiegend mit den Faeces. Die Halbwertszeit im Steady-State beträgt 30 Stunden.[2]
Indikation
Voclosporin wird in Kombination mit Mycophenolat-Mofetil zur Behandlung einer aktiven Lupus-Nephritis der Klassen III, IV oder V (einschließlich gemischter Klassen III/V und IV/V) bei erwachsenen Patienten eingesetzt.[2]
Darreichungsformen
Voclosporin steht in Form von Weichkapseln zur oralen Anwendung zur Verfügung.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt zweimal täglich 23,7 mg (drei 7,9 mg Weichkapseln).
Bei einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m² oder bei gleichzeitiger Anwendung mit moderaten CYP3A4-Inhibitoren wird eine Dosisanpassung empfohlen.[2]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen von Voclosporin sind:[2]
- akute Verschlechterung der Nierenfunktion (Abnahme der eGFR) in den ersten vier Wochen der Behandlung
- Hypertonie (Auslösung oder Aggravation)
Es besteht die Gefahr schwerwiegender Infektionen, des Auftretens einer isolierten aplastischen Anämie (PRCA) oder einer Hyperkaliämie.
Wechselwirkungen
Voclosporin wird durch das CYP3A4 metabolisiert, sodass seine Wirkung durch CYP3A4-Inhibitoren verstärkt und durch CYP3A4-Induktoren vermindert werden kann. Der Wirkstoff ist ein Inhibitor von P-Glykoprotein (P-gp), sodass die Wirkung von P-gp-Substraten verstärkt werden kann.
In Kombination mit Arzneimitteln, die das QT-Intervall verlängern, kann es zu einer klinisch signifikanten QT-Verlängerung kommen.[2]
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Voclosporin oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
- Gleichzeitige Anwendung von Voclosporin und starken CYP3A4-Inhibitoren.[2]
Schwangerschaft und Stillzeit
Die Anwendung von Voclosporin während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Ob das Stillen zu unterbrechen ist oder auf die Behandlung während der Stillzeit verzichtet werden soll, ist im Einzelfall zu entscheiden. In tierexperimentellen Studien wurden reproduktionstoxische Wirkungen und der Übertritt in die Muttermilch nachgewiesen.[2][3]
Toxizität
Bei einer Überdosierung ist vor allem mit neurotoxischen Symptomen zu rechnen. Dazu zählen Krampfanfälle, Tremor und das Auftreten des posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms (PRES).
Weitere Symptome sind:[2]
- Tachykardie
- Hypertonie
- Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Anstieg)
- Hypomagnesiämie
Bei einer Überdosierung anderer Calcineurin-Inhibitoren sind aufgetreten:
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Lethargie
- Elektrolytstörungen
- Anstieg des Harnstoff-Stickstoffs
- Anstieg der Alanin-Aminotransferase
Verordnungshinweis
Das Präparat ist verschreibungspflichtig und unterliegt einer zusätzlichen Überwachung.
Zulassung
Das Präparat wurde von der EMA am 15. September 2022 zugelassen.[2] In den USA erfolgte die Zulassung im Januar 2021.[4]
ATC-Code
- L04AD03 - Immunsuppressiva, Calcineurin-Inhibitoren
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Lupkynis®. Full Prescribing Information Revised: 01/2021. FDA, abgerufen am 28.02.2023
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 Lupkynis®.Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels. EMA, abgerufen am 28.02.2023
- ↑ Voclosporin. 2021 Oct 18. In: Drugs and Lactation Database (LactMed®) [Internet]. Bethesda (MD): National Institute of Child Health and Human Development; 2006–.
- ↑ Heo YA. Voclosporin: First Approval. Drugs. 2021; Apr;81(5):605-610
Literatur
- Schild H Förstermann U. Immunpharmakologie, Pharmaka für rheumatische Erkrankungen. In: Aktories K et al. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 13. Aufl., München: Elsevier 2022
- McArn et al. Voclosporin: A Novel Calcineurin Inhibitor for the Treatment of Lupus Nephritis. Ann Pharmacother. 2022 Feb 15:10600280221075331
- van Gelder T et al. Voclosporin: a novel calcineurin inhibitor for the treatment of lupus nephritis. Expert Rev Clin Pharmacol. 2022 May;15(5):515-529
Weblinks
- Drugbank - Voclosporin, abgerufen am 28.02.2023
- Pharmazeutische Zeitung - Voclosporin, abgerufen am 06.04.2023
- PubChem: 6918486
- MeSH: C484071
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